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Weggli / Petits pains au lait / Panini al latte

Schwöbli, Fudiweggli Mutschli, Milchbrötchen

Weggli / Petits pains au lait /  Panini al latte

En bref

Das Weggli ist ein rundes, gespaltenes Milchbrötchen. Es ist in der ganzen Schweiz verbreitet, wird aber nicht überall Weggli genannt. In der Romandie heisst es pain au lait oder petit pain au lait, im Tessin michetta al latte oder panino al latte. In Unterwalden hält sich teilweise bis heute der Begriff „Mutschli“, im Bündnerland ist die Bezeichnung „Milchbrötchen“ gang und gäbe, und in Basel, wo selbst der Cervelat mit „Klöpfer“ einen exklusiven Namen trägt, lässt man es sich nicht nehmen, auch dem Weggli einen eigenen Namen zu geben: Es heisst „Schwöbli“ – „eine Persiflage auf zugewanderte schwäbische Bäcker, die sich als tüchtige Fachleute im baslerischen Bäckergewerbe einbrachten“, vermerkt Albert Spycher dazu in seinem Buch „Back es im Öfelin oder in der Tortenpfann“.

Der Begriff Weggli selbst ist die Verkleinerungsform von Weggen oder Wecken und leitet sich vom althochdeutschen Wort „wecki“ ab. Das beschreibt in erster Linie einen grösseren hölzernen oder eisernen Keil, aber auch ein zweiseitig in Keilform auslaufendes Brotgebäck. Im Hochmittelalter kannte man derart geformtes Gebäck unter dem Namen „cuneus“, der lateinischen Bezeichnung für Keil. Albert Spycher setzt den Übergang zur deutschen Bezeichnung „Wecken“ für rautenförmiges Gebäck im 13. Jahrhundert an.  

Aus dem Weggli-Teig werden noch weitere Kleingebäcke hergestellt. Unter anderem Murren, die im Gegensatz zum Weggli eher länglich-oval geformt sind und eine gezackte Oberfläche aufweisen (siehe Fiche „Zürcher Murre“).

Description

50 bis 60 Gramm leichtes Kleingebäck aus einem Weissmehl-Hefeteig. Typisch ist seine rundliche Form und die tiefe Furche in der Mitte, die das Weggli in zwei klar sichtbare Hälften teilt.

Ingrédients

Weissmehl, Butter, Milchpulver, Wasser, Hefe, Salz

Histoire

Der erste Weggli-Beleg geht ins 16. Jahrhundert zurück und ist im fünfzehnten Band des Idiotikons (1999) zitiert. Darin geht es um einen Beschluss, der Wirten und Köchen nicht mehr erlaubte, „wysse weckli (zu) bachen und den gesten geben.“ Laut Albert Spycher, der näher auf diesen Beschluss eingeht, war der Grund für das Verbot, dass für die Herstellung von „wysse weckli“ die „Weissbäcker“ zuständig waren. Weil reines Weissmehl damals sehr teuer und begehrt war, handelte es sich bei Gebäcken wie dem „weckli“ um „von der (städtischen) Oberschicht konsumierte Luxusbackwaren“. Es liegt auf der Hand, dass die Weissbäcker keine Freude an Konkurrenz von Wirten und Köchen in diesem lukrativen Sektor hatten.

Das Weggli war also einst ein teurer Genuss, den sich bei weitem nicht alle leisten konnten. Dies war bis ins 20. Jahrhundert so, wie aus dem Atlas der schweizerischen Volkskunde zu erfahren ist: „Man kann sagen, dass es sich beim Kleingebäck grösstenteils um ein Luxusbrot handelt, das besser durchgebacken oder aus einem feineren Teig hergestellt ist als ein gewöhnliches Brot (…). Das heisst aber auch, dass Kleingebäck (…) an verkehrsnahe, städtisch beeinflusste, wohlhabende Gegenden gebunden ist. Die alpinen Gebiete fallen für das Kleingebäck grösstenteils aus.“ 

