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Engadiner Torte

Engadiner Torte

In Kürze

Die Engadiner Torte ist eine runde, mehrschichtige Torte mit zwei bis drei dünnen Böden aus Mürbeteig, auf die jeweils eine Butter-Vanillecrème folgt. Vollendet wird die Torte mit einem Florentinerdeckel.

Hergestellt wird die Torte gewerblich von wenigen Produzenten in verschiedenen Engadiner Gemeinden. Die Engadiner Torte ist aber weit über das Engadin hinaus bekannt und geliebt. 

Die Engadiner Torte wird oft mit der Nusstorte verwechselt – wer sie aber probiert, merkt sofort, dass es sich um eine andere Spezialität handelt und die beiden Torten nicht viel gemein haben. Eine grössere Verwandtschaft hat die Engadiner Torte mit anderen mehrschichtigen Torten mit Buttercreme wie Zuger Kirschtorte oder Solothurner Torte. Der Florentinerdeckel macht die Engadiner Torte allerdings einzigartig.

Beschreibung

Runde, mehrschichtige Torte aus Mürbeteig, einer Butter-Vanillecrème und einem Florentinerdeckel.

Zutaten

Mürbeteig: Mehl, Zucker, Butter, Eier, gemahlene Haselnüsse, Salz, Zimt, Vanillezucker, Zitronenraps

Crème: Mandelmasse, Butter, Vanillecreme, Kirsch 

Deckel: Rahm, Butter, Glukose, Honig, Zucker, gehobelte Mandeln, Korinthen, Orangeat, Zitronat, Pinienkerne.

Krokant

Geschichte

Die Engadiner Torte wurden in den 1930er-Jahren in Pontresina von Oscar Kochendörfer Senior kreiert. Wahrscheinlich zwischen 1932 und 1934, wie sein Sohn vermutet. Er wollte ein eigenes Produkt kreieren – neben der Bündner Nusstorte, die in jedem Geschäft angeboten wurde. Die Familie Kochendörfer, die ursprünglich aus Württemberg stammt, führt in Pontresina seit 1896 eine Bäckerei-Konditorei.

Während des Zweiten Weltkriegs mussten Kunden, die eine Engadiner Torte kauften, zusätzlich zum Preis auch noch Butter-Rationierungsmarken über 150 Gramm dazugeben. Ansonsten hätte der Produzent die Torte nicht mehr herstellen können. Der Umsatz der Engadiner Torten sank in dieser Zeit dementsprechend. 

Oftmals waren es ehemalige Lehrlinge, die in der Konditorei des Erfinders ausgebildet wurden, die die Torte, oft in leicht veränderter Form, herzustellen begannen. So kam es, dass die Engadiner Torte in der Nachkriegszeit zunehmend auch in andern Engadiner Konditoreien hergestellt wurde.

Produktion

Die Engadiner Torte besteht aus drei verschiedenen Teilen: Boden, Crème und Deckel.

Der Boden besteht aus einem Mürbeteig. Ein Mürbeteig zeichnet sich gemäss dem Lehrbuch der Schweizer Bäckerei- und Konditorei-Fachschule Richemont dadurch aus, dass mehr Butter als Zucker und dafür etwas weniger Ei verwendet wird. Der besuchte Produzent vermischt alle Zutaten und knetet das ganze zu einem Teig. Dieser wird dünn ausgerollt und anschliessend goldbraun gebacken. Pro Torte braucht es je nach Grösse zwei bis drei dieser dünnen Böden.

Für die Herstellung der Crème werden Butter und Mandelmasse mit einem Rührwerk schaumig gerührt. Anschliessend werden die Vanillecrème und der Kirsch beigegeben und die Masse so lange weitergerührt, bis sie schön glatt ist. Damit die Crème länger haltbar ist, wird sie nicht mit Milch, sondern mit Wasser hergestellt. 

