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Gâtelet du Pays d'Enhaut

Gâtelet de Château-d’Œx, Gâtelet de l’Etivaz, Gâtelet, Flange du Pays d'Enhaut, Quegnut, Cognuz, Conus.

In Kürze

Der „gâtelet du Pays-d’Enhaut“ ist ein feiner, millimeterdünner, kompakter Fladen auf der Basis von Getreidemehl und zerdrückten Kartoffeln. Während langer Zeit hat der Gâtelet den Bewohnern des „Pays-d’Enhaut“ als Brotersatz gedient. Heute ist das Gebäck mehr oder weniger verschwunden. Nur „jene, die mit der alten Ökonomie verbunden sind, fabrizierten ihn noch gelegentlich im Gemeindeofen“, sagte Dekan Bridel Endes des 18. Jahrhunderts.

Beschreibung

Fladen aus Brotteig mit Kartoffeln, 1 bis 2 mm dick, 30 bis 40 cm Durchmesser.

Variationen

Man kann Kümmel oder Anis in den Teig geben.

Zutaten

Kartoffeln, Mehl, Salz, Wasser.

Geschichte

Dekan Bridel (Philippe-Sirice Bridel, 1757-1845, Pfarrer, Volkskundler, Dialektforscher), der Ende des 18. Jahrhunderts die Ernährungsgewohnheiten der Bewohner des „Pays-d’Enhaut“ beschrieben hat, dürfte nach heutigem Wissensstand der Erste gewesen sein, der den Gâtelet erwähnte; seine Ausführungen: „Vor sechzig Jahren gab es derbes Brot, Weissbrot war fast unbekannt; wenig Brot sieht man jetzt bei jenen, die der alten Ökonomie verhaftet sind. Man macht im Gegenteil Fladen, ein Brot so dünn wie Karton, das sich sechs Monate lang konservieren lässt, für das Saubohnen- und Kartoffelmehl mit Weizen- oder Gerstenmehl vermischt wird.“ Die Version mit Bohnenmehl könnte durchaus die ältere sein. David Birmingham erklärt in seinem Werk Château-d’Œx: mille ans d’histoire suisse (2005): „Ursprünglich wurde der Gâtelet aus Gerstenmehl und zermalmten Saubohnen gemacht.“ Und fährt fort: „Im Verlauf des 18. Jahrhunderts entdeckten die Bauern (....) jedoch,, dass sie, wenn sie Kartoffeln anstelle von Gerste anbauen, den Zehnten entgehen konnten; folglich veränderten sie das Rezept des Gâtelet-Teigs, indem sie einen Teil der Gerste durch zerdrückte Kartoffeln ersetzten.“ Wie François de Capitani in Soupes et citrons (2002) erinnert, war zuerst die entschlossene Handeln des Berner Magistraten Samuel Engel nach der Hungersnot von 1770-71 nötig, damit sich in der Waadt der Kartoffelanbau massgeblich entwickelte. Zu Bridels Zeiten war die Kartoffel bereits gut eingebürgert, „die Vorurteile ihr gegenüber waren fast schon verschwunden“.

Der Gâtelet taucht in der Literatur erst wieder in einem Artikel von Darmounais Constant Delachaux auf, erschienen 1943 in Folklore suisse. Seine Beschreibung unterscheidet sich kaum von jener des Dekans Bridel, abgesehen davon, dass die Saubohnen verschwunden sind. Delachaux präzisiert, dass „die Tradition des Gâtelet zum Glück nicht vollkommen erloschen ist“. Erstaunlicherweise ist diese Tradition, stets kurz vor dem Aussterben, tatsächlich nie verschwunden…      

Produktion

Kartoffeln kochen, schälen und zerdrücken. Salzen und über Nacht ruhen lassen. Vorzugweise sollte man eine mehlige Kartoffelsorte wählen. Mit Mehl verkneten, bis man einen stämmigen, kompakten Teig erhält. Mit dem Wallholz zu einer sehr feinen Scheibe von 1 bis 2 Millimeter und einem Durchmesser von 30 bis 40 Zentimeter ausrollen. Im Ofen, ideal in einem Holzbackofen, auf jeder Seite 3 bis 5 Minuten sehr heiss backen. „Perfekt gebacken, soll der Gâtelet weiss bleiben mit ein paar rotbraunen Flecken“, schreibt Constant Delachaux. Ursprünglich wurden die Gâtelets aus einer Mischung von Saubohnen- und Getreidemehl hergestellt.

