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Tomme, tomme vaudoise, neuchâteloise, de Rougemont, de la Vallée

Tomme, tomme vaudoise, tomme neuchâteloise, tomme de Rougemont, tomme de la Vallée etc. – zahlreiche weitere kommerzielle Namen (Markenbezeichnungen von Unternehmen) sind ebenfalls in Gebrauch, die sich alle mehr oder weniger auf den Kanton Waadt beziehen

In Kürze

Der hier beschriebene Käse ist ein kleiner Weichkäse mit einer Edelschimmelrinde. Im franko-provenzalischen Sprachraum bezeichnet man mit «tomme» eine ganze Galaxie von Käsen, deren einziger gemeinsamer Nenner… der Name ist sowie der Fakt, dass es sich eher um hauseigene Produkte handelt – aus Magermilch im Gegensatz zu gepresstem Vollfettkäse. So unterscheidet sich die «Tomme vaudoise», wie man sie heute kennt, deutlich von der gleichlautenden, berühmteren «tomme de Savoie». Cremig und frisch, manchmal fliessend, stets von kleinem Umfang wird sie definiert durch Unterschiede in Form, Reifegrad und Komposition: Kennt man die Variante mit Kümmel (Carum carvi, Wiesenkümmel) schon lange, gibt es heute auch «Tommes» mit Baumnüssen oder mit Bärlauch und sogar mit Roquefort-Käse oder Trüffel. Dies zeigt, dass die Entwicklung dieser Spezialität – parallel zu sehr präzisen Reglementierungen für grössere Käse – jedem einzelnen Käser Freiraum beliess. Trotzdem wird über eine gemeinsame Richtung nachgedacht, zumindest die meistverbreitete Version dieses Käses dem AOP-Schutz zu unterstellen – inklusive der Kümmel-Variante.

Beschreibung

Fetter Weichkäse mit Edelschimmelrinde. Form: kleine Scheibe mit einem Durchmesser von 8 bis 10 cm und einer Höhe von 1,5 bis 2 cm. Gewicht: circa 100 g, mehr für gewisse Varianten.

Weicher Teig, bei Produkten aus Rohmilch auch quellend. Wichtigste Variante: mit Kümmel.

Variationen

Ähnliche Käse existieren in den Kantonen Neuenburg und Freiburg, tragen aber nicht die Bezeichnung «tomme vaudoise».

Zutaten

Milch, Lab, Fermente.

Geschichte

Die Vielzahl der Verwendungen des Begriffs «tomme» machen es schwierig, historische Recherchen über die «tomme vaudoise» anzustellen: Findet man eine Erwähnung in einer historischen Quelle, muss man herleiten können, ob es sich tatsächlich um den gesuchten Käse handelt. Die ersten schriftlichen Zeugnisse attestieren eine regelmässige Fabrikation von «Tommes» Ende des 19. Jahrhunderts im Waadtländer Jura und seinen Ausläufern. Der Rapport sur les concours de fromageries et d’alpage des districts d’Orbe et de la Vallée de Joux (1890) stuft ihn als Weichkäse ein. Der Almanach Le Val de Joux von 1895 präsentiert diesen «petit fromage» [kleinen Käse] als alte Tradition des «Vallée de Joux» im Gegensatz zum «Vacherin Mont-d’Or AOP», der sich erst seit 70 Jahren eingebürgert habe. Dies bestätigen Käseformen, die im Musée du Vacherin Mont d’Or in Charbonnières VD ausgestellt sind: «Tommes», die man als Vorfahren der heutigen «Tomme vaudoise» betrachten kann, gibt es im «Vallée de Joux» mindestens seit dem 19. Jahrhundert.

Waren sie vergleichbar mit den fetten Käse aus Kuhmilch, die man heute kennt? Möglich ist, dass sie dort, wo Butter das bessere Geschäft bedeutete, aus entrahmter Milch gekäst wurden. Die «Tomme» war in erster Linie ein hausgemachter Käse, was eine enorme Vielfalt erlaubte, inklusive Käse aus Ziegenmilch, «chevrotin» genannt. Seine kleine Grösse sowie die Einfachheit der Herstellung machten ihn zum Käse derjenigen, die weder das Knowhow noch die Ausrüstung besassen oder über die notwendige Milchmenge verfügten, um grossformatige Käse zu produzieren. Auch wenn sich seine Reputation im «Vallée de Joux» gebildet hat, wurde dieser Käsetyp mit Sicherheit ebenfalls in andern Teilen des Kantons Waadt oder sogar darüber hinaus hergestellt, vor der Entwicklung hin zu Milchgenossenschaften. Der ursprüngliche Charakter eines hausgemachten Käses ist weiterhin lebendig, dort wo die Hofkäserei weitergeführt wird, etwa in alpinen, voralpinen oder jurassischen Sennereien.

 

Die saisonale Produktion auf einer Alp oder in kleinen handwerklichen Käsereien ist im Kanton Waadt während des ganzen 20. Jahrhunderts bestätigt. Eine Tomme «de la Vallée» oder mit der Bezeichnung der Sennerei, wo sie hergestellt wird, zeichnet ein gewisses Renommee bezüglich perfektionierter und stabilisierter Produktion aus. Ab 1902 fabrizierte man «Tommes» in der «Fromagerie de Payerne», die zur zweiten Distributionszentrum der «Tomme» wurde; dann mehr und mehr auch in Talkäsereien.