Einen frühen Hinweis auf die auch heute übliche Verwendung von Butter im Weggliteig liefert ein Kupferstich aus dem Jahre 1749. Er stammt von David Herrlibergers „Baslerischen Ausrufbilder“ und trägt den Titel „Anka-Weggle Hayss (heiss)“. Darauf ist eine Frau zu sehen, die einen grossen, rechteckigen Korb unter dem Arm trägt, in dem unter einem Stofftuch „Anka-Weggle“ liegen. Unter dem Bild ist übrigens folgender Spruch angebracht: „Lasst euch auf eure schwache mage; Ein Pflaster von zwey wegglein schlagen.“ Im Jahr 1792 taucht im Kochbuch der Anna Maria Küeffer, das Spycher in seinem Buch zitiert, ein „Wecklein-Rezept“auf, das aus Simmelmehl (die damalige Bezeichnung für Weissmehl), Eiern, süssem Anken, Nidlen und Milch besteht. Es weist eine hohe Ähnlichkeit zu heutigen Rezepten auf. über die Form der Wecklein erfahren wir aus dem Rezept des späten 18. Jahrhunderts: „Würke den Teig wohl, lass ihn haben bis er gut ist, dann kannst selber formieren wie du willst (…).“

Production

„Wir produzieren täglich rund 2'500 Weggli, da sind wir sehr froh um unsere alte „Weggli-Maschine“. Sie spart uns viel Zeit und damit auch Kosten“, präsentiert der besuchte Produzent eine lange, schwerfällig aussehende Kleinbrotanlage aus den 1950er-Jahren, die in der Backstube steht. Am Anfang der Weggli-Herstellung steht erstmal die Teigherstellung. In der Knetmaschine mischt man einen Hefeteig aus Milch und Butter, denn dadurch erhält der Weggliteig einerseits einen hohen Nährwert, andererseits eine sehr feine, leicht geschmeidige Beschaffenheit.

Die Grundzutaten eines Weggliteiges sind laut Richemont, der Schweizer Bäckerei- und Konditorei-Fachschule, Weissmehl, Milch, Butter, Hefe, Malz, eine Prise Zucker und Salz sowie Levit, ein Brotbackmittel auf der Basis eines getrockneten Hefevorteigs, das für mehr Geschmack und eine längere Frischhaltung sorgt. Das Rezept gilt als Standardvorlage, die von den einzelnen Bäckereien aber leicht variiert wird. Der besuchte Zürcher Produzent zum Beispiel verwendet für seinen Weggliteig nicht Milch, sondern Milchpulver und Wasser: „Milchpulver ist länger haltbar als Milch. Wir können so viel besser auf die Nachfrage und Bestellungen eingehen, während es bei Milch immer eine Lotterie ist, ob zu viel oder zu wenig da ist.“

Wichtig bei der Teigzubereitung ist, die Butter erst beizugeben, wenn das Mehl schon gut eingezogen ist, weil „sich die Butter, wenn sie lange geknetet wird, erhitzt, verflüssigt und dann viel weniger fein in den Teig einzieht.“ Am Ende des Knetvorgangs sollte der Teig möglichst elastisch sein. 

Diesen Teig lässt man nun als Ganzes während rund 30 Minuten in der so genannten Stockgare ruhen. Dabei erholt er sich von den Belastungen des Knetprozesses und entwickelt durch die Hefe- und Enzymtätigkeit wichtige Aromen. Erst danach kommt die eingangs erwähnte Weggli-Maschine zum Einsatz. Über verschiedene, miteinander verbundene Stufen macht sie aus einer riesigen Teigmenge kleine, gespaltene Weggli, die nur noch in den Ofen geschoben werden müssen. In Stufe 1 wird der Teig gleichmässig in Teiglinge à 60 Gramm portioniert und dann gleich in die rundliche Form gebracht. In Stufe 2 liegen die runden Teiglinge, die unten flach und oben schön gewölbt sind, eine gute halbe Stunde auf einem sehr langsam laufenden Förderband. Diese Ruhephase, man nennt sie Stückgare, hat denselben Grund wie die zuvor erfolgte Stockgare. Die abschliessende dritte Stufe versetzt dem Teigling schliesslich die Furche, die das Weggli in zwei klar erkennbare Hälften teilt. Dafür laufen die einzelnen Teigstücke unter etwa ein Zentimeter breiten Kunststoffrädchen durch. Die pressen den Teig an den Kontaktstellen so fest zusammen, dass eine sehr tiefe Furche entsteht. Wenn keine Weggli-Maschine zur Verfügung steht, „nimmt man einen Holzstempel zur Hand, der aussieht wie ein Schlagring, und drückt diesen fest in den Teigling. Nicht zu fest allerdings, die beiden Hälften sollen ja noch zusammenhalten“, führt der Bäcker aus.

