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Schwyzer Krapfen

Kösikrapfen, Schwyzer Fasnachtskrapfen, Birekrapfen.

Schwyzer Krapfen

En bref

An zwei Terminen prägt der rautenförmige, in einem Fettstoff gebackene Schwyzer Krapfen die Bäckereiauslagen in der Region um die Kantonshauptstadt massgebend: an der Chilbi im Herbst sowie an der Fasnacht im Winter. Hundertfach gehen die mit Birnenmus gefüllten Gebäcke an den beiden Festanlässen über die Ladentheken. Als Einheimischer bestellt aber kaum jemand einen „Schwyzer Krapfen“ in der Bäckerei seines Vertrauens, sondern einen „Kösikrapfen“. „Kösi“ ist der Dialektausdruck für Mus oder Brei, in diesem Fall Birnenmus.

Der Schwyzer Krapfen gehört in die sehr grosse Gebäckfamilie der Krapfen, die sich über die ganze Innerschweiz verteilt. Der berühmteste Vertreter dieser Familie ist der „Zigerkrapfen“. Mit dem „Ofenkrapfen“ aus Unterwalden, der auch mit Birnenmus gefüllt ist, aber nicht in einem Fettstoff gebacken wird, sowie dem „Brienzer Krapfen“, der quadratisch geformt und wesentlich grösser ist, finden sich sogar zwei sehr nahe Verwandte des Schwyzer Krapfens.

Der nun folgende Blick in die allgemeine Krapfengeschichte soll einen Überblick zu dieser traditionellen Innerschweizer Festgebäckfamilie vermitteln. Im Anschluss daran wird dann näher auf die Geschichte des Schwyzer Krapfens eingegangen.

Das Wort Krapfen ist auf die althochdeutschen Begriffe „crapho“, „kraphun“ und „kräpfen“ zurückzuführen, die schon im 9. Jahrhundert bekannt waren. Es bedeutete in erster Linie Kralle oder Haken und nahm wohl Bezug auf die gebogene Form, die Krapfengebäcke teilweise bis heute aufweisen.

Verschiedene Kochbücher aus dem Spätmittelalter zeigen, dass Krapfen damals als gefülltes Gebäck verstanden wurden. Die Füllung konnte dabei sowohl aus Fleisch und Gemüse, wie auch aus süss gewürzten Äpfeln, Nüssen und Rosinen bestehen. Gebäcke zu füllen hatte in der frühen Neuzeit auch funktionale Gründe. Man ass viele Speisen von Hand, wollte aber gleichzeitig sauber sein, weshalb Küchenmeister und Hausfrauen ihre Speisen entsprechend in einen Teigmantel „einpackten“.

Eine einheitliche Form oder Grösse scheint es nie gegeben zu haben. Diese Vielfalt zeigt sich bis heute. Krapfen kann man sowohl in einem Fettstoff wie auch mit Ofenhitze backen. Die erste Variante ist möglicherweise die ältere und weiter verbreitete, da Backöfen bis ins 20. Jahrhundert hinein in Privathaushalten nicht selbstverständlich waren. Die in einem Fettstoff gebackenen Krapfen sind im deutschsprachigen Raum vielfach eng mit der Fastnachtszeit verbunden. In der Schweiz umfasst das Krapfen-Gebiet vor allem die Innerschweiz.

Description

Ein rautenförmiges Festgebäck mit Birnenmusfüllung, das im Fettstoff gebacken wird. Schwyzer Krapfen werden vor allem an der Chilbi und an der Fasnacht konsumiert.

Ingrédients

Geriebener Teig: Halbweissmehl und Margarine werden gut miteinander verrieben, erst dann folgt die Zugabe von Wasser, Zucker und Salz.

Füllung: ganze gedörrte Birnen, Zucker, frische Äpfel, Gewürzmischung, Wasser und etwas Salz.

Histoire

Die früheste schriftliche Erwähnung finden wir in Helen Guggenbühls 1929 erschienenem Buch „Schweizer Küchenspezialitäten“, in dem ein „Schwyzer Fastnachtkräpfli“ vorgestellt wird. Es enthält neben den heute noch üblichen Zutaten wie Dörrbirnen und Äpfeln auch Kastanien (was nicht verwunderlich ist, denn in gewissen klimatisch geeigneten Ecken am Vierwaldstättersee gedeihen Edelkastanien). Die von Guggenbühl gewählte Bezeichnung „Fastnachtkräpfli“ verdeutlicht, dass das Gebäck typischerweise schon damals mit dem Festanlass verbunden war.

Obschon schriftliche Quellen für die Zeit vor den 1920er-Jahren fehlen, dürfte der Schwyzer Krapfen wesentlich älter sein. Praktisch alle Innerschweizer Krapfen entstammen nämlich der bäuerlichen Hausbäckerei, und in der bäuerlichen Lebenswelt war es üblich, die Rezepte mündlich an die Nachfahren weiterzugeben. Es ist also möglich, dass in und um Schwyz herum seit langer Zeit Krapfen mit Birnenmusfüllung gebacken wurden, ohne dass dies irgendwo vermerkt worden wäre. Die Verschriftlichung solcher Rezepte erfolgte meist zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Verlagerung der Produktion von den Haus- in die Berufsbäckereien.

An Kastanien in der Füllung kann sich der von uns besuchte Schwyzer Bäcker nicht erinnern. Doch die Schwyzer Krapfen seiner Kindheit, nach dem Zweiten Weltkrieg, enthielten zur Hälfte Ziger in der Füllung, was heute nicht mehr der Fall ist.

