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Spanischbrötli

Spanischbrötchen, Spanisch Brödli

Spanischbrötli

In Kürze

Das traditionelle Spanischbrötli ist ein viereckiges Blätterteiggebäck aus purem Blätterteig mit einem kreuzförmigen Einschnitt. Es ist eine Gebäck-Spezialität der Stadt Baden (AG).

Zur Badenfahrt im Jahr 2007 lancierten die Badener Bäcker und die Stadt Baden eine Weiterentwicklung des Spanischbrötli, das fast gleichnamige „Spanisch Brödli“. Es ist ein gefülltes Spanischbrötli und existiert in zwei Versionen. Einmal süss mit einer Füllung aus Haselnuss und Rüebli und einmal pikant gefüllt mit Schinken und Rüebli. Bemerkenswert: Die Stadt Baden hat die Bäcker verpflichtet, das Spanisch Brödli nach einem einheitlichen Rezept zu produzieren. Während das neu lancierte Spanisch Brödli täglich frisch in den Badener Bäckereien hergestellt wird, gibt es das traditionelle Spanischbrötli nur auf Bestellung.

Beschreibung

Viereckiges Blätterteiggebäck, 9 x 9 cm, luftig und goldbraun gebacken, ca. 4 cm hoch, mit einem kreuzförmigen Einschnitt.

Variationen

Das Spanisch Brödli ist die gefüllte Variante des Spanischbrötli. Es gibt sie pikant mit einer Schinken-Rüebli Füllung oder süss mit einer Haselnuss-Rüebli Füllung.

Zutaten

Weissmehl, Tafelbutter, Wasser, Salz

Geschichte

Wann sich das Spanischbrötli als Badener Spezialität etablierte, ist unklar. Die früheste Erwähnung des Spanischbrötli findet man um das Jahr 1780 in einer statistischen Untersuchung der Stadt Baden. Dort wird erwähnt, dass sich ein Badener Bäckermeister auf Spanischbrötli spezialisiert hat. Bekannt ist allerdings auch, dass die Hüppenbäcker Spanischbrötli herstellten.

In der Bäderstadt Baden servierte man die Spanischbrötli vor allem den Kurgästen. Laut dem Zürcher David Hess bestand das Frühstück in einem Badener Kurhaus im Jahr 1818 aus Kaffee und fünf bis sechs Spanischbrötli. Damals soll für die sieben Monate dauernde Badesaison ein Bedarf von 720’000 Spanischbrötli bestanden haben. Ausserhalb der Stadt Baden ist das Spanischbrötli schon etwas früher, seit dem 17. Jahrhundert schriftlich belegt. In den Rechnungsbüchern des Klosters St. Clara in Basel ist 1649/50 das Spanischbrot aufgeführt. Und in Deutschland wurde es mit Sicherheit schon während dem Dreissigjährigen Kriege (1618 - 1648) hergestellt: Christoffel von Grimmelshausen (1622 - 1676), Autor des „Simplizissimus“, berichtet in seinem im Jahr 1668 in Nürnberg publizierten Schelmenroman von einer Grasmücke, die fast die Hälfte eines Spanischbrötchens frass.

Auch in der Zürcher Oberschicht war das Spanischbrötli bereits im 18. Jahrhundert bekannt und beliebt, wie ein Mandat der Züricher Regierung über die Zunftessen aus dem Jahr 1701 zeigt: „Dass bei den Voressen alle und jede Durten (Torten), Spanischbrötli und Züngli gänzlich unterlassen werden“. Solche Verbote entstanden meist im Zusammenhang mit einem Mangel oder einer drohenden Hungersnot und hatten das Ziel, den Nahrungsmittelverbrauch zu kontrollieren und damit die Nahrungsmittelknappheit zu entschärfen. Häufig wurden die Mandate auf konkrete Festtagen hin erlassen, damit die üppigen Festlichkeiten die Lage nicht zusätzlich verschärften.Das erste Rezept für „Spanischbrodt-Teig“ in einem Schweizer Kochbuch findet man im Bernerischen Kochbüchlein aus dem Jahr 1749: „(…) das letzte mal lasse ihn dick wie ein Finger, alsdann nach Gefallen formiert, mit Eyern bestrichen/mit einem Messer oben darauf gehicklet, und sorgfältig gebacken, dann es verbrennet gerne.“

Die Herstellung von Spanischbrot ist äusserst schwierig und bedarf einer geübten Hand oder einer guten Anleitung. Nicht zuletzt deshalb war es im 19. Jahrhundert ein Standardrezept in Schweizer Kochbüchern. Bis in die 1880er Jahre verfügte das Spanischbrötli in Baden über eine vortreffliche Reputation. Dies obwohl die Badärzte immer wieder betonten, dass das Gebäck nicht kurgerecht sei, da es wohl zu fett ist. Ihre Hinweise blieben jedoch folgenlos. Die Spanischbrötli waren insbesondere auch von der Zürcher Oberschicht geschätzt. So sehr, dass Boten extra nach Baden eilen mussten, um sie möglichst frisch der Zürcher Herrschaft zu bringen.