Vor dem abschliessenden 20-minütigen Backen bei 210 Grad werden die gespaltenen Teigstücke noch mit Ei bestrichen, damit die ausgebackenen Weggli auch schön goldbraun glänzen.

Consommation

Heute wird das Weggli zwar nicht mehr als Luxusgebäck betrachtet, wie das noch in den 1930er-Jahren der Fall war, es gilt aber auch nicht als Alltagsbrötchen, sondern eher als Leckerbissen, den man sich hie und da gönnt.

Das Weggli ist ein typisches Frühstücksgebäck, das man so frisch wie möglich konsumieren sollte, da der Teig relativ schnell austrocknet. Mit ihrem Gewicht von 50 bis 60 Gramm kann man je nach Lust und Appetit auch zwei oder drei Weggli vertragen.

Das Kleinbrot wird in den meisten Bäckereien auch zu Sandwiches „umfunktioniert“, die mit Käse, Schinken oder Fleischkäse gefüllt und dann eher als Snack konsumiert werden. Beliebt ist auch die Kombination mit einem „Schoggistängeli“

Importance économique

2'500. Das ist die stattliche Anzahl Weggli, die täglich in der Zürcher Bäckerei hergestellt werden und frühmorgens in den Auslagen des Hauptgeschäftes sowie in zwei Filialen zu finden sind. Unter den Kleinbroten zählt das Weggli neben dem Gipfeli zumindest in der Deutschschweiz zu den beliebtesten und verbreitesten Bäckerei-Produkten.  

Es ist aber auch in der Romandie und im Tessin in jeder Bäckerei zu finden.

... et enfin

Dem Weggli begegnen wir nicht nur in den Auslagen der Schweizer Bäckereien, auch in Sprichwörtern taucht das Kleinbrot auf:  

Den Ausdruck „die gehen weg wie warme Weggli“ verwendet man, wenn sich irgendein Produkt sehr gut verkauft – so wie eben warme Weggli morgens in einer Bäckerei.

„Den Fünfer und das Weggli wollen“ ist eine weitere bekannte Redensart. Damit wird eine Situation umschrieben, in der sich eine Person nicht zwischen zwei Dingen entscheiden kann, die sie beide haben möchte.

Sources

  • Atlas der schweizerischen Volkskunde,   Weiss, Richard und Paul Geiger,   Basel,   1950.  
  • Meier, Eugen A.,   Das süsse Basel,   Buchverlag Basler Zeitung,   Basel,   1996.  
  • Währen, Max,   Gesammelte Aufsätze zur Brot- und Gebäckkunde und -geschichte. 1940-1999,   Deutsches Brotmuseum Ulm (Dr. Hermann Eiselen),   Ulm,   2000.  
  • Brühlmeier, Markus und Beat Frei,   Das Zürcher Zunftwesen, Band 1,   NZZ Verlag,   Zürich,   2005.  
  • Richemont Fachblatt,   Fachschule Richemont Luzern,   ab 1945.  
  • Vogt, Ernst, Ludwig M. Raith, Bruno Heilinger und Jakob Viel,   Der Schweizer Bäcker-Konditor. Handbuch für das gesamte Bäckerei- und Konditoreigewerbe. Band 1,   Thun,   1944.  
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,   Staub, Friedrich et al..  
  • Hauser, Albert,   Vom Essen und Trinken im alten Zürich,   Verlag Berichthaus,   Zürich,   1973.  
  • Berufskunde für Bäcker-Konditoren-Confiseure. Band 3,   Richemont Fachschule, Luzern,   Luzern,   2006.  
  • Spycher, Albert,   Back es im Öfelin oder in der Tortenpfann,   Schwabe AG,   Basel,   2008.  
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Epicentre de production

Schweizweit. In der Deutschschweiz ist das Weggli aber doch verbreiteter als in der Romandie oder im Tessin.

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