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Obwaldner Alpkäse

In Kürze

Der Obwaldner Alpkäse ist ein vollfetter Hartkäse aus Rohmilch. Ein Laib wiegt zwischen zehn und zwölf Kilogramm und sein Käseteig ist relativ trocken und praktisch „blind“, er enthält nur vereinzelt stecknadelkopfgrosse Löcher. Sein breiter, aromatischer Geschmack variiert je nach Reifegrad von mild bis rezent.

Wie alle Schweizer Alpkäse unterliegt auch der Obwaldner der landwirtschaftlichen Begriffsverordnung. Demnach darf Alpkäse ausschliesslich in einem anerkannten Alpbetrieb während der Alpsaison hergestellt werden. Die unbehandelte Rohmilch muss dabei von Kühen stammen, die auf einer Alpweide frei weiden können. Ein Bergkäse hingegen wird ganzjährig in einer Dorfkäserei hergestellt, die aber in einem Berggebiet liegen muss. Für die Bergkäse-Herstellung darf auch pasteurisierte Milch verwendet werden, sofern sie aus dem Berggebiet stammt.

Rund 50 Alpen im ganzen Kanton stellen Obwaldner Alpkäse her, der ausschliesslich in der Region verbreitet ist.

Der Obwaldner Alpkäse weist Ähnlichkeiten mit dem Sbrinz sowie dem Berner Alpkäse auf, während im benachbarten Nidwalden in der Regel ein halbharter Alpkäse hergestellt wird.

Beschreibung

Der Obwaldner Alpkäse ist ein vollfetter Hartkäse aus Rohmilch. Ein Alpkäselaib ist etwa 12 Kilogramm schwer. Sein Käseteig weist eine spärliche Lochung auf, vom Geschmack her ist der Obwaldner leicht salzig und vollmundig.

Zutaten

Unbehandelte Rohmilch, Milchsäure-Bakterienkulturen, Lab. Später Salz und Wasser für das Salzbad.

Geschichte

In der Literatur zur Käserei ist Obwalden zusammen mit Nidwalden stets als Unterwalden zusammengefasst. Zwischen den beiden Halbkantonen wurde grundsätzlich kein Unterschied gemacht. Scheinbar gab es bis ins 20. Jahrhundert hinein keine, denn auch Karl Gutzwiler beschreibt in seinem Standardwerk „Die Milchverarbeitung in der Schweiz und der Handel mit Milcherzeugnissen“ aus dem Jahre 1923 die Situation der Käserei in Unterwalden, ohne auf Unterschiede einzugehen. Offensichtlich hat sich in den beiden Innerschweizer Halbkantonen erst im Verlaufe des letzten Jahrhunderts eine tendenziell getrennte Alpkäserei entwickelt: Hartkäse in Obwalden, Halbhartkäse in Nidwalden.    

Weshalb das so ist, kann nur erahnt werden. Die geographische Lage scheint einen entscheidenden Einfluss zu haben. Obwalden grenzt an das Berner Oberland, wo der Alpkäse ebenfalls traditionell hart und nah verwandt mit dem Sbrinz ist. In Nidwalden hingegen scheinen sich die Älpler eher am benachbarten Urnerland orientiert zu haben, wo halbharte Alpkäse hergestellt werden.

Bis heute wird in beiden Halbkantonen auch Sbrinz auf den Alpen hergestellt. Ein Blick in die Geschichte der Unterwaldner Alpkäserei zeigt, dass die heutigen Alpkäse eher für den Eigengebrauch und die lokalen Märkte, der grössere Sbrinz dagegen für den Export gedacht waren.

Die Technik der Labkäserei, die es ermöglichte vollfette, lange haltbare und damit transportfähige Käse herzustellen, fasste in Unterwalden laut Gutzwiler im 17. Jahrhundert Fuss. Wie Quellen belegen war in Unterwalden seit dem 12. Jahrhundert die Herstellung von Fettziger, Butter und Magerkäse aus gesäuerter Milch vorherrschend. Mit dem Aufkommen der Labkäserei stieg nun ein vollfetter, harter Käse zum Hauptprodukt der Unterwaldner Alpwirtschaft auf. Alois Businger schreibt in seinem Werk „Gemälde der Schweiz. Der Kanton Unterwalden“, das im Jahre 1836 erschienen ist, folgendes über diesen Käse: „Der Bau der [Unterwaldnerkäse] ist sehr kompakt und fest und besonders haltbar in südlichen Gegenden, wie in Italien, wo er sehr beliebt ist.“ Eine Beschreibung, die verdeutlicht, dass harter Käse aus Unterwalden für den Export nach Italien produziert wurde.

