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St. Galler Stumpen

In Kürze

Der St. Galler Stumpen ist eine feine geräucherte Brühwurst aus Kuh- und Schweinefleisch. Er ist im Kanton St. Gallen und in den angrenzenden Gebieten der Ostschweiz verbreitet.

Auf den ersten Blick sieht er gleich aus wie des Schweizers Lieblingswurst, der Cervelat. Rotbräunlich, leicht gekrümmt und von dickem Kaliber präsentiert sich der St. Galler Stumpen dem neugierigen Wurstkonsumenten. Und auch geschmacklich sind die beiden Brüder. Die augenscheinlichen Parallelen mögen den einen oder anderen gar zur Aussage verlocken, dass es sich um dieselbe Wurst handelt. Heute mag dies auch hin und wieder so sein - die Rezeptanforderungen für den St. Galler Stumpen sind nirgends verbindlich festgehalten: "Seit dem neuen Lebensmittelgesetz gibt es weder für den Cervelat noch für den St. Gallerstumpen strenge Richtlinien bezüglich Rezeptur." Dies war aber nicht immer so. Ein originaler St. Galler Stumpen unterscheidet sich vom Cervelat in Bezug auf Rezept und Gewicht - wenn auch nicht signifikant.

Beschreibung

Der St. Galler Stumpen ist eine Brühwurst. Rein äusserlich ist sie dem Cervelat ähnlich. Sein Brät besteht jedoch aus Kuh- und Schweinefleisch, wohingegen der Cervelat nur mit Rindfleisch gemacht wird. Sein Brät wird etwas feiner ausgeblitzt als das des Cervelats. Dadurch ist er eine etwas feinere Wurst. Er wird in verschiedenen Grössen gemacht, grundsätzlich ist er jedoch etwas länger und dicker als der Cervelat. Die meisten Metzger verkaufen ihn paarweise zu je 160 Gramm.

Zutaten

Kuhfleisch, Schweinefleisch, Halsspeck und Schwartenblock, Rindskranzdarm, Nitritpökelsalz, Frischzwiebeln, Pfeffer, Koriander, teilweise Glutamat, Muskatnuss, Paprika und Nelken.

Geschichte

Der St. Galler Stumpen ist eine Metzgerwurst und ein Produkt der bekannten Ostschweizer Metzgertradition. Der Atlas für schweizerische Volkskunde, eine wissenschaftliche Untersuchung über das Alltagsleben in der Schweiz aus der Zeit von vor dem 2. Weltkrieg, nennt den Stumpen, damals hin und wieder auch Züristumpe genannt, als Spezialität des Metzgerhandwerks des Kantons St. Gallen und von Appenzell Ausserrhoden. Der aargauische Gewährsmann des Atlas schrieb damals: "Die meisten Metzger gehen in die Ostschweiz, um das Wursten zu lernen."

Die Erwähnung im Atlas zeigt, dass der St. Galler Stumpen mindestens seit den 1930er Jahren im Kanton St. Galler hergestellt wird. Dass sie schon damals als traditionelle Ostschweizer Wurst bezeichnet wird, deutet sogar darauf hin, dass sie noch ein paar Jahre älter ist.

Der Aufstieg des St. Galler Stumpens begann wohl, ähnlich wie beim Cervelat, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als mit der Industrialisierung eine kontinuierliche Versorgung mit Lebensmitteln notwendig wurde und man Nahrung brauchte, die relativ schnell konsumiert werden konnte, als stärkende Mittagsmahlzeit oder als Znüni und Zvieri. Fleisch war im 19. Jahrhundert ein Statussymobl und wurde zum Supernahrungsmittel der Industriegesellschaft stilisiert. Warum? Man nahm an, dass Muskelarbeit direkt aus dem Verbrauch von Eiweiss resultiere und Fleisch deshalb unabdingbar sei, um einen hohen Leistungsstandard aufrechtzuerhalten.

