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Agathabrötli

Agathenbrot, Agathenbrötchen, Agathenbrötli

Agathabrötli

In Kürze

Das Agathabrötli aus dem freiburgischen Plaffeien ist brezelförmiges Brötchen aus Zopfteig mit leicht glänzender Oberfläche.

Der Brauch des Agathabrotes ist in vielen katholischen Regionen verbreitet. In der Schweiz insbesondere in Freiburg, der Innerschweiz und Appenzell Innerrhoden. In den meisten Regionen handelt es sich beim Agathabrot um ein ganz normales Brot oder Brötchen. Das Besondere ist eigentlich nicht das Brot, sondern seine Segnung am Tag der Heiligen Agatha, am 5.Februar.

Neben der Brezelform ist auch in der Innerschweiz ein spezielles Agathabrot zu finden, eines in Ringform.

Beschreibung

Eine ca. 60 Gramm-Brezel aus Zopfteig von ca. 14 cm Breite und 12 cm Höhe mit leicht glänzender Oberfläche

Zutaten

Weizenweissmehl, Milch (Pulver), Hefe, Malt, Salz, Eier, Butter, Zucker

Geschichte

Was hat es nun mit dieser Heiligen Agatha auf sich? Da sich die auf Sizilien lebende Christin Agatha weigerte, den nichtchristlichen, römischen Statthalter Quintianus zu heiraten und sich vom Christentum abzuwenden, bestrafte man sie, indem man ihre Brüste abschnitt. Als sie sich weiterhin weigerte, ihrem Glauben abzuschwören, wurde sie zu Tode gefoltert. Als am Jahrestag ihres Todes der Ätna ausbrach und die Lavamassen Catania bedrohten, versuchten die Einwohner mit dem Schleier der Agatha die Lavamassen aufzuhalten. Seitdem gilt sie als Patronin gegen Feuersgefahr und ist die Schutzpatronin von Catania. Mit der Zeit wurde Agatha ebenso zur Schutzpatronin der Feuerwehren, Glocken- und Erzgiesser, Goldschmiede, Berg- und Hochofenarbeiter, Glasmacher, Weber und Ammen.

Die früheste gefundene Erwähnung eines Brotsegens am Agathatag datiert aus dem Jahre 1466: In den Auflistungen der Ausgaben des Klosters Klingenthal in Basel wird das St. Agathenbrot aufgeführt. Laut dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens erwähnte der berühmte Prediger Geiler von Kaysersberg (1445-1510) Anfang 16. Jahrhundert als erster das Agathabrotes als Mittel gegen Feuer und Brand.

In Plaffeien kennt man das Agatha-Brötli seit über 70 Jahren als brezelförmiges Brötlein aus Zopfteig. In den 1930er Jahren beschlossen zwei Bäcker, dass ihr Brot für den Tag der Heiligen Agatha eine besondere Form erhalten soll und zwar die einer Brezel. Im Atlas der Schweizerischen Volkskunde, einer Untersuchung aus den 1930er Jahren, heisst es zwar, dass dort ein Agathabrot in der Form eines Ringleins bekannt sei, die Tatsache, dass man in Plaffeien ab ca. 1936 das Agatha-Brötli in Brezelform kennt, gilt jedoch als gesichert. Als der besuchte Bäcker noch ein Schuljunge war, musste er in der Schule um Erlaubnis bitten, am Agathentag später zu kommen, denn er half seinem Vater, die zwei Körbe mit Agatha-Brötli in die Kirche zu tragen. Damals stellte man die Körbe zum Altar hin und der Pfarrer segnete während der Messe die Brötli. Nach dem Gottesdienst kauften die Gläubigen vor der Kirche die geweihten Brötli. Den Rest verkaufte der Bäcker im Laden. Vor etwa 25 Jahren veränderte sich der ganze Ablauf: Nun ging nicht mehr der Bäcker oder die Bäckersfrau mit den Körben in die Kirche, sondern der Pfarrer kam am Vorabend, also am 4. Februar, in die Backstube. Er segnete hier die Teiglinge und das Mehl. Als vor wenigen Jahren ein neuer Pfarrer in die Gemeinde kam, gab es erneut eine Änderung. Heute kommt der Pfarrer am Morgen des 5. Februars um sechs Uhr in die Backstube und segnet die frisch gebackenen Agatha-Brötli. Kurz darauf steht schon die Kundschaft im Laden. Sie holen gesegnete Brötli. Manche kaufen einen ganzen Sack voll, denn sie verteilen die Brötli an Freunde und Freundinnen, Arbeitskollegen und -kolleginnen und selbstverständlich an die Familienmitglieder. Einige verschicken das Brötli auch an ihre Lieben in der Ferne.

Ein Brötli wird jedoch nicht angetastet! Dieses kommt, eingepackt in einen Stoffbeutel, in den Schrank oder in eine Schublade. Hier bleibt es bis zum nächsten 5. Februar und soll das Haus vor Feuer schützen.

