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Chörbliwasser

Chörbeliwasser, Körbliwasser

Chörbliwasser

In sintesi

Das Chörbliwasser ist eine destillierte, alkoholfreie Flüssigkeit, die aus Wasser und frischer Süssdolde hergestellt wird. Sie ist leicht milchig-trüb. Das Chörbliwasser ist sehr geruchsintensiv und schmeckt ähnlich wie Anis. Das Chörbliwasser stellen nur wenige Produzenten in zwei völlig unterschiedlichen Regionen her. Man findet es einerseits in der Region Werdenberg im St. Galler Rheintal und andererseits im Emmental, im Kanton Bern. Es wird auch vorwiegend in diesen Gebieten konsumiert.

Seinen Namen hat das Chörbliwasser vom Kerbelkraut (“Chörblichruut“), über das schon 1895 im dritten Band des Schweizerischen Idiotikons zu lesen ist, dass dieses der “Name verschiedener gewürzhafter, auch zu Thee verwendeter Doldengewächse“ sei. Man verwendet es vorwiegend in der Volksmedizin gegen allerlei Gebresten.

Descrizione

Milchig-trübe Flüssigkeit, die man trinken oder äusserlich anwenden kann als Allerweltsheilmittel.

Ingredienti

Süssdolde (Myrrhis odorata), Wasser

Storia

Es ist nicht klar, wie, wann und warum das Chörbliwasser zur Spezialität wurde. Der einzige Hinweis auf sein Alter liefert der Bericht eines Buchser Lehrers namens Hansjakob Gabathuler. Er schreibt, dass seine Grossmutter, die 1900 geboren ist, bereits als junge Frau das Chörbliwasser kannte. Man kann also davon ausgehen, dass das Chörbliwasser mindestens 100 Jahre alt ist.

Im Text von Bruno Vonarburg, “Chörbeliwasser ein altes Volksheilmittel“ ist zu lesen, dass das Chörbliwasser aus der Süssdolde (Myrrhis odorata) hergestellt wird. Ein ähnlicher Heiltrank soll im Mittelalter auch aus dem gewöhnlichen Gartenkerbel (Anthriscus cerefolium) hergestellt worden sein. Bei diesem Kraut handelt es sich jedoch im Gegensatz zur Süssdolde um eine einjährige Pflanze. Die Süssdolde – das „Chörblichruut“ – ist eine mehrjährige Staude, die jährlich beerntet werden kann. Auch in der Flora Helvetica gibt es den Hinweis bei Myrrhis odorata auf das Chörblichruut.

Produzione

Für die Herstellung von einem Liter Chörbliwasser braucht es knapp 2 Kilogramm der frischen Süssdolde. Ende Mai, wenn das Kerbelkraut blüht, wird der erste Schnitt gemacht. Der zweite wird Mitte Juli, der dritte Ende August gemacht. Nur zu den drei Zeitpunkten, an denen die Süssdolde geschnitten wird, stellt der besuchte Produzent mit dem frischen Kraut das Chörbliwasser her. Den allergrössten Teil des Krautes bezieht der Produzent aus seiner Region, dem Werdenberg. Auch viele Privatleute kommen vorbei und bringen eigene Süssdolde. Als Gegenleistung bekommen sie dafür ein fertiges Chörbliwasser, das mit dem Kraut verrechnet wird. In einem ersten Schritt wird das Kraut gewogen und anschliessend im Häcksler zerkleinert. Bis in die 1980er Jahre machte der Produzent dies auf einem Schneidstuhl von Hand, was sehr anstrengend und zeitraubend gewesen sei und der Produktion des Chörbliwassers quantitative Grenzen setzte. In einem zweiten Schritt erfolgt der Brennvorgang. Dafür wird das zerkleinerte Kraut frisch in den Brennhafen eingefüllt. Der Produzent gibt Wasser dazu und erhitzt den Brennhafen, damit das Wasser zu verdampfen beginnt. Die Dämpfe des Wasser-Süssdolden-Gemisches laufen über ein Geistrohr in den Kühler, wo sie sich wieder verflüssigen und als Chörbliwasser in ein Fass herauslaufen. Das Destillat ist aufgrund der ätherischen Öle, die kondensieren, milchig. Der Destillationsvorgang dauert beim Chörbliwasser ungefähr drei Stunden.

