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Bündner Bergkäse

Bündner Bergkäse

In Kürze

Der Bündner Bergkäse ist ein vollfetter Halbhartkäse aus thermisierter Bergmilch. Ein Bündner-Bergkäse-Laib wiegt rund 4,5 Kilogramm und weist einen Durchmesser von etwa 27 Zentimetern auf. Sein Käseteig enthält kaum Löcher. Im Handel ist der Bündner Bergkäse sowohl in milder, würziger als auch rezenter Form erhältlich, je nachdem, wie lange man ihn hat ausreifen lassen. Zusätzlich gibt es Bündner Bergkäse in halbfetter oder viertelfetter Ausführung, also mit 25 bzw. 15 Prozent Fettanteil in der Trockenmasse.

Der Bündner Bergkäse unterliegt der Berg- und Alp-Verordnung. Die Bezeichnung „Bergkäse“ darf nur verwendet werden, wenn die Milch in einer gewerblichen Käserei aus dem Berggebiet (über 600 Meter über Meer) verarbeitet wird. Im Gegensatz zum saisonal hergestellten Alpkäse produziert man Bergkäse ganzjährig.

Insgesamt produzieren 13 Käsereien, die im ganzen Kanton verstreut sind, etwa 540 Tonnen Bündner Bergkäse. Über den Grosshandel ist der Bündner Bergkäse fast in der ganzen Schweiz verbreitet. Die Vermarktung wird von einer Sortenorganisation übernommen.

Neben dem Bündner Bergkäse existiert in der Schweiz eine riesige Anzahl an weiteren halbharten Bergkäsen (wie auch Mutschli), die lokal, regional und teilweise kantonal vertrieben werden. Die allermeisten davon sind ab der 1990er bis 2010er Jahre entstanden und werden in weit kleinerem Umfang hergestellt.

Beschreibung

Der Bündner Bergkäse ist ein vollfetter Halbhartkäse aus thermisierter Bergmilch. Ein Bergkäselaib ist ca. 4,5 Kilogramm schwer. Je nach Dauer der Reifung sind die Bergkäse mild, würzig oder rezent.

Variationen

Es gibt auch halbfetten und viertelfetten Bündner Bergkäse. Beide werden aus pasteurisierter Milch hergestellt. Sie sind bereits nach vier bis sechs Wochen konsumreif und entsprechend milder im Geschmack als der vollfette Bergkäse.

Zutaten

Thermisierte Bergmilch, Milchsäure-Bakterienkulturen, Lab. Später Salz und Wasser für das Salzbad und die Pflege der Rinde.

Geschichte

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurde im Kanton Graubünden, wie auch in allen anderen Schweizer Bergkantonen nur auf den Alpen gekäst. Klar definierte Käsesorten mit einheitlichem Charakter gab es damals nicht. Eine wichtige Weiterentwicklung der Schweizer und Bündner Käsereigeschichte bedeutete das Aufkommen der Käserei in den Dörfern, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Emmental seinen Anfang nahm.

Laut dem Vertreter der Sortenorganisation des Bündner Bergkäses nahm im Kanton Graubünden im Jahre 1842 eine erste Dorfsennerei in Seewis die Käseproduktion auf. Damals spielte die Käserei in Graubünden (noch) keine wichtige wirtschaftliche Rolle – im Gegensatz zur Käserei in den meisten anderen Bergkantonen. Davon zeugt etwa die Aufzählung der unterschiedlichen Nutzung des Rindviehs im historischen, geografischen und statistischen Werk „Gemälde der Schweiz. Der Kanton Graubünden“ aus dem Jahre 1838: Die Herstellung von Milchprodukten ist klar an letzter Stelle gerückt und wird wirtschaftlich als „verhältnismässig sehr unbedeutend“ beschrieben. Wichtiger waren die Rinderzucht für den Export ins Unterland wie auch nach Italien, die Nutzung des Viehs als Lasttier und die Mästung von Schlachttieren. Offenbar war man sogar auf den Import von Milchprodukten angewiesen, „(…) bezieht doch Bünden (…) vom Bregenzerwald her und weiter, alljährlich sehr bedeutende Lieferungen [von Butter und Käse] zum eigenen Verbrauch.“

Diese Situation begann sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu ändern. Damals entstanden die ersten Sennenkurse, seuchenpolizeiliche Bestimmungen wurden erlassen, in den 1920er-Jahren kam eine milchwirtschaftliche Beratungsstelle hinzu. Für Sanierungen der Alpbetriebe gab es ab 1930 kantonale Subventionen. All diese Massnahmen haben nicht nur zu einem Aufschwung der Vollfett-Käseproduktion in Graubünden geführt, sondern auch zu einer Verbesserung der Qualität und einer gewissen Vereinheitlichung der Produktion.