Für diesen eigneten sich allerdings primär grosse Käselaibe. Im 19. Jahrhundert bestimmte nämlich nicht das Gewicht, sondern die Stückzahl der exportierten Käse die Höhe des Zolles. Die Herstellung von grossen Laiben war aber nicht für alle Sennen möglich. „Eine lohnende Käseproduktion erforderte Sennten von 20 bis 30 gutgewinterten und auf gepflegter Alp gehüteten Kühen“, schreibt Leo Odermatt in seinem 1981 erschienenen Werk „Die Alpwirtschaft in Nidwalden“. Der durchschnittliche Viehbestand der Bauern war aber bedeutend tiefer, fährt er fort und erklärt, dass eine grössere Produktion nur durch einen „Zusammenbetrieb der Kühe“ möglich war. Schon Businger hat in seinem „Gemälde der Schweiz“ beschrieben, dass nur die „grössten Senntenbauern“ fähig waren, „die gehörige Menge Milch zur Käsebereitung zu verwenden, und unabhängig von andern den gehörigen Gewinn daraus zu ziehen“. Die kleineren Käseproduzenten stellten aus diesem Grunde weniger grosse Käse her, die zum Eigengebrauch und für die lokalen Märkte gedacht waren. Ihre Nachfahren sind der heutige Obwaldner und Nidwaldner Alpkäse. Die grösseren Export-Käse sind hingegen die Vorgänger des heutigen Alp-Sbrinz.

Produktion

Für den Geschmack sind in erster Linie die Milch sowie die verwendeten Bakterienkulturen verantwortlich. Rohmilch weist auf jeder Alp ihren eigenen, typischen Geschmack auf, je nachdem, welche Alpenkräuter die Kühe fressen. Noch wichtiger für den Geschmack sind schliesslich die Milchsäure-Bakterienkulturen, mit denen die Rohmilch vor der Weiterverarbeitung geimpft wird. Sie verleihen dem Obwaldner Alpkäse durch die Vergärung des Milchzuckers und den späteren Eiweissabbau seinen typischen Geschmack. Diese Bakterienkulturen werden im Obwaldner Oberland von einer kontrollierten Stammkultur ausgehend von den Älplern selbst nachgezüchtet, sie sind also einzigartig. Im Grunde genommen schmeckt also kein Obwaldner Alpkäse wie der andere.

Für den Obwaldner Alpkäse wird ein Gemisch aus über Nacht gelagerter und gekühlter Abendmilch und frischer Morgenmilch verarbeitet. Die Abendmilch ist dabei so abgerahmt, dass der gewünschte Vollfettgehalt erreicht wird. Das heisst, der Fettgehalt in der späteren Trockenmasse des Alpkäses sollte mindestens 45 Prozent betragen. 

Mit den nächsten Produktionsschritten werden die Grundlagen gelegt, die den Obwaldner Alpkäse zu einem Hartkäse machen. Den kann der Alpkäser nur herstellen, wenn der Milch der grösstmögliche Teil von den enthaltenen 87% Wasser entzogen wird. Den Grundstein dafür bildet das Labverfahren. Eine halbe Stunde nachdem der Käser bei 32 Grad das Lab, ein Enzym aus Kälbermagen, beigegeben hat, ist die Milch geronnen. Sie wird nun verschnitten, worauf es zum „Bruch“ kommt: Die geronnene Milch trennt sich in flüssige Sirte, auch Molke oder Schotte genannt, und feste Käsekörner, die vor allem Fett und Eiweiss enthalten. Um diesen Käsekörnern zusätzlich Flüssigkeit zu entziehen, verschneidet sie der Käser beim Obwaldner Alpkäse etwa stecknadelkopfgross. Danach wird der Käsebruch unter permanentem Rühren auf knapp über 50 Grad erhitzt, wodurch sich die Körner weiter zusammenziehen. Dieses „Brennen“ hat zugleich einen Einfluss auf die Bakterienkulturen. Nur die für den Obwaldner Alpkäse erwünschten Bakterien überleben die hohe Temperatur, um in der Folge seine typischen Geschmackseigenschaften auszubilden. In Nidwalden hingegen wird der Bruch auf etwa 45 Grad erhitzt und die Käsekörner sind gröber. „Die spätere Käsemasse ist also feuchter, die Reifung geht schneller vonstatten und die Laibe sind weniger lange lagerfähig“, kommentiert der Käser die Unterschiede zum Nachbar-Alpkäse.

