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Sèche, Gâteau à la sèche, Gâteau au beurre (Butterkuchen)

In Kürze

In den Kantonen Waadt und Neuenburg bezeichnen die Begriffe «sèche» (von sec, trocken) und «gâteau de beurre» (Butterkuchen) runde, salzige und dünne Fladen (quasi dünn wie Backblech), die mit allerhand verschiedenen Produkten belegt werden können. Umgekehrt kann ein und dasselbe Produkt mit beiden Namen gleichermassen bezeichnet werden. Je nach Personen und Orten kann ein Mürbeteigfladen, der mit Butter garniert ist, «gâteau au beurre» oder «sèche au beurre» heissen. Doch für eine Mehrheit der befragten Personen (wie auch überwiegend in Rezeptbüchern) bedeutet der «gâteau au beurre» ein flacher Kuchen auf der Basis von Brotteig, belegt mit Butter und kurz gebacken bei sehr hoher Temperatur, die konventionelle Backöfen nicht bieten können.

Die «sèche» kann man mit Brotteig, Mürbeteig oder Blätterteig fabrizieren. Der Begriff «sèche» oder «sèche au…» ist nur im Kanton Neuenburg verbreitet. In der Waadt spricht man von einem «gâteau à la sèche au lard», der einem vergleichbaren im Neuenburgischen entspricht. Festzuhalten ist noch, dass «sèches» im ganzen Kanton Neunburg gebacken werden, im Kanton Waadt dagegen vor allem in den Weinbauregionen.

Beschreibung

Gâteau de beurre: fladenartiger Kuchen (vergleichbar mit Flammenkuchen oder Wähe) auf der Basis von Brotteig, belegt mit Butterröllchen (noisettes de beurre); serviert, wenn die Butter zerflossen und eine leicht bräunliche Farbe hat.

Sèche: fladenartiger (je nach Teigart sehr dünner) Kuchen auf der Basis von Brotteig, Mürbeteig oder Blätterteig, belegt mit Butterröllchen oder bestrichen mit flüssiger Butter und garniert.

Zutaten

Lauwarmes Wasser, Salz, Hefe, Zucker (fakultativ), Ruch-, Halbweiss- oder Weissmehl, Butter; Garnitur nach Wahl wie Speckwürfel oder -streifen, Kümmel, Salz, Zucker etc. Der Belag des «Gâteau au beurre» enthält immer Butter, sei sie mit andern Ingredienzen kombiniert oder einfach solo.

Geschichte

Laut dem Dictionnaire suisse romand datiert die erste Erwähnung des Begriffs «sèche» im Jahr 1891 und ist waadtländisch. Demnach handle es sich um eine «Substantivierung des Adjektivs [sec, sèche], ein so bezeichnetes Gebäck unterscheidet sich durch seinen trockenen und brüchigen Charakter». Die Belege aus der gleichen Epoche, die im Dictionnaire aufgeführt werden, zeigen, dass es sich um die gleichen Gebäcke wie heute handelte. «Sèches» und «Gâteaux au beurre» könnten gut älter sein, denn sie sind seit langem mit dem Brotbacken verbunden. Als die Brotbacköfen in Haushalten und Dörfern noch verbreitet waren, schob man die «Gâteaux au beurre» und andere «Sèches» in den Ofen, bevor man das Brot buk. Man liess also das Holz im Ofen brennen und setzte dann eine Ecke Brotteig hinein, um die Temperatur zu testen. War sie ausreichend, entfernte man das Brennmaterial und buk das Brot, anschliessend die Fruchtwähen. Im Lauf der Zeit wurde das Testobjekt mit Butter und andern Ingredienzen ausgestattet; so entstanden «gâteau au beurre» und «sèche». Das Backen der Kuchen, wenn das Holz noch im Ofen glüht, erlaubt die Optimierung des Brennmaterials.

Das Backen von «Gâteaux au beurres und «Sèches» ist mit dem Verschwinden der Familien- und Dorfbrotbacköfen weitgehend verloren gegangen. Anfang der 1970er-Jahre bereits beklagt Jacques Montandon in seinem Buch Neuchâtel à table die Seltenheit von Orten, wo man diese Gebäcke geniessen konnte. Hat man keinen Holzbackofen zur Verfügung, braucht man einen Spezialofen, der hohe Temperaturen erreichen kann. Nach unserem Wissen konnte man den «Gâteau au beurre» in der Confiserie Weber in Valangin NE kaufen – bis die Confiserie Ende März 2016 ihren Betrieb nach 142 Jahren einstellte.