Der eigentliche Startschuss der Bündner-Bergkäse-Produktion dürfte in den 1950er-Jahren liegen, wie der Vertreter der Sortenorganisation erklärt: „Die pflichtbewusste Produktion von Halbhartkäse und der Verzicht auf Silofutter ist in den 1950er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden, seither wurde auch der Name Bündner Bergkäse verwendet.“ Mit der Modernisierung verschiedener Dorfkäsereien sowie der zunehmenden Verbreitung von silofreien Zonen in den 1970er-Jahren wurde der Grundstein gelegt, der den Bündner Bergkäse heute zum bekanntesten Schweizer Bergkäse macht.

Produktion

Bündner Bergkäse wird in 9 Dorfkäsereien (2016) hergestellt, die allesamt auf über 1000 Meter über Meer liegen und sich praktisch über den ganzen Kanton verteilen. Sie werden ganzjährig von etwa 500 Milchbauern beliefert.

Der Bündner Bergkäse zählt zur grossen Familie der halbharten Käse. Alle diese Käse durchlaufen einen sehr ähnlichen Produktionsprozess. Dass innerhalb der halbharten Käse trotzdem geschmackliche Unterschiede existieren, ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen. So verändert sich der Geschmack des Käses je nach Reifegrad. Kommt ein Bündner Bergkäse nach zwei bis drei Monaten in den Handel, ist er angenehm mild. Lässt man ihn länger reifen, wird er würziger und nach einem halben Jahr allmählich rezent. Hauptverantwortlich für den Geschmack sind schliesslich die Milchsäure-Bakterienkulturen, mit denen die Milch vor der Weiterverarbeitung geimpft wird. Sie verleihen dem Bündner Bergkäse durch die Vergärung des Milchzuckers und den späteren Eiweissabbau seinen typischen Geschmack.

Verkäst wird beim Bündner Bergkäse thermisierte, das heisst kurzzeitig auf 68 Grad erhitzte Milch. Diese Massnahme bietet sich an, weil in den Dorfsennereien die Rohmilch von mehreren Milchbauern zusammenfliesst. Dank der Thermisierung können unerwünschte Bakterienkulturen aus der gemischten Milch vernichtet werden, die sich sonst vielleicht entfalten. Im Gegensatz zur Pasteurisation bleibt ein Teil der Milch-Bakterienflora aber intakt und trägt somit zur Geschmacksbildung des Bündner Bergkäses bei.

Um aus der Bergmilch einen lagerfähigen halbharten Bündner Bergkäse zu machen, wird der Milch ein grosser Teil der enthaltenen 87% Wasser entzogen durch Beigabe von Lab, einem Enzym aus dem Kälbermagen. Eine halbe Stunde später, nachdem der Käser bei etwa 32 Grad das Lab beigegeben hat, ist die Milch geronnen. Sie wird nun verschnitten, „Bruch“ entsteht: Die geronnene Milch trennt sich in flüssige Sirte, auch Molke oder Schotte genannt, und feste Käsekörner, die vor allem Milchfett und -eiweiss enthalten. Damit den Körnern ausreichend Flüssigkeit entzogen werden kann, verschneidet sie der Käser etwa kaffeebohnengross. Danach wird der Käsebruch unter permanentem Rühren auf 41 bis 47 Grad erhitzt, wodurch sich die Körner weiter zusammenziehen und Sirte auspressen. Für einen Hartkäse wie Emmentaler oder Sbrinz müssten die Körner noch kleiner verschnitten und auf über 50 Grad erhitzt werden, um ihnen noch mehr Flüssigkeit zu entziehen. Hartkäse können entsprechend länger gelagert werden, weil die Geschwindigkeit der Reifung und Bakterientätigkeit stark vom Wassergehalt der Käsemasse abhängt.