Im nächsten Schritt spannt der Käser die Körner in eine runde Käseform, ins so genannte Järb. Mit einem Gewicht wird dort die restliche Sirte während etwa einem Tag aus der Käsemasse gepresst – eine weitere Massnahme zum Flüssigkeitsentzug. In dieser Zeit ist auch die Vergärung des Milchzuckers in vollem Gange. Nach dem Pressen kommen die Obwaldner-Alpkäse-Laibe für drei bis vier Tage ins Salzbad. Das Salz entzieht der Randpartie Wasser und setzt sich dort fest, es kommt zur Rindenbildung. Zudem wandert das Salz langsam in den Käseteig und wirkt so als Aromaträger. Das Salzbad dauert beim Obwaldner länger als beim verwandten Berner Alpkäse, weshalb auch der Salzgeschmack ausgeprägter ist. 

Sobald die Alpkäse-Laibe aus dem Salzbad kommen, beginnt die Lagerung und Reifung im so genannten Holzspeicher, ein mit einem Giebeldach überspanntes Holzhäuschen, das wegen der aufsteigenden Bodenfeuchtigkeit oft auf Steinen steht. Die Alpkäse-Laibe werden nicht weiter behandelt. Einzig der entstehende Fettfilm, der sich auf der Rinde sammelt, wenn der Käse bei Temperaturen zwischen 18 und 20 Grad zu „schwitzen“ beginnt, wird hin und wieder abgewischt (vgl. Sbrinz). Wenn im Herbst dann die Alpsaison endet, nehmen die Sennen ihre Käse-Laibe ins Tal mit, um sie in den kälteren Kellern (10 bis 14 Grad) ihrer Bauernhäuser ganz ausreifen zu lassen. Diese trockene Reifung ist auch für den Sbrinz typisch, unterscheidet den Obwaldner Alpkäse aber wesentlich von seinem Berner Pendant, dessen Rinde mit Schmierewasser behandelt wird. Dieses lässt auf der Oberfläche der Käse eine Schmiere entstehen, in der ebenfalls eine Bakterienflora aktiv ist und für zusätzliche Geschmacksstoffe sorgt.

Konsum

Konsumreif ist der Obwaldner Hartkäse frühestens nach drei Monaten, wobei sein Aroma dann kaum entwickelt ist und er entsprechend mild schmeckt. Nach acht Monaten ist er würzig und charaktervoll; im Alter von einem Jahr rezent und vollmundig. Man kann den Obwaldner Alpkäse auch bis zu zwei Jahren reifen lassen, wodurch sein Teig schliesslich extrahart und brüchig wird. Konsumiert wird er in dieser Form nicht mehr als Schnittkäse, sondern ähnlich wie der Sbrinz in kleine Möckli gebrochen als Apérohäppchen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Zur IG Obwaldner Alpchäs gehören 14 Alpkäsereien (obwaldner-alpchaes.ch; April 2017). Im November gibt es einen Obwaldner Käsemarkt.

Die Produzenten in Obwalden verkaufen ihren Alpkäse selbst. Abnehmer sind sowohl lokale Detaillisten wie regionale Grossisten. Einige Käser verkaufen ihren Alpkäse auch direkt ab Bauernhof oder – im Sommer – ab ihrer Alp.

Literatur

  • Mässer, Gable, Leffelstiel - Alte Rezepte aus Nidwalden .... Geschichten rund ums Jahr,   Ermitage,   Beckenried,   1990.  
  • Odermatt, Leo,   Die Alpwirtschaft in Nidwalden. Geschichtliche Entwicklung und Anpassung an die Agrarstrukturen der Neuzeit,   Historischer Verein Nidwalden,   Stans,   1981.  
  • Rohrer, Paul und Jürg Jedelhauser,   Alpen und Älpler. Kerns und Melchtal,   Sarnen,   2002.  
  • Roth, Alfred G.,   Der Sbrinz,   Burgdorf,   1993.  
  • Die Alpkäserei und die Geschichte des Schweizer Käses,   Schweizerische Käseunion,   Bern,   1995.  
  • Montandon, Jacques,   Käse aus der Schweiz,   Lausanne,   1981.  
  • Schnieper, Robert,   Unser Käse. Ein Stück Schweiz,   Mondo Verlag,   Vevey,   1995.  
  • Businger, Aloys,   Der Kanton Unterwalden. 6. Heft (Gemälde der Schweiz),   Huber und Co.,   St. Gallen/Bern,   1836.  
  • Gutzwiller, Karl,   Die Milchverarbeitung in der Schweiz und der Handel mit Milcherzeugnissen,   Buchdruckerei Kühn & Comp.,   Schaffhausen,   1923.  
Käse- und Milchprodukte Drücken

Produktionsepizentrum

Kanton Obwalden.

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