Produktion

Gâteau au beurre

Die Hefe in lauwarmem Wasser (24°C; bei über 30°C kann die Hefe nicht mehr arbeiten) auflösen, etwas Mehl dazugeben und einen Vorteig (Hebel) kneten, den man bei Raumtemperatur acht Stunden gären lässt. Den Rest der Zutaten beigeben und alles zu einem geschmeidigen [Brot-]Teig verkneten, der nicht mehr an der Schüssel klebt. Bedecken und weitere vier Stunden ziehen lassen, was später eine sehr dünne Teigscheibe von circa einem Millimeter Höhe ermöglicht.

Den «Gâteau au beurre» backt man sehr heiss bei 400 bis 500°C maximal eine Minute lang. Das ist der traditionelle «Gâteau au beurre», aber man findet ihn auch mit Zutaten wie Kümmel, Speckwürfel oder –streifen, Zwiebeln, Champignons, Käse für die salzigen Kuchen sowie Zimt, dunkle oder Milchschokolade, Zitrone, Grand-Marnier, Äpfel und Calvados für die süssen.

 

Sèche

Bei der «Sèche» kann es sich um einen «Gâteau au beurre» handeln mit oder ohne Speck bzw. Kümmel, den man einmal backt wie oben beschrieben und dann vor dem Servieren ein zweites Mal, was ihn trockener macht.

Man kann eine «Sèche» auch mit Mürbeteig zubereiten. Der Teig wird, abgesehen von der Hefe, mit den gleichen Zutaten wie oben hergestellt. Teig wie für «Gâteau au beurre» sehr dünn auswallen und circa fünf Minuten bei 250°C backen. Man kann den Teig ohne Belag backen (sèche) oder vorher noch Butterflocken darauf verteilen (sèche au beurre), Speckwürfel bzw. –streifen, aber keine Butter (sèche au lard) oder auch Kümmel mit oder ohne Butter (sèche au cumin). Man kann auch Speck und Kümmel darauf verteilen, aber keine Butter … oder alles zusammen.

Die Verwechslungsgefahr besteht in erster Linie bei «sèche au beurre» und «gâteau au beurre»; manche nehmen das eine wie das andere und machen überhaupt keinen Unterschied zwischen beiden Bezeichnungen. Festzustellen ist freilich noch, dass man auf die «sèche au beurre» generell weniger Butter gibt als auf den «gâteau au beurre», damit jene trockener wird. In den Teig oder auf den gebackenen Kuchen kann man auch Zucker geben für eine «sèche sucrée».

Der «gâteau à la sèche au lard vaudois» ist ein Hybrid zwischen «gâteau au beurre» und «sèche au lard». Tatsächlich fabriziert man ihn mit Brotteig, backt ihn aber in einem konventionellen Ofen bei 250°C. Der Belag besteht aus Speckwürfeln bzw. –streifen, Kümmel und Salz. Man kann auch noch ein Ei dazugeben. Diese Variante wurde für eine Neuenburger «Sèche» nie erwähnt.

Produziert man die «Sèche» mit Blätterteig, wallt man diesen nicht all zu dünn aus, streicht mit dem Pinsel eine satte Lage flüssiger Butter darauf, salzt und schneidet dann mit dem Tortenrad die Mitte rautenförmig ein. Man kann diese «Sèche» zehn Minuten lang bei 210° C im vorgeheizten Ofen backen, pur oder garniert mit Speckstücken und/oder Kümmel. Mehrere befragte Personen haben angegeben, dass die Varianten mit Mürbe- und Blätterteig jünger sind. Die traditionelle «Sèche» wird aus Brot- oder Hefeteig gebacken. Laut befragter Mitglieder der Association des paysannes vaudoises (Waadtländer Bäuerinnenverband) werden «Sèches» im Kanton Waadt nie mit Blätter- oder Mürbeteig gemacht; des Weiteren kenne man die Fabrikation von «Sèches» im Léman-Becken und im Gros de Vaud erst seit einigen Jahrzehnten. In der Broye dagegen würden sie seit langem hergestellt.

Konsum

Gâteau au beurre

Den «Gâteau au beurre» isst man heiss, also direkt aus dem Ofen kommend. Die Butter muss noch flüssig sein. Man isst ihn zwingend vor Ort, transportfähig ist er nicht. Im oben erwähnten Tea Room von Valangin musste man sich im Speisesaal gleich neben der Backstube mit dem Holzbackofen installieren, um den «Gâteau au beurre» ohne Verzögerung zu erhalten.

Üblicherweise schneidet man Kuchen mit einem Durchmesser um die 25 cm in vier, solche mit um 50 cm Durchmesser in acht oder 16 Teile. Man präsentiert ihn auf einer runden Platte, vergleichbar mit Flammenkuchen im Elsass. Man nimmt mit den Fingern einen oder mehrere Stücke auf seinen Teller und rollt jedes einzelne von der Spitze zum Rand ein. Im privaten Umfeld isst man ihn manchmal am Stück, halbiert oder in Viertel gefaltet. In allen Fällen isst man ihn mit den Händen.

