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Bundesrat Schaffner Torte

Bundesratstorte, Rahmkirschtorte

Bundesrat Schaffner Torte

In Kürze

Die Bundesrat Schaffner Torte ist eine opulente Rahmkirschtorte aus Rahm, Biskuit und Meringuage. Sie ist in der Region Gränichen bekannt. Im Rest der Schweiz kennt man diese Torte als Rahmkirschtorte.

Auf den ersten Blick mag die Bundesrat Schaffner Torte der Zuger Kirschtorte gleichen. Beiden gemein ist das kirschgetränkte Biscuit. Während die BR Schaffner Torte mit Meringuageböden ohne Nüsse und mit Rahmschichten zusammengebaut wird, erhält die Zuger Kirschtorte Japonaisböden (mit gemahlenen Haselnüssen) und rosa Buttercrème, aber kein Rahm. Die Kirschtorte (siehe entsprechenden Eintrag) ist kompakter – und ausserdem weit herum bekannt.

Beschreibung

Rahmkirschtorte mit einem Durchmesser von vierundzwanzig Zentimetern und einer Höhe von etwa acht Zentimetern.

Zutaten

Eier, Zucker, Mehl, Rahm, Mandelscheiben, Kirsch, Gelatinepulver, kandierte Kirsche

Geschichte

Die Bürgergemeinde Gränichen organisierte am 16. Juni 1961 einen grossen Empfang für ihren neu gewählten Bundesrat Schaffner. Zu diesem speziellen Anlass hatte der Bäcker-Konditor Ernst Wolleb vom Organisationskomitee den Auftrag erhalten, für ein besonderes Dessert zu sorgen. Er war der richtige Mann für eine solche Aufgabe, denn neben gutem Brot legte er ein besonderes Augenmerk auf spezielle Schokolade- und Tortenangebote.

„Mein Vater arbeitete damals an einem neuen Tortenrezept und kreierte eigens für diesen Anlass eine Kombination von Kirsch und Meringues“, so beschreibt der Sohn Rolf Wolleb die Entstehungsgeschichte. Die Torte wurde ein Erfolg, und noch immer pilgern die Leute aus nah und fern nach Gränichen, um sich an einem Stück Bundesratstorte zu laben.

Die Bäckerei Wolleb wurde durch eine Bäckerei-Konditorei in Seetal übernommen. Seither wird die Torte zum Teil im Seetaler Hauptgeschäft hergestellt. Ihr Hauptabsatzgebiet ist jedoch weiterhin die Region Gränichen.

Produktion

Die Bundesratstorte besteht aus fünf Schichten, nämlich aus zwei Meringuagen, zwei Rahm- und einer Biskuitschicht.

Der Kern der Torte bildet das Biskuit aus einer warmen Biskuitmasse. Dafür werden Eier und Zucker in einer Metallschüssel über dem Gasfeuer erwärmt und regelmässig gerührt, damit sie nicht am Boden ansitzen. Sobald die Temperatur der Masse handwarm ist, und der Zucker sich gelöst hat, spannt der Bäcker die Schüssel in die Rührmaschine ein und rührt die Masse schaumig. Danach fügt er das Mehl hinzu und mischt die Masse konstant. In der Fachsprache heisst das vorsichtige Untereinandermischen melieren. Wichtig ist, dass dabei der Kleber des Mehles nicht angeregt wird, weil sonst die Masse in sich zusammenfällt.

Als nächster Schritt legt der Bäcker Metallringe auf ein mit Backpapier belegtes Backblech und füllt die Biskuitmasse hinein. Die Ringe sind ungefettet, damit sich das Biskuit nicht vom Rand entfernt und eine unregelmässige Oberfläche erhält. Gebacken wird es während 25 bis 30 Minuten bei 180 bis 200 Grad.

Das abgekühlte Biskuit wird mit dem Messer in zwei gleich hohe Scheiben zerteilt. Der Bäcker stellt zwei Wähenbleche auf den Tisch und füllt sie mit einer Kirschwasserzuckerlösung. Nun platziert er die Biskuithälften mit der aufgeschnittenen, porösen Seite in die Flüssigkeit, bis diese komplett vom Biskuit aufgesogen ist.

