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Quittenschnaps

Quittenbrand

In Kürze

Quittenschnaps ist ein klarer Obstbrand. Kaum eine andere Frucht erfordert mehr Aufwand, um daraus einen Obstbrand zu gewinnen. Die gelb gefärbte, harte, fast holzige Frucht enthält nämlich kaum Flüssigkeit und nur wenig Zucker. Nur mühsam lässt sich die Quitte deshalb einmaischen. Aus 100 Kilogramm Quittenmaische lassen sich deshalb gerade einmal 6 bis 7 Liter Quittenschnaps gewinnen, während die Ausbeute bei anderen Obstbränden mit 15 bis 18 Liter pro 100 Kilogramm Maische bedeutend höher ist.

Die Quitte ist fast schon eine Rarität unter den Schweizer Obstsorten. Äpfel-, Birnen-, Kirschen- und Zwetschgenbäume dominieren den Obstbau; von 1995 schrumpfte die Quitten-Anbaufläche von 1386 Aren auf 534 Aren (2009) und stieg dann auf 765 Aren im Jahr 2015 (Statistisches Lexikon der Schweiz, 30.11.2015). Kein Wunder, ist der Quittenschnaps viel seltener anzutreffen als Kirsch oder Williams. Es sind vorwiegend gewerbliche Brennereien in der Deutschschweiz, die Quittenschnaps brennen und vertreiben.

Beschreibung

Obstbrand aus Quitten, der nach dem Brennen und Herabsetzen auf Trinkbrandstärke rund 43 Volumenprozent Alkohol aufweist.

Zutaten

Quitten. Hefe, Säurezugabe, demineralisiertes Wasser

Geschichte

Im 120. Band der Oeconomischen Encyklopädie von J. G. Krünitz, der im Jahre 1812 erschienen ist, wird der Quitte ein umfangreicher Artikel gewidmet. Besonders die Verwertung der Frucht wird angesprochen: „In der Küche weiß man sie durch Kochen genießbar zu machen, und daraus allerley Leckerbissen zu bereiten“, heisst es, und als Beispiele werden „Torten, Confect, Marmelade, Hohlhippen, Auflauf, Käse, Pasteten, Gelee Schaum, Liqueure, und noch eine Menge anderer Delikatessen“ erwähnt. Wer beim Begriff „Liqueur“ aufhorcht, muss enttäuscht werden. Damit ist nämlich ein Gemisch aus ausgekochtem und -gepresstem Quittensaft, „Kirschengeist, die klar geschnittene Schale von zwey Citronen und einer Pomeranze, 30 bittere Mandeln, 30 Pfirsichenkerne - beydes in einer Reibschale zerrieben - 1/2 Loth Zimmet, und 1/2 Pfund Zucker gröblich zerstoßen“ gemeint. Mit einem Quittenschnaps hat dieser Likör also wenig gemein.

Ansonsten lassen sich historische Quellen, die konkret von Quittenschnaps handeln, nur schwer finden. Oftmals wird in der Literatur vor dem 19. Jahrhundert von „Branntwein“ oder „gebranntem Wasser“ gesprochen, womit zumeist ein Brand aus Trester gemeint ist. Wenn schliesslich doch einmal konkret von einem Obstbrand die Rede ist, handelt es sich praktisch ausschliesslich um den Kirsch oder den im 19. Jahrhundert sehr populären, weil billigen Kartoffelschnaps. 

Es ist aber anzunehmen, dass Quittenschnaps spätestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts gebrannt wird, als die technische Weiterentwicklung der Destillierkunst die endgültige Etablierung von bäuerlichen Hausbrennereien erlaubte. Die Bauern begannen ihr Obst fortan nicht nur frisch, gedörrt oder zu Most verarbeitet zu konsumieren, sondern auch gebrannt.

Produktion

Die Quitte ist eine sehr alte Obstsorte, die schon im Altertum aus dem Nahen Osten über das alte Rom nach Europa gelangte. Man unterscheidet grundsätzlich zwei Sorten: Birnquitten und Apfelquitten. Die aromatischeren Birnquitten sind in unseren Breitengraden verbreiteter, sie eignen sich sehr gut zur Obstbrand-Verarbeitung.

