Langue
Recherche

Schaffhauserzungen

Schaffhauserzungen

En bref

Mit den Schaffhauserzungen sind nicht etwa vorlaute Munotstädter gemeint, sondern ein zartes Haselnuss-Mandel-Gebäck mit Buttercrèmefüllung, das ganz ohne Mehl auskommt und seit dem Jahre 1886 der süsse Stolz aller Einheimischen ist.

Als geschützte Marke ist nur die Schaffhauser Confiserie Reber befugt, die Schaffhauserzungen herzustellen. Die ersten städtischen Nachahmer liessen aber nicht lange auf sich warten, bald standen in den Auslagen der Schaffhauser Bäckereien ebenfalls ovale Gebäcke mit einer Buttercrème, die meistens ganz einfach als „Züngli“ angeboten wurden und bis heute werden. Züngli sind auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, häufig aber reichert man die Füllung im Gegensatz zur Schaffhauser Variante mit Schokolade an.

Während der Ursprung der Schaffhauserzungen klar lokalisierbar und datierbar ist, bleibt die Herkunft des Namens ungewiss. Die Bezeichnung „Zunge“ könnte auf die ovale Form des Gebäcks zurückzuführen sein, die entfernt an eine menschliche Zunge erinnert, oder darauf, dass das Gebäck „auf der Zunge zergeht“, wie der Produzent anmerkt.

Description

Ein zartes Haselnuss-Mandel-Gebäck mit Buttercrèmefüllung und ovaler Form (Breite: 6 cm; Länge: 10 cm).

Variantes

Seit 1999 stellt der besuchte Produzent so genannte „Petites“ her, häppchengrosse Schaffhauserzungen, die im Vergleich zum wesentlich umfangreicheren Original in einem Bissen verschlungen werden können. „Der Trend geht allgemein dahin, kleinere Portionen anzubieten“, führt der Produzent aus, „deshalb sind wir auf die Idee gekommen eine Art Mini-Schaffhauser-Züngli zu produzieren, eben die Petites.“

Ingrédients

Bödeli: Eiweiss, gemahlene und geröstete Mandeln und Haselnüsse, Zucker.

Füllung: Butter, pflanzliche Öle, Nougat und Vanillezucker.

Histoire

Es war der Zufall, der die Schaffhauserzungen in die Munotstadt brachte. Ihr Erfinder, Jean Reber-Hüsler, ein gebürtiger Sempacher (LU), suchte 1895 nach langen Wanderjahren in Frankreich und der Schweiz eine Möglichkeit, ein eigenes Konditor-Geschäft zu eröffnen. Über Inserate in der damaligen Schweizerischen Konditorzeitung fand er zwei interessante Offerten: eine in Altstätten (SG), die andere in Schaffhausen. Aus den persönlichen Memoiren von Jean Reber erfahren wir, dass ihm das zu übernehmende Geschäft in der Schaffhauser Altstadt besser gefiel als jenes in Altstätten, das nach seinen Worten eine „Lebkuchenbude“ war. So übernahm er im Mai 1896 sein eigenes Geschäft. Es war ein schwieriger Neuanfang: „Die Schaffhauser, damals meist alte Bürgersfamilien, wollten von dem neuen Konditor nichts wissen“, schreibt er dazu in seinen Memoiren. Jean Reber jedoch war von kämpferischer Natur, ans Aufgeben dachte er nie wirklich, und so baute er mit viel Geduld und einer breiten Produktpalette einen stets wachsenden Kundenstamm auf.

Eines jener Produkte waren die Schaffhauserzungen. Dabei war es der Zufall, der seine Finger bei der Entstehung der Schaffhauser Spezialität offenbar im Spiel hatte. Eine eigentlich „abverheite Bödelimasse“ entpuppte sich nach dem Backen als wahre Delikatesse. Reber füllte die ovalen „Bödeli“ anschliessend mit einer Buttercrème und erfand so die Schaffhauserzungen. Zu Beginn nannte er seine Erfindung allerdings „Dora“, erst nach einigen Monaten gelangten sie unter der Bezeichnung „Schaffhauserzungen“ in den Verkauf – offenbar schien ihm dieser Name Erfolg versprechender. Reber sollte Recht behalten: Die Produktion belief sich anfangs auf 12 Stück pro Tag, die für je zehn Rappen über den Ladentisch gingen. Heute hat sich die Tagesproduktion mehr als verhundertfacht und auch der Preis ist um mehr als das Zehnfache gestiegen.