Produktion

Das Agatha-Brötli ist aus einem gezuckerten Zopfteig gemacht. Der besuchte Bäcker hat das Rezept für die Agatha-Brötli von seinem Vater übernommen. Im üblichen Zopfteig dieser Bäckerei ist der Butteranteil etwas höher. Für den Teig gibt der Bäcker die Zutaten Mehl, Milchpulver, Hefe, Malz und Zucker in die Knetmaschine, Eier, Butter und Salz kommen als letztes dazu. Nach 10 bis 20 Minuten hat der Teig die richtige Konsistenz, nun lässt man ihn für etwa 60 Minuten ruhen. Nach der Stockgare wird der Teig in Brüche à gut 2200 Gramm abgewogen. Nach einer kurzen Zwischengare werden die Brüche auf die Wirkplatte gelegt und etwas flach gedrückt. Die Wirkplatten werden nun in die Teig- und Wirkmaschine geschoben, wo er gepresst, geschnitten und rund gewirkt wird, so entstehen 30 gleich grosse runde Teigballen à 70 Gramm. Nun werden die Teigballen mit Hilfe der „Vordröllmaschine“ (Langwirkmaschine) in Teigstränge von etwa 10 Zentimeter umgeformt. Dieser Strang wird auf der Arbeitsfläche auf eine Länge von ca. 60 Zentimeter ausgerollt und zu einer Brezel formen. Die fertig geformten Teiglinge werden auf den Backblechen mit Ei angestrichen und müssen noch einmal rund 30 Minuten ruhen. Bevor die Teiglinge endlich in den Ofen kommen, erhalten sie einen zweiten Eianstrich, damit die Oberfläche schön glänzt. Da heute ein Grossteil der Teiglinge vor dem 5. Februar gemacht werden und dann in den Kühlraum kommen, hat der erste Eianstrich eine weitere Funktion: Er schützt den Teigling vor dem Austrocknen im Kühlraum. Im Backofen werden die Agatha-Brötli während ca. zehn Minuten bei 200 Grad Celsius gebacken.

Konsum

In einigen Familien wird das Agatha-Brötli wie ein Weggli gegessen. In der Bäckerfamilie kommt es zum Mittagessen auf den Tisch. Frisch, also am gleichen Tag, an dem es gebacken und gekauft wird, schmeckt es am besten. Einen Tag später ist es schon etwas hart und trocken, was für diese Art von Gebäck normal ist. Der Bäcker meint: „90 Prozent essen es frisch, die anderen am nächsten Morgen.“

Wirtschaftliche Bedeutung

Bis im Jahr 2007 verkaufte der befragte Bäcker das Agatha-Brötli nur am 5. Februar. Im Jahre 2008 kommen schon am 4. Februar einige Brötli aus dem Ofen, ausnahmsweise, denn ein Kunde wollte es so. Im Jahr 2008 wurden für den Tag der Agatha 3'000 Agatha-Brötli in der Backstube gemacht. Vor etwa 40 Jahren, zur Zeit des Vaters des Bäckers, waren es etwa 300 bis 400 Stück. Für genau diesen Tag ist das Brötli das wichtigste Produkt. Entsprechend werden dafür viel weniger Semmeli produziert.

Die Bäcker des Bezirks haben zu Beginn dem Agatha-Brötli des besuchten Bäckers kein langes Bestehen gegeben. Die steigenden Verkaufszahlen zeigen jedoch, dass eine Nachfrage besteht. Wer am 4. und 5. Februar durch diese Region fährt, entdeckt vor den Bäckereien Schiefertafeln. Auf diesen steht dann etwa: „5. Februar, gesegnetes Agathabrot zu kaufen“, „Morgen Segnung von Agathabrot“. Die Kundschaft des besuchten Bäckers kommt selbst aus dem Unterland für das Agatha-Brötli nach Plaffeien.

Literatur

  • Atlas der schweizerischen Volkskunde,   Weiss, Richard und Paul Geiger,   Basel,   1950.  
  • Währen, Max,   Gesammelte Aufsätze zur Brot- und Gebäckkunde und -geschichte. 1940-1999,   Deutsches Brotmuseum Ulm (Dr. Hermann Eiselen),   Ulm,   2000.  
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,   Staub, Friedrich et al..  
  • Schweizer Bäckerei,   Richemont Fachschule,   Luzern,   2006.  
  • Jakob, Daniel<BR />Et al.,   Berufskunde für Bäcker-Konditoren-Confiseure. Band 1,   Fachschule Richemont Luzern,   Luzern,   2002.  
  • Spycher, Albert,   Back es im Öfelin oder in der Tortenpfann,   Schwabe AG,   Basel,   2008.  
  • Anderes, Bernhard, Albert Hauser und Norbert Lehmann,   Allerheiligen. Namens- und Kirchenpatrone, Schutzheilige , Nothelfer,   Seedamm-Kulturzentrum Pfäffikon SZ,   Einsiedeln,   1998.  
  • http://www.kath.ch/index.php?na=11,0,0,0,d,19700,   URL,   konsultiert 21..  
  • http://www.kathpedia.com/index.php?title=Agatha_von_Catania,   URL,   konsultiert 5.2.  
  • Paul Imhof, Das kulinarische Erbe der Schweiz (Band 4, Glarus), Echtzeit Verlag,   Basel 2015.  
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