Bis in die 1950er-Jahre wurden die Gâtelets in den Gemeindeöfen gebacken. Diese blieben während mehreren Tagen hintereinander eingeheizt, um Hunderte von „Gâtelets zu backen“, dem Vorrat für sechs Monate. Die Kartoffeln wurden mit Hilfe eines „Pistill à gâtelet“ oder eines Kartoffel- stössels zerkleinert, der ausschließlich für diesen Zweck bestimmt war. Gemäss Constant Delachaux „wurden die Gâtelets, einmal erkaltet, in eine gut durchlüftete Kammer gebracht, wo sie zwei Tage blieben, bevor man sie im Estrich aufeinanderschichtete. David Birmingham berichtet, dass die gebackenen Gâtelets „zusammengebunden und in den Kamin gehängt wurden, um sie vor Nagetieren und Schimmel zu schützen. Dank dieser Behandlung wurden sie hart wie Holz“. In seinen Souvenirs de l’Etivaz (2002) zitiert Louis-Maurice Henchoz zu diesem Thema einen Zeitungsartikel von 1941 und erzählt, dass „sich ein Gâtelet, einmal trocken (…), über mehrere Monate, wenn nicht Jahre, konservieren lässt, denn ein Einwohner von Château-d’Œx sagte mir, er habe sich 1915 einen Gâtelet schmecken lassen, den seine Mutter 1897 gebacken hatte“. Eugène Olivier, Landarzt im „Pays-d’Enhaut“, bezeichnet sie als „zwar derb, aber von unbegrenzter Haltbarkeit“.

Konsum

Der Gâtelet ersetzt Brot und wird folglich wie Brot konsumiert. Heute hat er allerdings seinen Nutzwert, der ihm lange Zeit eigen war, komplett eingebüsst. David Birmingham präzisiert zu diesem Thema, abgesehen von Käse war der Gâtelet das Hauptgericht beim Mittagessen (…). Um sie aufzuweichen, tunkte man sie in heisse Molke und ass sie mit <sérac> [Ziger]“. Delachaux unterstreicht den geselligen Wert, den die Gâtelets schon zu seiner Zeit auswiesen: „Esst davon an irgendeiner Mahlzeit und bietet die Gâtelets insbesondere Euren Freunden an, denen Ihr auch ein Glas Wein reicht.“ Heute geniesst man Gâtelets aus dem Wunsch nach Gesellschaft und aus Nostalgie.

Wirtschaftliche Bedeutung

Ist die Herstellung von Gâtelets nicht schon komplett verschwunden, dürfte sie bestenfalls anekdotisch sein. Nur wenige Menschen, die meisten betagt, konsumieren die Gebäcke noch.

... anderes

In Rougemont bezeichnete man den „gâtelet“ mit den Begriffen „cognuz“, „conus“ oder „quegnut“. Dies weiss man dank der Transkription eines Gesprächs im Zusammenhang mit der Arbeit an der Encyclopédie illustrée du Pays de Vaud; die Personen indessen, die davon berichteten, sagten auch: „Es ist verschwunden», aber «man findet noch gewisse Utensilien“. Constant Delachaux versichert, dass die Gâtelets „in Flendruz mit dem Namen <cognus> bezeichnet werden“.

Der gleiche Autor weiss auch, dass „der Geschmack des Gâtelet sehr gut ist; er erinnert, an den Geschmack des <gâteau au beurre neuchâtelois> [Neuenburger Butterkuchen], der mit einem Hauch von Aromen gebratener Kartoffeln verfeinert ist. (…),. Seine etwas elastische, aber keineswegs zähe, leicht krokante Konsistenz erleichtert das Kauen; seine Verdauung ist problemlos“. 

Literatur

  • Vouga, J.-P.,   Encyclopédie illustrée du Pays de Vaud - vol.11,   Editions 24 Heures,   Lausanne,   1984.  
  • Fonds Encyclopédie illustrée vaudoise.  
  • Folklore suisse,   1943.  
  • Folkore suisse,   1961.  
  • Collectif,   Glossaire des patois de la Suisse romande,   V. Attinger,   Genève, Paris,   1993.  
  • Henchoz, Louis-Maurice,   Souvenirs de l'Etivaz,   L.-M. Henchoz,   L'Etivaz,   2002.  
  • David Birmingham,   Château d’Oex: mille ans d’histoire suisse,   Payot,   Lausanne,   2005.  
  • Bibliothèque historique vaudoise,   Payot,   Lausanne,   1962.  
Konditorei- und Backwaren Drücken

Produktionsepizentrum

Pays-d’Enhaut (Kanton Waadt).

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