Zehn Jahre nach ihrer Erfindung erfreuten sich die Schaffhauserzungen bereits einer grossen Beliebtheit, und in der Confiserie begann Jean Reber mit dem Verkauf von Schachteln à 15 Stück. Im Jahr 1902 liess er die Bezeichnung „Schaffhauserzungen“ gesetzlich schützen und drei Jahre später erhielt das Gebäck aus Schaffhausen höchste Konditorweihen: Es wurde 1905 an der Weltausstellung in Paris und 1914 an der Landi in Bern jeweils mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.

Einige Veränderungen brachte der Erste Weltkrieg mit sich. „Die Mühlen durften nur noch das so genannte Vollmehl herstellen, und wir Konditoren kamen damit in böse Zeiten“, lesen wir in seinen Memoiren. Die meisten Confiserie-Produkte bestanden damals schon aus Weissmehl. Ein Glücksfall für Reber, dass die Schaffhauserzungen gar kein Mehl enthalten. Der Aufwand für die Beschaffung der nötigen Rohmaterialen war aber auch ohne Mehl schwierig. So ging Jean Reber nach Zürich und „kaufte dort allen verfügbaren Staubzucker zusammen, Haselnüsse, Mandeln und Eiweisskonserve“. Butter verwendete man ausschliesslich für die Schaffhauserzungen, ansonsten buk man mit Olivenöl oder Kokosnussfett und statt Milch verarbeitete man Milchpulver. Über einen sorgfältigen Umgang mit Ressourcen und ein grosses Beziehungsnetz gelang es der Confiserie damals, den Betrieb aufrecht zu erhalten und den Bekanntheitsgrad der Schaffhauserzungen zu untermauern. Anders als während des Ersten, war es während des Zweiten Weltkrieges unmöglich, die Schaffhauserzungen herzustellen. Der erlaubte Fettanteil von nur 20 Prozent für Crèmes war viel zu gering für die originale Füllung. So gab es von ca. 1940 bis 1946 keine Schaffhauserzungen, sondern ersatzweise „Munotzungen“, Biscuits, die genau in die grosse Schaffhauserzungen-Packung passten. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg verstarb Jean Reber, der Erfinder der Schaffhauserzungen, wobei er die Geschäftsleitung schon Anfang der Zwanzigerjahre an seinen Sohn übergeben hatte. Bis 1989 blieb die Confiserie Reber in Familienhand, ehe die Leitung des Geschäfts an den heutigen Produzenten weitergegeben wurde.

Die Schaffhauserzungen aber sind die gleichen geblieben: „Wir halten uns streng an das Originalrezept“, versichert der jetzige Produzent, „wieso sollten wir ein solch wunderbares Produkt auch verändern wollen?“

Production

„Das bleibt unser Geheimnis.“ Mehr als ein Lächeln ist dem Schaffhauser Confiseur nicht zu entlocken auf die Frage nach dem Originalrezept der Schaffhauserzungen. Seit über 110 Jahren werden die genaue Zusammensetzung und das Mischverhältnis wie ein Schatz gehütet. Und auch verschiedene veröffentlichte Rezepte, etwa im „Schaffhauser Kochbuch“ (2001) oder im „Kochbuch aus der Ostschweiz“ (1978), sind wohl nur als nahe Verwandte der Schaffhauserzungen zu bezeichnen. Der Produktionsablauf und die Zutaten hingegen sind bekannt, hier gibt es keine Geheimniskrämerei.

Die Schaffhauserzungen bestehen aus zwei Komponenten, den „Bödeli“ einerseits und einer Füllung andererseits. Wie schon erwähnt, enthält die Bödelimasse kein Mehl, sie wird vielmehr aus gemahlenen Mandeln und Haselnüssen sowie aus geschlagenem Eiweiss und Zucker gefertigt. Es handelt sich um ein Nussbiskuit. Im Gegensatz zur Füllung werden die Bödeli nicht täglich frisch, sondern ca. alle 14 Tage in grosser Menge – bis zu einer halben Tonne – hergestellt. Die ausgebackenen Bödeli sind sehr lange haltbar, und auf diese Weise kann man täglich so viele beziehen, wie man tatsächlich braucht. Nach dem sorgfältigen Untermischen der Nüsse und des Zuckers in den Eischnee entsteht eine zähflüssige, schwere Masse, die mit einer speziellen Maschine auf ein Blech verteilt wird, das ganzflächig mit ovalen Aufsätzen (6 cm breit, 10 cm lang) versehen ist. So kommen die geformten Bödeli bei 170 Grad für ca. 18 bis 20 Minuten in den Ofen, wobei das Biskuit durch das Auskristallisieren des Zuckers ungewöhnlich fest wird. Die Herstellung der Bödeli ist übrigens Chefsache, sie sind schliesslich das Herzstück der Schaffhauserzungen. Nur er kennt die genaue Zusammensetzung der Zutaten.

