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Selzacher Umgangspastete

Selzacher Umgangspastete

In Kürze

Die Selzacher Umgangspastete ist eine halbkreisrunde, pikante Pastete aus Blätterteig und einer Füllung aus klein geschnittenem, gebeiztem Schweinefleisch. Bei einer perfekten Selzacher Umgangspastete ist die Aussenseite knusprig, der buttrige Teig innen schön feucht, das Fleisch schmeckt erfrischend säuerlich, ähnlich wie etwa gebeiztes Wild, und verfügt über eine starke Nägelinote. Die Selzacher Umgangspastete ist in drei unterschiedlichen Grössen erhältlich: Die grosse reicht für vier bis fünf Personen, die normale für drei bis vier und die kleine für ein bis zwei Personen.

Die Selzacher Umgangspastete ist eine Spezialität aus der solothurnischen Gemeinde Selzach. dDie Pastete ist mit zwei katholischen Bräuchen verbunden und nur an den darauffolgenden Samstagen erhältlich: Fronleichnam und Allerheiligen.

Die Selzacher Umgangspastete ist eng verwandt mit der Bettlacher Klemenzpastete. Beide sind der kulinarische Höhepunkt ihrer jeweiligen Dorffeste. Die Bettlacher Klemenzpastete besteht jedoch aus einer Apfelfüllung.

Der Begriff Umgangspastete erklärt sich aus der Fronleichnamsprozession, die auch „Umgang“ genannt wurde.

Beschreibung

Eine halbkreisrunde Pastete aus Blätter- oder Kuchenteig, gefüllt mit einer Fleischmasse.

Zutaten

Füllung:Weisswein, Salz, besteckte Zwiebel, in Streifen geschnittener Lauch (fak.), Peterli, Liebstöckel, Wacholderbeeren, evtl. andere Küchenkräuter, gewürfeltes Schweinefleisch.
Teig: Blätter- oder Kuchenteig, Ei.

Geschichte

In einer Schrift, die im Jahr 1991 zum 40jährigen Bestehen der besuchten Bäckerei-Confiserie erschien, ist Folgendes zu lesen: „Dem Vernehmen nach soll Jakob Berchtold-Saner – im Dorf als „Saner Joggeli“ bekannt – das Gebäude 1897 erbaut haben. (…) Man ging fortan zum Saner Beck, um sich mit allerlei Gebackenem zu versorgen. So muss seine Umgangs-Pastete ein begehrter Leckerbissen gewesen sein. Dieses Rezept wird übrigens heute noch verwendet.“ Als die Eltern des besuchten Bäcker-Konditor-Confiseurs im Jahr 1951 das Geschäft vom vorherigen Inhaber übernahmen, übergab dieser ihnen auch das Rezept für die Selzacher Umgangspastete. „Vermutlich wird die Selzacher Umgangspastete seit dem Jahr 1930 in dieser Bäckerei hergestellt“, berichtet die befragte Confiseurin. „Wenn nicht schon länger, denn unser Vorgänger hatte das Rezept ebenfalls von seinem Vorgänger.“

In Selzach wird das Fronleichnamsfest seit dem Mittelalter feierlich begangen. Im Jahre 1678 wurde die Selzacher Bruderschaft zum Allerheiligsten von Papst Innozenz XI. bestätigt und Fronleichnam zum Bruderschaftstag erklärt – das Fest wurde grösser. Im Jahre 1746 wurde das Hauptfest auf den Sonntag nach Fronleichnam verlegt. Auswärtig wohnende Selzacher und Selzacherinnen kommen noch immer gerne an diesen Tagen ins Dorf zurück. Die Chilbi zu Fronleichnam dauert von Freitag bis Sonntag.

Produktion

Für die Fleischfüllung schneidet der Bäcker Schweinefleisch in daumengrosse Würfel und legt diese in die Beize – eine selbstgemachte Mischung aus Weisswein, Salz, einer besteckten Zwiebel, grünen Kräutern und Gewürzen (z. B. in Streifen geschnittener Lauch, Peterli, Liebstöckel, Wacholderbeeren). Nach einer Woche nimmt er das Fleisch aus der Beize und lässt es gut abtropfen.

