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Augustiner Schüblig

In Kürze

Der Augustiner Schüblig ist eine Brühwurst aus Rind-, Schweine- und Speckfleisch. Er ist unserer Nationalwurst, dem Cervelat, ziemlich ähnlich, jedoch grösser und mit gröberem Brät ausgestattet. Das Besondere am Augustiner Schüblig ist die unverkennbare backsteinrote Farbe des Darms, die durch ein kurzes Bad in einer speziellen Tinktur entsteht.

Hergestellt wird die kurz geräucherte Brühwurst als geschützte Marke von einer Grossmetzgerei im Zürcher Limmattal, von wo aus der Augustiner Schüblig an diverse Metzgereien und Gastrobetriebe im Grossraum Zürich verteilt wird.

In der Folge soll der Ausdruck Schüblig näher betrachtet werden: „Häsch Schüblig i de Ore?“, heisst ein bekannter Ausspruch in der Ostschweiz, der allerdings nicht wurstwörtlich zu nehmen ist. Gemeint ist damit, dass jemand schlecht hört, respektive das Gesagte nicht verstehen will. Ein Blick in den im Jahre 1920 erschienenen achten Band des Idiotikons erklärt, wie es zu diesem Ausdruck gekommen ist: Ein Schüblig, so ist dort zu lesen, ist unter anderem die Bezeichnung einer Baumwollflocke zum Stopfen der Ohren. Daneben zählt das Idiotikon eine Reihe weiterer Bezeichnungen auf, die alle einen Bezug zum Stopfen haben.

Vermutlich erhielt auch die Wurst, abgeleitet von dieser Bedeutung, ihren Namen. Definiert wird die Wurst im Idiotikon als "eine Wurst von grober Struktur". Nun gibt es aber, wie schon erwähnt, eine ganze Reihe von unterschiedlichen Würsten, welche die Bezeichnung Schüblig mit sich tragen. Gemein sind all diesen „Schüblig-Würsten“ dieselben Grundzutaten: Rind- und Schweinefleisch sowie Speck. Auch die grobe Struktur ist, wie Metzger und Experten bestätigen, ein gemeinsames Merkmal der Schüblige. Allerdings hat sich dies in den letzten Jahren geändert. "Heute wünschen sich die Konsumenten weniger Speck und Schwarte. Deshalb ist der Schüblig nicht mehr zwangsläufig eine grobe Wurst", sagt ein Experte. An der Struktur zeigt sich auch ein Stadt-Land-Unterschied, wie ein anderer Experte erläutert: "In der Stadt sind die Würste heute in der Regel feiner." 

Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es innerhalb der Schüblig-Familie auch ein grosses Unterscheidungsmerkmal: die Herstellungsart. Auf der einen Seite sind die Rohwürste wie der Bauernschüblig oder der Toggenburger Bauernschüblig, die meistens kalt und ungekocht konsumiert werden, und auf der anderen Seite die Brühwürste, die in der Regel im Wasser gesiedet oder gegrillt werden. Zu diesen zählen der hier beschriebene Augustiner, der Bassersdorfer, der Glarner sowie der bekannte St. Galler Schüblig.

Erste Dokumente zum Schüblig sind bereits im 13. Jahrhundert zu finden. Wie genau diese frühen Schüblige aussahen bleibt unklar; aus den Quellen wissen wir einzig mit Sicherheit, dass sie geräuchert wurden. Mit den heute bekannten Schübligen dürften sie allerdings wenig Ähnlichkeit gehabt haben. 

Beschreibung

Brühwurst mit leicht körniger Zeichnung und backsteinrot gefärbtem Schweinsdarm. Form: rund, mit leichter Krümmung Länge: 17 cm oder 20 cm Kaliber: 32 bis 34 mm Gewicht: 120 g oder 155 g.

Zutaten

Schweinefleisch 45%, Rindfleisch 20%, Speck 15%, Eiswasser (20%); Nitritpökelsalz und eine Gewürz­mischung bestehend aus Pfeffer, Koriander, Muskat, Zimt und Paprika.

Geschichte

Der Augustiner Schüblig ist ein waschechter Stadtzürcher und ein überzeugter Roter obendrauf. Beides ist gänzlich apolitisch gemeint und bezieht sich einerseits auf seine charakteristische backsteinrote Farbe, andererseits auf seine Herkunft: die Augustinergasse im Zürcher Stadtkreis 1. Dort war die Metzgerfamilie Niedermann tätig, die gemäss verschiedenen Quellen die Erfinderin des Augustiner Schübligs war. Wann genau die Wurst zum ersten Mal in der Auslage der damaligen Metzgerei zum Verkauf angeboten wurde, daran kann sich Albert Niedermann, dessen Onkel, Fritz Niedermann, den backsteinroten Schüblig erfunden hat, nicht mehr erinnern. Es muss wohl Ende der 1950er Jahre gewesen sein, zumindest reicht seine Erinnerung an den Augustiner so weit zurück. Auch der damalige Wurster der Metzgerei Niedermann, Gottfried Zulliger, heute mehr als achtzigjährig, nennt die späteren 1950er Jahre als Zeitpunkt der Augustiner-Entstehung.

Sein spezielles Erkennungsmerkmal war von Beginn an der backsteinrot gefärbte Schweinedarm, der sofort ins Auge stach. Verantwortlich für die spezielle und ungewohnt intensive Farbe war (und ist es noch heute) eine natürliche Tauchmasse auf der Basis von Dickblut, in welche die Schüblige vor dem Räuchern getunkt werden. Auch sonst hat sich am Inhalt oder am Geschmack des Augustiners fast nichts geändert.  

