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Braisi

Braisi, brési, bresi, brezi, breusi, breuzil, breusil, brézot, brésat.

In Kürze

Im Kanton Jura und im Berner Jura findet man heute unter der Bezeichnung Braisi oder Breusi zwei ziemlich verschiedene Produkttypen: beide bestehen zunächst aus einem gesalzenen und kurz geräucherten Rindfleischstück, wobei das eine als solches zum Kochen bestimmt ist und das andere anschliessend luftgetrocknet wird. In letztgenannter Variante ist das Fleisch von Konsistenz und Aussehen her mit dem Walliser Trockenfleisch oder dem Bündnerfleisch vergleichbar und, in hauchdünne Scheiben geschnitten, für den rohen Verzehr geeignet. Zugleich entspricht diese Variante am ehesten der traditionellen Herstellungsart. Zusätzlich zu den hier verwendeten Begriffen Braisi oder Breusi gibt es für diese Spezialität noch eine bunte Vielzahl anderer Ausdrucks- und Schreibweisen wie z.B. Bresi, Brési, Brezi, Breuzi, Breuzil, Breusil, Brézot, Brésat usw. Etymologisch gesehen und bezogen auf die hier erörterte Spezialität verweist das "Glossaire des pâtois de la Suisse romande" bei dem Begriff "Brésil" auf das gleichnamige zum Färben verwendete Rotholz, wahrscheinlich in Analogie zu dessen  Farbe und vielleicht auch Härte. Es sei noch erwähnt, dass Braisi im französischen Jura als luftgetrocknete Variante bekannt ist und dort hergestellt wird.

Beschreibung

Geräuchertes Rindfleisch zum Kochen und/oder geräuchertes und luftgetrocknetes Rindfleisch zum Rohessen.

 

Variationen

Es gibt ungetrocknetes Braisi zum Kochen und getrocknetes, in feine Scheiben geschnittenes Braisi zum Rohverzehr.

Zutaten

Rindfleisch, Salz.

Geschichte

Laut Jacquelin Lozeron datieren die ersten schriftlichen Spuren für Braisi aus dem 15. Jahrhundert. Sie entdeckte nämlich in einer Reihe damaliger regionaler Rechnungsbücher Angaben, die auf gesalzenes Rindfleisch hinweisen. In seinem  "Dictionnaire du parler neuchâtelois et suisse romand " zitiert Pierrehumbert aus einem Neuenburger Rechnungsbuch von 1544  folgenden Vermerk: "Pour ung beufz affin en faire bresil". Das "Inventaire du patrimoine culinaire de la France " bezieht sich auf  Eintragungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert, in denen Braisi als gesalzenes und geräuchertes Fleisch auftaucht. Diese Erwähnungen enthalten keinen spezifischen Bezug zum Juramassiv und lassen demzufolge vermuten, dass  das Braisi damals viel verbreiteter war als heute.  Im Jahre 1875 definiert  der Neuenburger Louis Favre in seinem  Manuel d’économie domestique à l’usage des écoles secondaires et primaires supérieures  das Braisi als " mehrjähriges, altes gesalzenes Kuhfleisch, das ebenso trocken wie zäh ist". Dabei wurde das Herstellungsverfahren für Salzfleisch - und nicht nur für Braisi -  wie folgt beschrieben: "Das Fleisch wird gesalzen und auch getrocknet.(...) Nach dem Einreiben mit Salz und ein wenig Salpeter zur Erhaltung der roten Farbe werden die Frischfleischstücke in einen Bottich oder eine Wanne gelegt und festgedrückt, um luftgefüllte Zwischenräume zwischen den einzelnen Stücken so gering wie möglich zu halten. Einige Tage später ist das Salz durch die aus dem Fleisch austretenden Säfte geschmolzen und bildet eine Pökellake, die sich auf dem Bottichboden ansammelt. Fleisch und Pökellake werden herausgenommen und die Fleischstücke anschliessend wieder hinein gelegt und mit der Flüssigkeit übergossen. Dieser Vorgang wird täglich ein bis zwei Wochen lang wiederholt; danach werden die Stücke in den Kaminschacht gehängt, wo das Feuer der Kochstelle einen heftigen Luftzug erzeugt, der das Fleisch trocknet, während der abziehende Rauch gleichzeitig eine Kohleschicht auf dem Fleischstück hinterlässt" (Seiten 96-97). Anfang 20. Jahrhundert  benutzten  Charles Beauquier, auf französischer Seite, und Joseph Beuret-Frantz , auf Schweizer Seite, eine fast identische Ausdrucksweise zur  Beschreibung des Braisi. In  Actes de la société jurassienne d’émulation (1920) schreibt Beuret-Frantz  "In der Regel handelt es sich um ein mehr oder  weniger krankes Tier, das geschlachtet werden muss. Dieses Fleisch wird in den Rauchfang gehängt, wo es räuchert und sehr hart wird; um diesem Nachteil abzuhelfen, wird es in Hafer oder Asche konserviert." Eine spätere Beschreibung (1945) desselben Autors klingt etwas positiver. "Das Bresi wird aus dem Fleisch einer trockengestellten Kuh gefertigt, die sorgfältig gepflegt und gemästet wurde". Was Hafer und Asche betrifft, so interpretiert er deren Verwendung als notwendige Schutzmassnahme gegen Ranzigkeit. Vielleicht liess sich durch diese Methode auch vermeiden, dass Mücken ihre Eier in das Fleisch legten; im Wallis wurde das Fleisch aus demselben Grund manchmal mit einer Pfefferschicht ummantelt. Heute wird letztgenannte Methode nicht mehr zur Haltbarmachung von Fleisch eingesetzt. Im französischen Jura ist die Braisi-Herstellung noch sehr lebendig, während sie auf Schweizer Seite nachgelassen hat. Auf die Frage nach dem Beginn dieser rückläufigen Entwicklung antwortet  Marie-Paul Gigon, Lehrerin für Familienwirtschaft und Initiantin zahlreicher Forschungen über jurassische Produkte, dass "diese sehr alte und auf einer Höhe zwischen 800 und 900 m übliche Konservierungsart für Fleisch ab Mitte 20. Jahrhundert allmählich in Vergessenheit geraten ist. Derzeit bahnt sich eine verhaltene Rückkehr dieser Methode an, aber nur sehr wenige Metzger praktizieren sie."   Beuret-Frantz behauptete 1945, dass "die  Herstellung von Braisi im Juragebirge sehr verbreitet ist", ...wohingegen bereits 1942 Gustav Amweg von Braisi in der Vergangenheit sprach. Mehreren  mündlichen Angaben zufolge  ist das Braisi nie völlig aus dem Gebiet des Kantons Jura und des Berner Jura verschwunden. Zur Zeit wird Braisi als Kochfleischvariante, die anscheinend nicht so alt ist, nur von einigen wenigen Metzgern hergestellt. Unseres Wissens gibt es aber nur eine einzige Metzgerei, die auf die Herstellung der getrockneten Variante spezialisiert ist. Ein befragter Metzger liess wissen, dass es übrigens nicht korrekt sei, die nicht getrocknete Variante als Braisi oder Breuzi zu bezeichnen. Diese sollte daher einfach nur "Rauchfleisch" heissen.