Der Blätterteig wird von der Auswallmaschine auf eine Dicke von fast vier Millimetern ausgewallt. Mit Hilfe eines grossen Kuchenblechs und eines Teigrädchens schneidet der Bäcker Rondellen von ca. 40 Zentimetern Durchmesser aus. Die Hälfte des runden Teiges belegt er mit den gebeizten Fleischstücken. Den Teigrand bestreicht der Bäcker mit Ei, die zweite Teighälfte wird übergeschlagen und der Teigrand mit der Gabel oder einem breiten Teigrad fest angedrückt. Zum Schluss bestreicht er die halbkreisrunde Pastete mit Eigelb, zeichnet mit der Gabel ein Muster und sticht den Teig oben an einigen Stellen ein. Bei 220 bis 240 Grad Celsius wird sie während ca. 45 Minuten goldbraun gebacken. Wichtig dabei ist, dass die Ränder gut verschlossen sind, so dass keine Flüssigkeit ausläuft, die den Teig weich machen würde.

Beim besuchten Bäcker ist es üblich, dass die Kundschaft die Umgangspastete im Voraus bestellt. Der Grossteil holt sie am Samstag gegen 11 Uhr warm und essbereit ab. „In der eigenen Küche kann sie natürlich auch aufgewärmt werden, ca. zehn bis fünfzehn Minuten mit Umluft bei 200 Grad“, empfiehlt der Bäcker.

Konsum

Die Selzacher Umgangspastete ist eng mit den zwei katholischen Bräuchen Fronleichnam und Allerheiligen verbunden und wird ausschliesslich an den Samstagen nach diesen Feiertagen konsumiert.

Der befragte Bäcker empfiehlt, die Selzacher Umgangspastete möglichst warm zu geniessen. Dazu passt ein Salat oder Gemüse und ein spritziger Weisswein. Der Bäcker stellt fest, dass die Selzacher Umgangspastete vor allem eine einheimische Kundschaft hat, die eher 40 Jahre und älter ist. Es sind eher die traditionsbewussten Familien, die eine Pastete bestellen. Sie wird hauptsächlich zum Mittagessen verspeist.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Selzacher Umgangspastete ist ein fester Bestandteil der Dorfkultur. Im Frühling stellt der Bäcker rund 100 Pasteten her, im November sind es weniger, etwa ein Drittel bis ein Viertel. In den 1980er/1990er Jahren fand ein starker Rückgang in der Nachfrage der Selzacher Umgangspastete statt, die Bäckerei belebte daraufhin den Verkauf gezielt mit Werbung. Auch heute macht die Bäckerei auf die Umgangspastete jeweils auf der Scheibe des Schaufensters aufmerksam. Bis vor zwei, drei Jahren existierte in Selzach eine zweite Bäckerei, welche die Selzacher Umgangspastete herstellte. Heute gibt es sie nicht mehr, trotzdem verfügt Selzach weiterhin über eine grosse Anzahl von Bäckereien, drei Stück sind es auf eine Bevölkerung von gut 3’000 Personen. Die zwei anderen haben, so weit sich der besuchte Bäcker erinnern kann, nie Umgangspasteten verkauft. Die grosse Version kostet CHF 29.-, die mittlere CHF 24.- und die kleine Pastete CHF 13.-.

... anderes

Das Fronleichnamsfest ist ein Fest im römisch-katholischen Kirchenjahr. Gefeiert wird die leibliche Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie. In den Ortschaften, in denen Fronleichnam kein arbeitsfreier Tag ist, wird das Fest meist am Abend oder am darauf folgenden Sonntag gefeiert. An die Heilige Messe schliesst sich in der Regel die Prozession an, bei der die Gläubigen die vom Priester getragene Monstranz mit dem Allerheiligsten (eine konsekrierte Hostie) in einem Festzug unter Gesang zu mehreren geschmückten Aussenaltären begleiten.

Literatur

  • Pfluger, Elisabeth,   Solothurner Liebesbriefe. Gebäck im Jahreslauf,   Solothurn,   1982.  
  • Kocher, Ambros,   Selzach. Gemeinde und Volk,   Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinde Seözach,   1972.  
  • Selzacher Dorffest-Zeitung, 30.5.-2.6.1991. 700-Jahr-Feier der Eidgenosssenschaft in Selzach,   Selzach,   1991.  
  • Pfluger, Elisabeth,   Vill Haag und weeni Garte. Solothurnereien oder Eigenheiten und Dorfneckereien von Aedermannsdorf bis Zullwil,   Aare,   Solothurn,   1990.  
Konditorei- und Backwaren Drücken

Produktionsepizentrum

Selzach / SO

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