Produktion

Die genaue Zusammensetzung des St. Galler Stumpens ist nicht reglementiert. Grundsätzlich gehört in einen St. Galler Stumpen Kuhfleisch, Schweinefleisch, Speck vom Hals, Schwartenblock und Eiswasser. Hinzu kommen als Gewürze, Pfeffer, Muskatnuss, Koriander, Knoblauch, Nelken, Paprika und Frischzwiebeln. Damit das Fleisch gut umgerötet wird, fügt man heute in der Regel Nitritpökelsalz hinzu. Bei der Herstellung gibt der Metzger Rindfleisch, Schweinefleisch, Speck, Schwartenblock, Salz und Gewürze in den Blitz und verarbeitet es unter Zugabe von Eis oder Wasser. Das Fleisch wird fein ausgeblitzt. Bei etwa 13 Grad Celsius nimmt man das Brät aus der Maschine und füllt es mit der Wurstspritze in einen Rindskranzdarm vom Kaliber 40/42. Danach hängt man die fertigen Würste an den Rauchwagen. Die Würste werden erst bei 50 bis 80 Grad Celsius heiss in kurzen Abschnitten (drei Mal etwa 20 Minuten) geräuchert und danach während 25 bis 30 Minuten bei 75 Grad Celsius gebrüht. Anschliessend werden die St. Galler Stumpen im Wasserbad oder unter der Wurstdusche gekühlt, damit sie sich nicht zusammen ziehen und schrumplig werden. Der ganze Prozess dauert ungefähr zwei Stunden.

Konsum

Der St. Galler Stumpen wird vorwiegend in den Sommermonaten gegessen. In der Ostschweiz liegt er regelmässig neben der Bratwurst auf dem Grill. Es gibt aber eine Vielzahl von anderen Möglichkeiten einen St. Galler Stumpen zu verspeisen: zum Beispiel roh mit einem Stück Brot oder an beiden Enden kreuzförmig eingeschnitten und auf einen Haselzweig aufgespiesst als Krebs über dem Feuer. Da er etwas feiner ist als der Cervelat ist er im Wurst-Käsesalat besonders beliebt!

Wirtschaftliche Bedeutung

St. Galler Stumpen ist neben der St. Gallerbratwurst und dem St. Galler Schüblig das dritte Aushängeschild der Ostschweizer Metzgerkunst und wird sowohl von Einheimischen als auch von Touristen gerne und häufig gekauft. Er ist für das St. Galler Metzgergewerbe ein wichtiges Produkt. Wie die St. Galler Bratwurst wird er schweizweit vertrieben und ist auch bei den Grossverteilern im Angebot.

... anderes

Der St. Galler Stumpen ist geschützt: Er darf nur so genannt werden, wenn er aus dem begrenzten Gebiet der Ostschweiz stammt. Dieses Gebiet entspricht den alten Bistumsgrenzen und schliesst auch Gebiete aus dem Thurgau, den beiden Appenzell, Glarus und einem Teil des Kantons Zürich ein. Warum ist das so? Der St. Galler Stumpen erfüllt die Voraussetzung für ein Produkt mit Herkunftsangabe. Herkunftsangaben sind direkte (St. Gallen) oder indirekte Hinweise auf die geografische Herkunft von Waren. Die Herkunftsangaben geniessen unabhängig von jeglicher Registrierung einen allgemeinen „sui generis“-Schutz. Alle Produkte – landwirtschaftliche und sonstige – werden geschützt, sofern sie die im  Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben verankerten Voraussetzungen erfüllen.

Literatur

  • Atlas der schweizerischen Volkskunde,   Weiss, Richard und Paul Geiger,   Basel,   1950.  
  • Stichwort Fleisch. Hg. v. Schweiz. Genossenschaft für Schlachtvieh und Fleischversorgung (GSF). Bern 1985,   Stichwort Fleisch,   Hg. v. Schweiz. Genossenschaft für Schlachtvieh und Fleischversorgung (GSF),   Bern,   1985.  
  • Hanselmann, Kurt,   St. Galler Küche. La Cuisine de St-Gall. St. Gallen Cooking,   FONA Verlag.,   Lenzburg,   2006.  
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,   Staub, Friedrich et al..  
  • Schweizer Würste, Saucisses suisses. Fachinformationen und Rezepturen,   Schweizerischer Fleisch-Fachverband SFF,   Zürich,   2006.  
  • Der Schutz der Herkunftsangaben in der Schweiz,   www.ige.ch /D/jurinfo/j104.shtm,   18.09.3007.  
  • Historicum, Zeitschrift für Geschichte,   1995.  
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Produktionsepizentrum

Kanton St. Gallen und angrenzende Gebiete in der Ostschweiz.
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