Produktion

Für die Herstellung von nicht getrocknetem Braisi wird das Fleisch einfach nur  trocken oder durch Pökelinjektion gesalzen und anschliessend während ca. zwölf Stunden geräuchert. Die Räucherung ist also ziemlich leicht, genauso wie die Salzbehandlung, die allerdings stärker ist als zum Beispiel beim Trockenspeck. Heute werden Stotzen, Schulter oder Hochrippe für diesen Braisi-Typ verarbeitet im Gegensatz zu früher als, laut Aussage mehrerer hierzu befragter Metzger, Rinderbrust verwendet wurde. Für die Herstellung des getrockneten  Braisi wird die Rinderkeule zunächst zerlegt und "pariert", d.h. von Sehnen und Fett befreit. Die so behandelten Fleischstücke werden in Wannen gelegt und trocken gepökelt. Nach diesem Vorgang werden sie zunächst in ein sehr feines nylonstrumpfartiges Netz und dann in ein grobmaschigeres Netz verpackt, um die Stücke auch nach der Pressung in Form zu halten. Nach einer Reifezeit von zwei bis drei Wochen werden sie in eine Räucherkammer gehängt, in der sie solange verbleiben, bis sie die "optimale Farbe" , d.h. "Pökelrot" angenommen haben, erklärt ein befragter Metzger. Während der Trocknungsphase wird das Fleisch mehrmals gepresst, damit die verbleibende Flüssigkeit ablaufen kann und jegliche Krustenbildung, welche den Trocknungsprozess im Innern des Fleischstückes verhindern würde, vermieden wird. Während der einzelnen Bearbeitungsphasen verlieren die Fleischstücke etwa 40% ihres jeweiligen Frischgewichts. Auch in der Franche-Comté (Frankreich) wird nach derselben Methode für die Herstellung von getrocknetem "Brési" verfahren, das in allen Punkten mit dem Braisi des Schweizer Jura übereinstimmt.

Konsum

Wie bereits erwähnt, ist das nicht getrocknete Braisi/Breusi zum Kochen bestimmt. Nach einem Rezept aus Vieilles recettes de chez nous  wird es  im Herd auf einer Tropfschale in einer würzigen Rotweinsauce gekocht.  "Das getrocknete Braisi-Fleisch" hingegen "wird roh, in feine Scheiben geschnitten, verzehrt und kann zu Raclette oder einem anderen Käse oder auch als Aperitif mit einem Glas Weisswein gereicht werden", empfiehlt ein befragter Metzger. Gemäss Marie-Paule Gigon wurde Braisi früher "auf Sauerkraut gekocht oder als Braten zubereitet."

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Metzgerei Krebs in Bévilard produziert ca. 400 bis 500 kg Braisi-Trockenfleisch jährlich. Wie vorstehend angedeutet, scheint es die einzige Metzgerei zu sein, welche diese Spezialität in solchen Mengen ganzjährig produziert. Die übrigen befragten Metzger produzieren nur auf Bestellung, und die Nachfrage ist scheinbar sehr gering. Einige geben an, ab und zu mal für ein oder mehrere Restaurants getrocknetes Braisi herzustellen, andere wiederum sprechen von einer Anfrage für nicht einmal ein Stück pro Jahr!

Literatur

  • Association des paysannes jurassiennes,   Vieilles recettes de chez nous (vol.1),   199?.  
  • Louis Favre,   Manuel d’économie domestique à l’usage des écoles secondaires et primaires supérieures,   Librairie générale J. Sandoz,   Neuchâtel,   1875.  
  • Beuret-Frantz, Joseph,   Autour de la crémaillère : notes et propos gastronomiques sur la bonne cuisine dans le Jura bernois,   Pro Jura,   1945.  
  • Actes de la société jurassienne d’émulation,   1920.  
  • Musée neuchâtelois,   1942.  
  • Pierrehumbert, William<BR /><BR />,   Dictionnaire historique du parler neuchâtelois et suisse romand,   Attinger,   Neuchâtel,   1926.  
  • Collectif<BR />,   Glossaire des patois de la Suisse romande, Tome II (arras - bziyon),   V. Attinger,   Neuchâtel et Paris,   1934-54.  
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Produktionsepizentrum

Kanton Jura und Berner Jura

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