Zum Teil werden die Fässer, in die das Chörbliwasser aus dem Brennhafen fliesst, mit einem Schlauch direkt angezapft. So kann der Produzent das Chörbliwasser direkt im Offenausschank an Konsumenten verkaufen, die eigene Behälter mitbringen. 

Consumo

Das Chörbliwasser wird zumeist kalt und pur getrunken. Wer den Geschmack als zu stark oder zu herb empfindet, kann es mit Wasser verdünnen. Damit sich die ätherischen Öle, die sich an der Oberfläche des Wassers bilden, auflösen, muss das etwas trübe und milchig aussehende Chörbliwasser vor dem Trinken immer gut geschüttelt werden. Das Chörbliwasser wird daneben auch äusserlich auf Wunden aufgetragen und soll gegen Eiter und Hautkrankheiten wie zum Beispiel Schuppenflechten helfen. Das Chörbliwasser wird primär aus medizinischen Gründen konsumiert. Man erhofft sich vom Chörbliwasser eine Blutreinigung und das Senken des Blutdrucks. Zudem wirke das Chörbliwasser magenstärkend und entwässernd. Der Produzent nennt eine medizinische Anekdote seines Chörbliwassers: “Ein mir bekannter Zahnarzt behandelte einen Patienten mit starken Mund-Eiter-Komplikationen. Nachdem dieser den Mund regelmässig mit Chörbliwasser spülte, wurde es plötzlich besser. Der Zahnarzt mochte das Ergebnis kaum glauben, seit diesem Zeitpunkt aber kommt er bei mir vorbei, um Chörbliwasser zu kaufen und empfiehlt dieses seinen Kunden weiter.“ Offene Wunden reinigen und abdecken, zum Beispiel mit Wickeln, ist eine weitere, zumindest mancherorts verbreitete Anwendung des Chörbliwassers.

Das Chörbliwasser wird auch in der Tiermedizin verwendet. Dabei werden mit ihm in Form von Umschlägen oder Bädern zum Beispiel Klauenleiden behandelt, wie Gabathuler schreibt.

Importanza economica

Das Chörbliwasser ist für den Produzenten ein wichtiges Produkt. Er stellt davon ungefähr 6'500 Liter pro Jahr her. Die kleinsten Flaschen, die er im Angebot hat, sind Halbliterflaschen, die grössten 25-Liter-Ballone. Durch Medienberichte in Zeitungen und Fernsehen wurde das Chörbliwasser in den letzten Jahren bekannter. So hat sich die Produktionsmenge für den besuchten Produzenten in den letzten fünf Jahren fast verdoppelt: “Mehr kann ich auch mit der tatkräftigen Hilfe meiner Familie kaum produzieren.“  Primär ist das Chörbliwasser für den Produzenten aber ein Produkt, das ihn mit der Region Werdenberg verbindet. Denn dort ist das Chörbliwasser das Hausmittel Nummer 1. “Fast jeder Haushalt hat ein Fläschchen Chörbliwasser an Lager“, wie der Produzent erklärt. Einen grossen Teil des Chörbliwassers verkauft er an Privatkunden, die bei seiner Mosterei und Brennerei vorbeikommen und oft ihre eigenen Behälter mitbringen. Daneben werden die Drogerien der Region beliefert. Dazu kommen einige Naturärzte, die auch etwas weiter weg vom Werdenberg beheimatet sind. Ein immer grösser werdender Teil wird heute auch per Post verschickt. Das Chörbliwasser darf aber offiziell nicht als Heilmittel verkauft werden, wie im Werdenberger Jahrbuch von 1993 zu lesen ist. Dafür bräuchte es eine Bewilligung vom Gesundheitsdepartement und müsste von der interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel geprüft werden.

Fonti

  • Vonarburg, Bruno,   Chörbeliwasser - Ein altes Volksheilmittel,   o.J. (21. Jh).  
  • Werdenberger Jahrbuch 1993,   Verlag BuchsMedien,   Buchs,   1993.  
  • Zehnder, H.J.,   Chörbliwasser und Chrütergeischt,   www.schnapsforum.ch,   2005.  
  • „Das fast vergessene Chörblichrut ist für gar manches gut“, Berner Zeitung, 12.05.2014 (bernerzeitung.ch; Mai 2017),   Mai 2017.  
Bibite Print

Epicentro di produzione

Werdenberg (SG) und Emmental (BE)

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