Die Füllung ist eine helle Crème, die aus Butter, pflanzlichem Fett, Nougat und etwas Vanillezucker besteht. Sie wird täglich frisch hergestellt, dann allerdings noch für zwei Tage kühl gelagert, damit sie die benötigte, festere Konsistenz erhält. Diese braucht die Crème, um mit einem Speisemesser, das vorne abgerundet ist, auf die Bödeli gestrichen zu werden. Anschliessend werden die Deckel der Schaffhauserzungen noch leicht mit Puderzucker bestäubt und schliesslich in die türkisfarbenen Schachteln à 10 oder 15 Stück verpackt.

Consommation

Die Schaffhauserzungen werden das ganze Jahr über hergestellt, wobei es grosse saisonale Schwankungen gibt. Im Sommer geht der Umsatz auf 1200 bis 1500 Stück pro Tag zurück. Die hohen Temperaturen bewirken überdies, dass die Buttercrème zu schmelzen beginnt, und nicht mehr kompakt bleibt. Überhaupt hat das Wetter einen grossen Einfluss auf den Charakter des Gebäcks: Bei trockenem Wetter sind sie knusprig, aber auch zerbrechlich, bei feuchter Luft und Regen hingegen werden die Bödeli rasch weich. So unterscheiden sich denn auch die Kunden in zwei Lager: „Die einen schwören auf den knusprigen, zerbrechlichen Charakter, während die anderen die weiche Variante bevorzugen“, erzählt der besuchte Confiseur.

Ihren absoluten Produktionshöhepunkt erreichen die Schaffhauserzungen jeweils in der Weihnachtszeit, wenn die Tagesproduktion auf bis zu 7000 Stück ansteigt. Dank ihrer Haltbarkeit von bis zu zwei Wochen eignen sich die Schaffhauserzungen ideal als Mitbringsel und kleines Geschenk. Einzelne Lieferungen werden auf Wunsch sogar in die ganze Welt verschickt. Am ehesten geniesst man die süsse Schaffhauser Spezialität zwischendurch zum Kaffee oder als Naschwerk.

Importance économique

Die Schaffhauserzungen bilden auch noch heute das eigentliche Standbein des Geschäfts. Sie machen im Verkaufsladen fast 50 Prozent des Umsatzes aus, was den Stellenwert dieses Gebäckes für die Confiserie unterstreicht. Vertrieben wird das Produkt ausschliesslich über das traditionelle Geschäft in der Altstadt und über eine Filiale im Schaffhauser Hauptbahnhof.

... et enfin

Es gibt eine Möglichkeit, die Schaffhauserzungen auch ausserhalb der Ladenöffnungszeiten zu bekommen. Über einen speziellen Automaten, der in die Fassade des Geschäfts eingebaut ist. Rege genutzt wird dieses Angebot vor allem an den Wochenendnächten, wenn die Leute vom Ausgang nach Hause strömen und vom Hunger geplagt werden. Am Sonntagmorgen liegen nicht selten leere türkisfarbene Kartonschachteln in den Altstadtgassen verstreut.

Sources

  • Weibel-Gemsch, Inge,   Das Kochbuch aus der Ostschweiz,   Wolfgang Hölker,   Münster/Zürich,   1978.  
  • Schaffhauser Magazin 4/1993,   Steiner, René,   Schaffhausen,   1993.  
  • Bürgin, Yvonne,   Guetzli-bache! Schweizer Weihnachts-Gebäck,   Schellen Verlag,   Wollerau,   1995.  
  • Reber-Hüsler, Jean,   Memoiren von Jean Reber-Hüsler (1870-1950),   Jean Reber-Hüsler,   Schaffhausen.  
Produits de boulangerie et pâtisserie Imprimer

Epicentre de production

Die Schaffhauserzungen sind eine geschützte Marke, sie dürfen nur von einer bestimmten Confiserie in der Schaffhauser Altstadt hergestellt werden. Allerdings produzieren auch andere städtische Confiserien das Gebäck, meistens unter dem Namen „Züngli“.
Map