Für die Herstellung des Merginguagebodens, einer Scheibe aus Meringuemasse, nimmt die Konditorin Eiweiss und etwas Zucker und gibt es in die Rührmaschine. Nach etwa 30 Minuten ist die Eiweissmasse fest genug, um den restlichen Zucker beizugeben und die Masse von Hand zu melieren. So erspürt sie mögliche Zuckernester, die es zu vermeiden gilt, und überprüft die Konsistenz der Eiweisszuckermasse. Ist sie mit dieser zufrieden, dressiert sie mit dem Dressiersack die Meringuageböden auf ein mit Backpapier ausgelegtes Aluminiumblech. Die Konditorin arbeitet dafür von innen nach aussen: Sie dressiert ein „Schneggli“. Nun kommen die gefüllten Backbleche in den Ofen. Da die Meringuage bei tiefer Hitze gebacken werden muss, erfolgt das Backen am Ende des Arbeitstages eines brotbackenden Bäckers. Bei etwa 120 bis 150 Grad Celsius wird die Meringuage während etwa zwei Stunden gebacken. Die Eiweisszuckermasse erlebt einen leichten physikalischen Trieb, das heisst die Luft, die in der Masse eingeschlossen wird, erwärmt sich und dehnt sich aus. So werden die Luftblasen grösser und das Volumen der Backware steigt. Würde man die Hitze erhöhen, würde die Meringuage luftiger und somit höher. Doch die hier verarbeitete Meringuage braucht eine gewisse Stabilität und zu grosse Luftlöcher würden sie zerbrechlich machen. Bevor die Meringuageböden weiter verarbeitet werden, müssen sie abkühlen. Sie bleiben deshalb für einen Tag an einem warmen, trockenen Ort.

Zu guter Letzt wird die Torte zusammengesetzt. Der Boden bildet die Meringuage, darauf kommt eine erste Lage Rahm. Dieser wurde vorab geschlagen, leicht gezuckert und mit Gelatinepulver etwas stabiler gemacht. Mit dem Plastikspatel nimmt der Bäcker eine Portion Schlagrahm und verteilt ihn auf dem Meringuageboden, er darf über den Rand hinaus kommen. Als dritte Lage wird nun das getränkte Biskuit aufgelegt. Die vierte Lage ist wieder Schlagrahm. Der Schlagrahm wird über alle Lagen auf die Tortenseite verteilt, die Tortenoberseite wird gleichmässig glatt gestrichen. Nun erhält die fast fertige Torte an der Seite eine Dekoration aus gerösteten Mandelscheiben. So kommt sie auf ein grosses, dünnes Holzbrett auf dem das Tortenspitzpapier schon bereit liegt. Nun platziert der Bäcker die letzte Lage: Die fünfte Schicht ist ein zweiter Meringuageboden.

Konsum

Die Torte hält sich bis zu zwei Tagen, frisch aus dem Laden schmeckt sie am besten. Wer nicht eine ganze Torte verspeisen möchte, kauft sich die Torte stückweise. Tiefgekühlt ist die Bundesratstorte ebenfalls erhältlich.

Zu den üblichen Feier- und Festtagen wird eine grössere Anzahl der Torte produziert und verkauft. Sie eignet sich als Dessertstück und als Teil einer gediegenen Kaffee- oder Teerunde. Im Hochsommer wird die Torte weniger verkauft, das ist aber kein Einzelfall. Kommen die heissen Sommertage, dann geht der Verkauf von süssem Gebäck insgesamt zurück.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Torte wird täglich produziert und ist für die Konditorei in Gränichen die bedeutendste Hausspezialität.

... anderes

Hans Schaffner (1908 - 2004), der vierte Bundesrat mit Aargauer Wurzeln, wuchs in Meiringen, im bernischen Haslital, auf. Sein Heimatort war jedoch Gränichen/AG. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften wurde er Beamter im damaligen Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Biga, heute seco). Er war massgeblich am Aufbau der Kriegswirtschaft beteiligt, zu deren Chef ihn der Bundesrat im Mai 1941 ernannte. In der Bundesratswahl von 1959 unterlag der freisinnige Schaffner als wilder Kandidat nur knapp dem Sozialdemokraten Hans Peter Tschudi. Zwei Jahre später schaffte er die Wahl in den Bundesrat, nun als offizieller Kandidat der FDP. Er war der erste und bis heute einzige Spitzenbeamte der Zentralverwaltung, der Bundesrat wurde.

Inzwischen ist Schaffner nicht der einzige Bundesrat, dem eine kulinarische Spezialität gewidmet ist: Kaspar Villiger wurde 1989 ebenfalls mit einer Torte verewigt, die im oberen Wynental hergestellt wird. In Endingen kann man an „Ruth Dreifuss“, einem speziellen Guetzli, knabbern.

Literatur

  • Aargauer Zeitung,   AZ Medien (?),   23.12.2004.  
  • Aargauer Zeitung,   AZ Medien (?),   18.5.2002.  
  • Feinkostführer der Schweiz,   Facts (?),   Zürich,   10.9.1998.  
  • hls-dhs-dss.ch/textes/d/D4722.php (Historisches Lexikon der Schweiz),   URL,   11.02.2005.  
Konditorei- und Backwaren Drücken

Produktionsepizentrum

Seengen, Gränichen als Bundesratsstorte; als Rahmkirschtorte ganze Schweiz.

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