Production

Wie alle Krapfen besteht auch jener aus Schwyz aus einer Teigtasche und einer Füllung. Als Teig wird ein so genannter geriebener Teig verwendet. „Der heisst so, weil zuerst einmal nur Mehl mit einem Fettstoff, meistens Margarine, miteinander verrieben wird“, erklärt der Produzent. „Erst danach werden Wasser, Salz und Zucker beigegeben und vermischt.“ Schliesslich wird der Teig von der Ausrollmaschine hochpräzise und schnell zu einem ganz dünnen Teigteppich gerollt.

Diesen Teigteppich legt der Bäcker sorgfältig auf eine mit Mehl bestäubte Fläche und streicht dann mit einem Plastikschaber die Füllung darauf. Im Falle des Schwyzer Krapfens ist das eine Birnenmusfüllung. „Als ich noch in den Kindergarten ging, Anfang der 1950er-Jahre, sass die ganze Familie in der Backstube und half mit, wenn den stundenlang eingekochten Dörrbirnen („am besten sind Wasserbirnen“) die Holzstiele entfernt werden mussten“, erinnert sich der Produzent. In dieser Zeit schaffte sein Vater einen grossen Mixer an, in dem bis heute Dörrbirnen, Zucker, frische Äpfel, eine geheime Gewürzmischung sowie Wasser und Salz zum „Birekösi“, der Birnenmusfüllung, vermischt werden. „Die Fliege und auch die Kernen lassen wir drin, bei den Dörrbirnen wie auch bei den frischen Äpfeln, davon merkt man nach dem Mixen und Walzen überhaupt nichts mehr. Und sie sollen gut für die Verdauung sein“, betont der Bäcker.

Sobald der zweite, identisch grosse Teigteppich schliesslich auf den bereits bestrichenen gelegt ist, nimmt der Bäcker einen langen, metallenen Lineal sowie ein stumpfes, gezacktes „Krapfenrädli“ zur Hand und schneidet so – ein Schnitt schnurgerade, der andere abgewinkelt – die einzelnen rautenförmigen Krapfen aus. Schliesslich stupft er sie noch, oben wie unten, „damit beim Frittieren der heisse Dampf im Innern entweichen kann“. 

Der letzte Produktionsschritt ist das Frittieren. Und das geht erstaunlich schnell vonstatten: Nur rund zwei Minuten „baden“ die Krapfen in etwa 150 bis 160 Grad heissem Öl. Dazu werden sie vorab in ein verschliessbares Sieb gelegt, in dem 36 der rautenförmigen Teigtaschen Platz finden. Sobald sie schön hellbraun gebacken sind, fischt man sie heraus und lässt sie kurz abtropfen und -kühlen. Die Chilbi und die Fasnacht können kommen…

Consommation

Im Vergleich zu vielen seiner Artgenossen ist der nicht einmal handtellergrosse Krapfen des Bäckers aus Schwyz eher ein Häppchen als ein Happen. Er eignet sich ideal zum Znüni oder Zvieri. 

Da der Schwyzer Krapfen seiner geringen Grösse wegen nur ganz kurz frittiert wird, saugen sie weniger Fett auf als die meisten anderen Krapfen und sind entsprechend etwas leichter.

Importance économique

Noch immer sind die Schwyzer Krapfen ein klassisches Herbst- und Wintergebäck. Dies wird heute vor allem mit dem Traditionsbewusstsein der Konsumenten begründet.

Der besuchte Bäcker aus der Kantonshauptort produziert vor allem im Hinblick auf die beiden Festanlässe Chilbi und Fasnacht eine grosse Menge Schwyzer Krapfen. Die Stückzahl beläuft sich in der Chilbizeit auf rund 12000, während der Fasnacht ist es die Hälfte. „Es soll ein winterliches Festgebäck bleiben“, meint der Produzent, „dann freut sich die Kundschaft den Rest des Jahres darauf.“

... et enfin

Der Schwyzer Krapfen ist nur eines von vielen Gebäcken, das an der Fasnacht genossen wird. Wie reichhaltig die Palette an Fasnachtsgebäck in Schwyz ist, zeigt das 1989 erschienene Buch „Feste und Bräuche im Kanton Schwyz“ von Josef Wiget und Hans Steinegger bildlich dargestellt auf. Neben bekannten Gebäcken wie Zigerkrapfen, Schenkeli, Anisguetzli und „Chnüüblätz“, die man auch „Ankestrübli“, „Eieröhrli“ oder gemeinhin als Fasnachtschüechli kennt, gibt es auch eher unbekannte lokale Spezialitäten wie „Hudichräpfli“ (kleine Krapfen) und „Bohnen“ (Kugeln aus Schenkelteig) aus Einsiedeln oder „Leutsche-Fischli“, „Eierkränze“ und „Narrenböcke“ aus dem äusseren Kantonssteil.

Sources

  • Guggenbühl, Helen,   Schweizer Küchenspezialitäten. Ausgewählte Rezepte aus allen Kantonen,   Schweizer-Spiegel-Verlag,   Zürich,   1929.  
  • Währen, Max,   Gesammelte Aufsätze zur Brot- und Gebäckkunde und -geschichte. 1940-1999,   Deutsches Brotmuseum Ulm (Dr. Hermann Eiselen),   Ulm,   2000.  
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,   Staub, Friedrich et al..  
  • Hauser, Albert,   Was für ein Leben. Schweizer Alltag vom 15. bis 18. Jahrhundert,   NZZ Verlag,   Zürich,   1988.  
  • Wiget, Josef, Steinegger, Hans,   Feste und Bräuche im Kanton Schwyz,   Schwyz,   1989.  
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Epicentre de production

Die Region um die Kantonshauptort Schwyz herum.

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