«Die Butter […] tröpfelt manchmal von den Mundwinkeln, aber ich glaube, dass diese Misslichkeit für den vollen Genuss unabdingbar ist», meint Jacque Montandon. Zum «Gâteau au beurre» trinkt man normalerweise Weisswein. Man isst ihn als volle Mahlzeit oder als Teil davon, aber auch als Happen zwischendurch. In Neuchâtel produziert eine Bäckerei den «Gâteau au beurre» nur an Markttagen. Auch wenn man ihn sofort verzehren sollte, kann man ihn nach dem Backen ein paar Minuten beiseite stellen. Da an einem Markt steter Andrang herrscht, dürfte der Absatz ausreichend sein, um den «Gâteau au beurre» in Tranchen zu verkaufen und nicht am Stück. Im erwähnten Tea Room von Valangin ass man den «Gâteau au beurre» stets als eigeneständige Mahlzeit.

Sèche

Die «Sèche» konsumiert man gerne zum Apéro, insbesondere wenn sie mit Blätterteig und ohne Butter im Belag fabriziert wird. Üblicherweise schneidet man sie dann in Rhomben oder Rechtecke in mundgerechter Grösse.

Man kann sie auch ganz einfach in Tranchen zerteilen und sie als volle Mahlzeit essen, speziell abends; eher auch wie «Gâteau au beurre» in all seinen Varianten. Denn letztlich ist die «Sèche» ein «Gâteau au beurre», angereichert mit Zutaten wie Speck, Kümmel, etc. und wird entsprechend genauso gegessen wie dieser.

Wirtschaftliche Bedeutung

Auch wenn der «Gâteau au beurre» bei den Bäckern, die ihn noch herstellen, ein Erfolgsprodukt ist, ist er im Handel und in Restaurants immer seltener zu finden. Privat backen ihn nur die wenigen Haushalte, die noch über einen Holzbackofen verfügen. Die Umständlichkeit beim Verzehr des «Gâteau au beurre», den man ja sofort essen sollte, fördert kaum seine kommerzielle Verbreitung.

... anderes

Die Ähnlichkeit zwischen dem «Gâteau au beurre» und dem Elsässer Flammekueche (tarte flambée alsacienne) ist augenfällig, denn dieser wird ebenfalls aus Brotteig gemacht, sehr heiss konsumiert, mit den Fingern eingerollt oder zusammengefaltet verzehrt. Auch der Flammekueche hat einen Rückgang erlebt, verursacht durch das Verschwinden der Brotbacköfen – bis ihn Mitte der 1960er-Jahre ein Gastronom neu lancierte.

Der Teig des «toetché» im Jura (siehe Fiche «toetché») wird ebenfalls sehr dünn ausgewallt, auch diesen Kuchen kann man eingerollt oder eingeklappt essen.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden in der Waadt sehr dünne Kartoffelküchlein (galettes de pommes de terre) fabriziert, garniert mit Kümmel, Salz oder gelegentlich mit etwas Butter. Sie wurden in einem feurigheissen Ofen kurz gebacken und gerollt oder gefaltet gegessen.

«Sèches» sind auch in der benachbarten Franche-Comté (Frankreich) verbreitet. Hier handelt es sich um einen Blätterteigkuchen mit einem Durchmesser von 20-25 cm, mit Zucker bestreut und leicht karamellisiert.

Literatur

  • Atlas der schweizerischen Volkskunde,   Weiss, Richard und Paul Geiger,   Basel,   1950.  
  • Francis Grandjean,   Recettes du terroir neuchâtelois: De nos arrière-grand-mères au nouveau millénaire,   H. Meseiller SA,   Neuchâtel,   2002.  
  • North, Marcel<BR />Montandon, Jacques,   Neuchâtel à table. Légende, histoire et vérité de la gourmandise en pays de Neuchâtel,   Ides et Calendes,   Neuchâtel,   1973.  
  • Knecht, Pierre,   Dictionnaire suisse romand,   Zoe,   1997.  
  • --<BR />,   L'Inventaire du patrimoine culinaire de la France: Franche Comté,   Albin Michel - CNAC,   Paris,   1993.  
  • Hubert J. Gross,   Trois lacs-Un Terroir: A table au pays de l’Expo.02,   Fragnières S.A.,   Fribourg,   2002.  
  • Vouga, J.-P.,   Encyclopédie illustrée du Pays de Vaud - vol.11,   Editions 24 Heures,   Lausanne,   1984.  
  • Fonds Encyclopédie illustrée vaudoise.  
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