Für den Rohverzehr eignen sich die mit Äpfeln und Birnen verwandten Quitten hingegen nicht, da sie sehr hart und eher bitter im Geschmack sind. Ein Blick in Krünitz’ Encyklopädie zeigt aber, dass eingekochte Quitten noch im 19. Jahrhundert, als die Obstsortenvielfalt weit geringer war als heute, häufig verwendet wurden. Der Quittenschnaps ist neben Quitten-Konfitüre, Quitten-Pästli und dem Quittenbrot das heute wohl bekannteste Produkt, das aus dieser Frucht hergestellt wird.  

Einen guten Quittenbrand erhält man nur mit „ausgereiften, gut besonnten und gesunden Früchten“, wie uns die Besitzerin einer gewerblich geführten Brennerei im Baselbiet gleich zu Beginn erläutert. Geerntet werden die Quitten eher spät im Herbst von Anfang bis Mitte Oktober, wenn die Farbe der Früchte von grün in leuchtendes gelb umgeschlagen hat.

Sind die reifen Quitten von regionalen Obstbauern im Familienbetrieb abgeliefert und kontrolliert, wird entschieden, ob die Früchte gleich eingemaischt werden oder noch etwas nachgereifen sollen. „Erst wenn einem das typische Quittenaroma gleich in die Nase steigt, sind sie zum Einmaischen bereit.“ 

Die erste Schwierigkeit beginnt jedoch schon vor dem Einmaischen. Die Haut der Quitten wird nämlich von einem dichten Flaum überzogen, und „diese feinen Härchen enthalten ein Öl, das leicht ranzig wird und den Obstbrand ungeniessbar macht“, wie die Produzentin ausführt. Deshalb werden in Kleinbetrieben die Früchte noch „von Hand mit einem rauen Lappen gesäubert“, während grössere Betriebe einen Hochdruckreiniger oder eine Gemüseputzmaschine verwenden. Für das anschliessende Einmaischen braucht es dann „einen wirklich leistungsstarken Häcksler, um die fast holzigen Früchte überhaupt zerkleinern zu können.“

Einige Produzenten mischen der Quittenmaische für die anschliessende Gärung bis zu 15 Prozent Apfelsaft unter, um die Maische flüssiger und im Leitungssystem besser transportierbar zu machen. „Wir machen das nicht“, betont die Schnapsbrennerin aber mit Nachdruck, „wir wollen einen Quittenbrand mit 100 Prozent Quittenaroma, ohne Fremdgeschmack.“ Sobald die Quitten verhäckselt sind, wird die Maische in gut verschliessbare Gärbehälter gepumpt und sowohl mit Hefe als auch mit Schwefel-, Milch- oder Phosphorsäure angesetzt. Die Hefe ermöglicht eine kontrollierte Gärung, also eine Umwandlung des Zuckers in Alkohol, während die Säurebeigabe das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen während des Gärprozesses verhindert. Bei der Quittenmaische ist die Vergärung nach zwei, drei Wochen abgeschlossen.

Nachdem die vergorene Quittenmaische mindestens drei Wochen stehen gelassen wurde, um in dieser Zeit wichtige Aromen auszubilden, folgt das Brennen. Dabei macht man sich zu Nutze, dass Wasser bei 100 Grad, Alkohol dagegen schon bei etwa 80 Grad verdampft. Man pumpt die vergorene Maische in die Brennblase des Destillierapparates und erreicht dann durch eine regulierte Erhitzung, dass der Alkoholdampf früher aufsteigt als der Wasserdampf. Dieser Dampf, der neben Alkohol auch die zentralen Quitten-Aromastoffe enthält, wird über ein Rohr durch einen Kühler, oftmals ein Wasserbehälter, geleitet. Dort kühlt sich der Alkoholdampf ab und kondensiert, um schliesslich als flüssiges Quittendestillat in einen dafür vorgesehenen Behälter zu tropfen. Dieses Destillat hat einen Alkoholgehalt von durchschnittlich 70 bis 75 Volumenprozent. 

Das sorgfältige und langsame Abbrennen des Alkohols ist äusserst wichtig. Das Quittendestillat, das am Ende des Brennprozesses in die so genannte Vorlage tropft, lässt sich in drei Phasen einteilen. Und nur eine davon ist für den späteren Quittenschnaps brauchbar: „Zuerst kommt der Vorlauf, dann das Herzstück und schliesslich der Nachlauf. Der Vorlauf enthält scharfe, aber nicht der Zunge gelegenen Bestandteile, zum Beispiel Essigester, er hat einen typischen Nagellackentfernergeschmack. Dann kommt das Herzstück, wo also alles gut und schön ist. Daraufhin sinkt der Alkoholgehalt ganz rapide ab bis zum Nachlauf, der so genannte Fuselöle enthält. Der Ausdruck: „Fusel“ für schlechten Schnaps, ist genau darauf zurückzuführen“, erläutert der Mitarbeiter die Wichtigkeit eines langsamen Brennens.