Ganz anders sieht das natürlich mit der Herstellung selbst aus, die mit den heutigen, hochmodernen Maschinen viel weniger Zeit in Anspruch nimmt. Geändert hat sich neben der Herstellungsmethode aber auch der -ort: Der Augustiner Schüblig ist in die Agglomeration, nach Schlieren im Limmattal, umgezogen. 

Produktion

Für den Augustiner Schüblig werden sehniges Muskelfleisch vom Schwein und vom Rind, Speck sowie Eiswasser getrennt in so genannte Kutterwagen gelegt und vom Lagerraum, der auf zwei Grad abgekühlt ist, zum Blitz gefahren, wo das Brät hergestellt wird. Zu Beginn wird das fettarme Muskelfleisch zum Grundbrät zerkleinert. Die spezielle Schüblig-Gewürzmischung sowie das Nitritpökelsalz, das beim späteren Räuchern und Kochen für die Umrötung sorgt, werden ebenfalls hinzugegeben. Eiswasser kühlt die Brätmischung bis auf minus zwei Grad runter, während die scharfen, mit bis zu 5000 Umdrehungen pro Minute rotierenden Blitz-Messer das Eiweiss im Fleisch lösen und dieses so zu einem klebrigen Teig werden lassen. Erreicht das Brät eine Temperatur von etwa sechs Grad, kippt der zuständige Wurster sehr fetten Speck hinzu. Ganz zum Schluss wird mageres, sehnenfreies Schweinefleisch beigegeben, das nicht fein geblitzt, sondern mit körniger Struktur unter das Brät gemischt wird. Dieses Schweinefleisch verleiht dem Schüblig die charakteristische, leicht grobe Zeichnung. Nach rund sechs Minuten ist der Blitzvorgang beendet.

Per Kutterwagen wird die geblitzte Brätmasse dann zur so genannten Spritze gebracht und dort in Schweinedärme gestossen: zu Portionen à 155 Gramm oder 120 Gramm. Nach dem Stossen folgt der entscheidende Produktionsschritt: Der Wurster taucht die schon am Räucherstab hängenden Schüblige zweimal kurz in eine Flüssigkeit auf der Basis von Blut. Dieses „Bad“ also verleiht dem Augustiner seine typische, geschmacklich völlig neutrale rot-braune Darmfarbe, die ihn so einzigartig und unverkennbar macht.

Es folgt der Gang in die Rauch-Koch-Anlage, die wie ein überdimensionierter Kühlschrank aussieht, wo die Augustiner Schüblige vor dem eigentlichen Räuchern erstmal gut 35 Minuten getrocknet werden. Das Räuchern selbst, verantwortlich für das würzig-rauchige Aroma des Schübligs, dauert nochmals 35 Minuten, bei stetig ansteigender Temperatur von 50 bis auf 70 Grad. Abschliessend werden die Augustiner eine halbe Stunde lang in 75 Grad heissem Dampf gekocht, aus der Anlage rausgenommen und sofort wieder abgekühlt, damit sie schön straff bleiben.

Konsum

Traditionell wird der Augustiner Schüblig warm gegessen, wozu er am besten für eine gute Viertelstunde in heisses, aber nicht sprudelndes Wasser gelegt wird.

Der Augustiner ist keineswegs heikel, was allfällige Beilagen betrifft. Kartoffelsalat oder auch grüne Salate machen sich sehr gut, aber auch zu einem Stück Brot oder zu einem Kartoffelgratin schmeckt er hervorragend. Man kann ihn auch kalt essen, als rauchig-würzige Zutat in einem Wurstsalat zum Beispiel.

Wirtschaftliche Bedeutung

Der Augustiner Schüblig spielt für die besuchte Grossmetzgerei im Limmattal wirtschaftlich gesehen eine eher kleine Rolle. Trotzdem werden die backsteinroten Schüblige mindestens einmal wöchentlich hergestellt, je nach Nachfrage sogar alle zwei Tage. „Der Augustiner ist ein Traditionsprodukt dieser Metzgerei und eine sehr spezielle Wurst, die sonst niemand im Angebot hat“, zählt der Betriebsleiter die Gründe auf, weshalb die Metzgerei weiterhin am Augustiner festhält.

Pro Jahr stellt die Grossmetzgerei circa 20 Tonnen Augustiner Schüblige her. In den zwei erwähnten Grössen von 155 Gramm und 120 Gramm. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schübligsorten, die vorwiegend im Herbst und Winter hergestellt und verzehrt werden, ist der Augustiner kein saisonales Produkt. Man kann ihn in ausgewählten Zürcher Metzgereien oder Gastronomiebetrieben, die von besagter Grossmetzgerei beliefert werden, auch den Frühling oder Sommer über finden.

... anderes

Probieren geht manchmal über studieren. Das sagte man sich wohl auch an einem Betriebsfest vor einigen Jahren und legte ein paar Augustiner Schüblige auf den Grill. Das Resultat dieser Aktion war dann umso verblüffender: Der Augustiner Schüblig entpuppte sich als Grillhit! Seither präsentiert die Grossmetzgerei ihre Traditionswurst auch als leckeres Grillprodukt.

Literatur

  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,   Staub, Friedrich et al.,   Frauenfeld, Achter Band,   1920.  
Fleisch- und Wurstwaren Drücken

Produktionsepizentrum

Schlieren (ZH)

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