Für die Herstellung des Florentinerdeckels werden Rahm, Butter, Glukose, Honig und Zucker zusammen aufgekocht. Der Produzent vermischt gehobelte Mandeln, Pinienkerne, Korinthen, Orangeat und Zitronat miteinander und gibt diese Mischung anschliessend der flüssigen Honig-Zucker-Masse bei. Nun bäckt der Konditor den Florentinerdeckel bei 180 Grad knusprig. Seit einigen Jahren geschieht dies in einer Alufolie, die oben nicht geschlossen ist. Dadurch wird der Deckel schön gleichmässig und bleibt in der gewünschten, runden Form.

Die Tortenherstellung ist fast ausschliesslich Handarbeit. Der Konditor trägt auf den Boden Crème auf und verteilt sie mit einem Spachtel schön gleichmässig. Wichtig ist dabei, dass die Creme-Schicht relativ flach ist. “Es sollte keine Berge haben“, beschreibt die Konditormeisterin. Jetzt wird ein Boden in umgedrehter Form draufgesetzt, so dass die Oberfläche schön eben ist. Auch auf diesen Boden streicht der Produzent wieder Crème auf. Zum Abschluss wird bei den grossen Engadiner Torten ein dritter Boden auf die Creme-Schicht gelegt. Der Konditor trägt auf der Seitenoberfläche rundherum dünn Crème auf. Diese wird mit dem so genannten “Horn“, einem spachtelähnlichen Instrument, schön fein und glatt gestrichen. Darauf streut der Produzent Krokant, das die Torte verziert, aber gleichzeitig auch ihren Geschmack abrundet. Auch der oberste Boden wird dünn mit Crème bestrichen. Darauf hält der Deckel besser und die Torte wird länger haltbar. Auch der Kirsch, der in der Crème der Engadiner Torte relativ dezent eingesetzt wird, verlängert die Haltbarkeit der Torte. Erst unmittelbar bevor die Torte in Papier eingepackt wird, setzt der Konditor den Deckel auf die Torte. Bis dahin lagert die Engadiner Torte im Kühlraum. Wenn der Deckel aufgesetzt ist, legt der Konditor eine runde Schablone mit einem kleineren Durchmesser auf die Torte und bestreut diese aussen herum mit Puderzucker.

Konsum

D

Die Engadiner Torte wird als krönender Abschluss eines Essens oder als Gebäck zu Kaffee oder Tee gegessen. 

Die Engadiner Torte ist im Kühlschrank 14 Tage lang haltbar. Frisch schmecke sie aber am besten, meint der besuchte Produzent.

Die Torte ist als süsses Mitbringsel aus dem Engadin beliebt. Sie dient auch häufig als Weihnachtsgeschenk. Der Produzent bietet die Torte in drei verschiedenen Grössen mit dem Gewicht von 450, 700 und 1000 Gramm an: Die beiden grösseren haben den gleichen Umfang, sind aber nicht gleich hoch, da bei der grössten Engadiner Torte eine zusätzliche Schicht mit Boden und Crème dazukommt. 

Die Engadiner Torte ist in ausgesuchten Bergrestaurants und Hotels im Engadin erhältlich.

Wirtschaftliche Bedeutung

Für den besuchten Produzenten ist die Engadiner Torte ein sehr wichtiges Produkt, das er beinahe jeden Tag herstellt und von dem er etwa gleich viel verkauft wie von der Nusstorte. Jährlich stellt er ungefähr 20'000 Engadiner Torten her, davon alleine etwa 5'000 in der Weihnachtszeit. Die Preise für eine ganze Torte belaufen sich, je nach Grösse, auf 25 bis 38 Franken. Auch übers Internet kann man die Engadiner Torte bestellen. Die Torte wird in die ganze Schweiz geliefert.

Literatur

  • Jakob, Daniel<BR />Et al.,   Berufskunde für Bäcker-Konditoren-Confiseure. Band 2,   Richemont Fachschule, Luzern,   Luzern,   2006.  
  • Kaiser, Dolf,   100 Jahre Kochendörfer,   Familie Kochendörfer,   Pontresina,   1996.  
  • www.albris.ch,   Februar 2017.  
Konditorei- und Backwaren Drücken

Produktionsepizentrum

Engadin, Pontresina (GR)

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