Das so gewonnene Quittendestillat enthält zwischen 70 und 75 Volumenprozent Alkohol. Trinkbar ist das Destillat (noch) nicht, dafür ist der Alkoholgehalt für einen Normalsterblichen viel zu hoch. Man setzt das Destillat deshalb mit demineralisiertem Wasser auf Trinkbrandstärke herab. Die Verwendung von demineralisiertem Wasser ist wichtig. „Bitte ja kein Regenwasser, Bachwasser und auch kein normales Leitungswasser verwenden“, führt der Mitarbeiter aus, „das Destillat verliert sonst an Geschmack und neigt zum Eintrüben.“ Die im Destillat enthaltenen Trübstoffe müssen aber auch nach dem Herabsetzen auf Trinkbrandstärke mit demineralisiertem Wasser herausfiltriert werden. 

In den Verkauf kommt der Quittenschnaps aber erst zwei Jahre nach dem Brennen. Solange wird der Obstbrand in Stahltanks gelagert. In dieser Zeit gewinnt er zusätzlich an Aroma und Tiefe.

Konsum

„Wer Quittenkonfitüre mag, der mag auch den Quittenschnaps“, meint die Produzentin und bezeichnet das Quitten-Destillat als „Liebhaberprodukt“. Tatsächlich verfügt der Quittenschnaps über einen intensiven, fruchtigen Eigengeschmack, den man mögen muss.  

Konsumiert wird der Quittenschnaps pur.

Besonders empfehlenswert ist der Obstbrand als Verdauungshelfer nach einem Wildgericht, weiss die Produzentin aus eigener Erfahrung. „Die Geschmäcker ergänzen sich hervorragend.“

Wirtschaftliche Bedeutung

Der Quittenschnaps zählt zu den seltenen Obstbränden. Er gilt aber als Spezialität und wird von Liebhabern sehr geschätzt.

Die Höhe der Produktion ist abhängig von der jeweiligen Ernte, die je nach Wetter grosse Schwankungen aufweisen kann.

Literatur

  • Krünitz, Johann Georg,   Oeconomische Encyklopädie. Oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft in alphabetischer Reihenfolge,   1773-1858.  
  • Historisches Lexikon der Schweiz (HLS),   Historisches Lexikon der Schweiz,   Bern,   15.8.2006.  
  • Hauser, Albert,   Das Neue kommt. Schweizer Alltag im 19. Jahrhundert,   Zürich,   1989.  
  • Kaltenbach, Marianne,   Aus Schweizer Küchen. Originalrezepte der verschiedenen Regionen der Schweiz,   Gräfe und Unzer,   München,   2004.  
  • Das Kochbuch der Catharina Fehr 1824,   Hux, Angelus, Müller, Walter,   Frauenfeld,   1998.  
  • Wüstenfeld, Hermann und Georg Haeseler,   Trinkbranntweine und Liköre,   Blackwell Wissenschafts-Verlag,   Berlin,   1996.  
  • Pischl, Josef,   Schnaps brennen heute,   Leopold Stocker Verlag,   Graz,   1988.  
  • Jäger, Peter,   Das Handbuch der Edelbranntweine, Schnäpse, Liköre. Vom Rohstoff bis ins Glas,   Leopold Stocker Verlag,   Graz,   2006.  
  • Andreae, Illa,   Alle Schnäpse dieser Welt. Das internationale Buch der flüssigen Genüsse,   Seewald Verlag,   Stuttgart,   1973.  
  • Kranz, Brigitte,   Das grosse Buch der Früchte. Exotische und einheimische Arten,   Südwest Verlag GmbH,   München,   1988.  
  • Bert L. Vallee,   Kleine Kulturgeschichte des Alkohols,   Spektrum der Wissenschaft,   8/1998.  
  • div.,   Dossier Kirsch / Schnaps.  
Getränke Drücken

Produktionsepizentrum

Vorwiegend gewerbliche Brennereien der Deutschschweiz bieten Quittenschnäpse an. Auch im süddeutschen Raum wird Quittenschnaps gebrannt.

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