Zu Beginn der 1930er-Jahre wurde in einigen Käsereien die Produktion mit pasteurisierter Milch eingeführt. Sie öffnete den Weg für eine industrielle Produktion, welche die Verbreitung der «Tommes» in der ganzen Schweiz ermöglichte. Der Begriff «tomme vaudoise» wurde in der Folge häufiger verwendet. Mit der Verschärfung sanitarischer und bakteriologischer Normen ab den 1980er- und 1990er-Jahren wurde die Produktion der «Tommes» mit Rohmilch zusehends schwieriger, so dass sie nur noch von wenigen kleinen Käsereien und in Alpsennereien weitergeführt wird. Die Mehrheit der gewerblichen Käsereien thermisiert heute die Milch vor dem Käsen, die industriellen Käsereien arbeiten mit pasteurisierter Milch.

Produktion

Wie bei allen Weichkäsesorten, können auch bei der «Tomme» die Charakteristika variieren, bedingt durch die Zusammensetzung des Viehfutters und den Wetterbedingungen. Bei der traditionnellen Verarbeitung mit Rohmilch muss sich der Käser ständig den saisonalen Bedingungen anpassen; so gesehen, basiert die Kunst, eine perfekte «tomme vaudoise» herzustellen, nur auf langer Erfahrung.

Ansonsten entpuppt sich das Basisrezept als reichlich simpel. Die Milch, thermisiert oder roh, wird in kleinen Plastik- oder Edelstahlbehältern (50 bis 200 Liter Inhalt) mit Lab zum Gerinnen gebracht (auf 32 bis 38°C). Produzenten, die wie für Gruyère AOP oder Vacherin Mont-d’Or AOP Kupferkessi verwenden, lassen die Milch nicht über Nacht darin, weil sie vermeiden wollen, dass sich der Kupfergehalt als verhängnisvoll für die Bildung von Milchschimmel bzw. Edelschimmel (Pilz namens Geotrichum candidum, auch Oïdium lactis genannt) erweisen könnte. Die Verwendung von Rohmilch macht jede Impfung überflüssig; behandelt man die Milch vorher thermisch, muss man sie beim Käsen mit Milchsäurekulturen impfen, was dem Käser Raum für Experimente bietet.

Gerinnung und Straffung des Teigs kann 30 bis 40 Minuten dauern. Die Gallerte wird anschliessend in kirschengrosse Stücke zerschnitten und durchgerührt. Man nimmt die Masse aus den Behältern, gibt sie in Formen, lässt sie während drei bis acht Stunden abtropfen, ohne sie zu pressen, und wendet sie immer wieder. Dann salzt man die Käse trocken oder legt sie ins Salzbad.

Die Reifezeit ist kurz: 7 bis 14 Tage. Dabei muss man die Käslein häufig wenden. Die «Tommes»  sind bereit zum Verzehr, wenn sich die Bildung von Edelschimmelflaum abzeichnet; was bedeutet, dass der Teig weich wird.

 

Konsum

Kenner sind sich einig, dass die «Tomme vaudoise» ihre volle Reife zwischen Juni und Oktober erreicht. Für die Käse aus pasteurisierter Milch spielen die saisonalen Unterschiede eine geringere Rolle.

Ob von der Käseplatte oder als «casse-croûte» zwischendurch: «Tommes vaudoises» werden jung gegessen. Vom Erreichen der Reife eine Woche nach seiner Herstellung, wird die «Tomme» selten länger als einen Monat gelagert. Im Kanton Waadt wird sie, zu Vierteln zerteilt, gerne zum Apéro gegessen wie auch bei offiziellen «verrées» gereicht. Am Stück kann man sie auch panieren, braten und mit einem Salat heiss servieren.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die jährliche Produktion von «Tommes vaudoises» dürfte um die 1000 Tonnen erreichen; davon werden allein gut 70 Prozent von den Laiteries Réunies de Genève (Val d’Arve) hergestellt.

100 Gramm kosten ab 1.95 Franken (Grossverteiler) bis 2.70 oder mehr (Käserei).

... anderes

Im Gaumen manifestiert sich der Unterschied zwischen «Tomme vaudoise» aus roher oder pasteurisierter Milch in zwei Punkten: Beim pasteurisierten Käse, der mit standarisierten Kulturen produziert wird, ist die Textur fester als bei einer «Tomme»  aus Rohmilch und der Geschmack uniformer mit einer Ähnlichkeit zu Brie; die «Tommes» aus Rohmilch verdanken ihren Geschmack einer breiten Palette von eigenständigen Kulturen, die in der Milch wie in der Käserei oder im Keller vorhanden sind.

Literatur

  • Vouga, J.-P.,   Encyclopédie illustrée du Pays de Vaud - vol.11,   Editions 24 Heures,   Lausanne,   1984.  
  • Hugger, Paul,   Le Jura vaudois : la vie à l'alpage,   Ed. 24 Heures,   Lausanne,   1975.  
  • -- <BR />,   Le Val de Joux : almanach-annuaire,   Le Brassus : Eug. F. Lecoultre,   1894-[?].  
  • Rapport sur le concours de fromageries et d’alpage des districts d’Orbe et de la Vallée de Joux,   1890.  
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