Nun verteilt der Käser die geronnene Masse in runde Käseformen, Järb genannt. Mit einem Gewicht wird während eines ganzen Tages weiter Sirte ausgepresst. Die frischen Laibe kommen nach dem Pressen für weitere 24 Stunden in ein Salzbad. Das Salz entzieht der Randpartie Wasser und setzt sich dort fest, es kommt zur Rindenbildung. Zudem wandert das Salz langsam in den Käseteig und wirkt so als Aromaverstärker.

Schliesslich beginnt die Reifung in den Lagerkellern der Käsereien. Sie dauert mindestens drei Monate. Bei der Reifung geht es darum, ideale Bedingungen zu schaffen, damit die Bakterienkulturen das Eiweiss und die Milchsäure wunschgemäss in kleine, aromawirksame Stoffe abbauen. Es darf in den Kellern nicht wärmer als 18 Grad sein, sonst könnten plötzlich Löcher und Fehlaromen im Teig entstehen. Eine hohe Luftfeuchtigkeit von über 88% ist ebenfalls notwendig, denn beim Bündner Bergkäse wird die Reifung zusätzlich von aussen beeinflusst: Mit Bürsten wird gesalzenes Wasser auf die „grünen“ Käse geschmiert, wobei eine natürliche Schmiereflora, bestehend aus Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen, entsteht. Diese Schmiereflora baut Milchsäure ab, fördert Aromen und Geschmacksentwicklung, unterstützt die Rindenbildung, bildet die typisch rötlich-braunen Farbpigmente der Rinde und schützt den Käse vor Verschimmelung und anderen unerwünschten Mikroorganismen.

Konsum

Bündner Bergkäse wird in verschiedenen Reifegraden vor allem als Schnittkäse zu Brot oder „Gschwellti“ konsumiert. Er eignet sich aber auch zur Zubereitung eines Fondues oder zum Gratinieren.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Gesamtproduktion von Bündner Bergkäse beträgt gut 540 Tonnen. Neben dem Verkauf in den produzierenden Käsereien wird der halbharte Bergkäse aus dem Bündnerland über eine Handelsfirma schweizweit im Gross- sowie im Detailhandel vertrieben. Auch die Gastronomie ist ein wichtiger Abnehmer von Bündner Bergkäse.

... anderes

Die neun Käsereien bzw. Sennereien von Bündner Bergkäse befinden sich in den Dörfern Andeer, Bever, Brigels, Lumbrein, Müstair, Nufenen, Splügen, Sufers und Vals. Die Sennerei von Bever im Engadin liegt auf 1700 Meter über Meer und gilt als Europas höchstgelegene Käserei. Gekäst wird auch in den Bündner Südtälern Puschlav, Bergell und Misox, aber nach Tessiner Art.

Literatur

  • Die Spezialitäten aus Graubünden. Entstehung, Geschichte, Anekdoten,   Terra Grischuna Extra,   Chur,   1991.  
  • Montandon, Jacques,   Käse aus der Schweiz,   Lausanne,   1981.  
  • Schnieper, Robert,   Unser Käse. Ein Stück Schweiz,   Mondo Verlag,   Vevey,   1995.  
  • Terra Grischuna. Zeitschrift für bündnerische Kultur, Wirtschaft und Verkehr. Februar 1964,   Chur,   1964.  
  • Röder, G.W. und P.C. Von Tscharner,   Der Kanton Graubünden. XV. Heft. (Gemälde der Schweiz),   Huber und Compagnie,   St. Gallen/Bern,   1838.  
  • Gutzwiller, Karl,   Die Milchverarbeitung in der Schweiz und der Handel mit Milcherzeugnissen,   Buchdruckerei Kühn & Comp.,   Schaffhausen,   1923.  
  • Trägerverein alpinavera,   alpinavera,   Chur,   2017.  
  • Sortenorganisation Bündnerkäse ,   Sortenorganisation Bündnerkäse ,   Chur,   2017.  
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Produktionsepizentrum

Insgesamt 13 Sennereien im ganzen Kanton.

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