Eisenbahnfans kennen sicherlich den Namen der ersten schweizerischen Eisenbahn, die Spanischbrötlibahn. Sie wurde im Jahr 1847 eingeweiht und verband die Städte Baden und Zürich. Die Strecke konnte zur Freude der Zürcher Liebhaber von Spanischbrötli in nur 45 Minuten bewältigt werden, während der Weg früher über fünf Stunden Fussmarsch bedeutete. Die vermutlich älteste bildliche Darstellung eines Badener Spanischbrötli stammt von Ernst Ludwig Rochholz, einem volkskundlich interessierten Kantonsschullehrer aus Aarau. Das Bild, welches er um 1850 zeichnete, zeigt ein quadratisches Blätterteiggebäck mit drei parallelen Einkerbungen, die von einer Ecke zur anderen führen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verlor das Spanischbrötli seine Bedeutung als Teil des Frühstücks. Gipfeli und Weggli wurden die Rivalen des Backwerks.

Produktion

Die Herstellung des Spanischbrötli erfordert eine hohe Kunstfertigkeit. In den leicht gekneteten Vorteig aus Mehl, Wasser, Butter wird die Tafelbutter exakt eingeschlagen. Der Teig wird mehrfach sorgfältig und gleichmässig ausgewallt und übereinander geschlagen. In der Fachsprache nennt man diesen Vorgang Tourieren. Dabei summieren sich die übereinander gelegten Butter- und Teigschichten schnell: Ein klassischer Blätterteig besteht aus 729 Lagen Butter, die sich zwischen 730 Lagen Teig befindet. Der tourierte Teig kommt einige Stunden in die Kühle zur Ruhe. Um das Spanischbrötli herzustellen, wallt der Bäcker den Teig aus und schneidet ihn in 9 x 9 cm grosse Quadrate. Diese bestreicht er zweimal mit Eigelb und zeichnet sie mit einer Gabel. Danach kommen die Spanischbrötli in den Backofen.

Das neue, gefüllte Spanisch Brödli verlangt zusätzliche Arbeitsschritte: Der Bäcker legt den ausgewallten Teig auf ein Backblech und bestreicht ihn mit der Füllung. Darauf kommt eine zweite Teigschicht die mit Eigelb bestrichen wird. Dann kommt der noch ungeschnittene gefüllte Teig in die Kühle, da sie kalt viel besser geschnitten werden kann. Ganz zum Schluss muss die Oberfläche noch mit einem Messer fein eingeschnitten werden. Nach gut 18 Minuten im Umluftofen ist das Spanisch Brödli fertig. Die süsse Variante des Spanisch Brödli wird teilweise mit Staubzucker bestäubt.

Konsum

Das klassische Spanischbrötli schmeckt am besten frisch gebacken, im  Idealfall wird es halbwarm gegessen. Es wurde und wird heute noch ab und zu gerne zu Rot- oder Weisswein genossen. Eine „Hoch-Zeit“ erlebt das Gebäck bei den wiederkehrenden Badenfahrten, Stadtfesten und Hochzeiten von Bürgern und Bürgerinnen von Baden.

Das auf die Badenfahrt im Jahr 2007 lancierte gefüllte Spanisch Brödli wird ähnlich wie ein Nussgipfel oder ein Stück Kuchen zu Tee, Kaffee, zum Znüni, zum Zvieri oder zwischendurch gegessen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Das Spanischbrötli ist ein Gebäck für spezielle Anlässe und gehört nicht mehr ins Alltagssortiment der Badener Bäcker. Dementsprechend klein ist die wirtschaftliche Bedeutung. Es wird nur noch auf Bestellung und auf bestimmte Festtage hin hergestellt.

Das neue Spanisch Brödli hingegen ist ein wichtiges Produkt in Baden, das mehrmals täglich gebacken wird. Denn: Frisch schmeckt es am besten!

... anderes

Der Zürcher Johann Martin Usteri war dem Spanischbrötli so sehr zugeneigt, dass er ihm sogar ein Gedicht widmete: „Preist das herrlichste Gebäck, das je die Kochkunst erfand! Spanischbrod, du bist der Kuchen, den die feinsten Schmecker suchen“. Das Spanischbrot, so kann man dem Gedicht weiter entnehmen, soll bei negativen Gemütslagen ein Stimmungsaufheller sein. Usteris Freund David Hess entdeckte in Baden jedoch etwas, das die Begeisterung für das Spanischbrötli hätte dämpfen können: Die leeren Schachteln, die für den Transport der Spanischbrötli verwendet wurden, lagerten an einem ungewöhnlichen Ort: nämlich im Hundestall. Zu lesen in seinem Buch "Die Badenfahrt" aus dem Jahr 1818.

Literatur

  • Spycher, Albert,   Leckerli aus Basel. Ein oberrheinisches Lebkuchenbuch,   Buchverlag Basler Zeitung,   Basel,   1991.  
  • Morel, Andreas,   Basler Kost. So kochte Jacob Burckhardts Grossmutter,   Morel, Andreas,   Basel,   2000.  
  • Büchi, L.,   Heinrichsbader Kochbuch,   Art. Insitut Orell Füssli,   Zürich,   1897 (?)/ o.J.  
  • Währen, Max,   Gesammelte Aufsätze zur Brot- und Gebäckkunde und -geschichte. 1940-1999,   Deutsches Brotmuseum Ulm (Dr. Hermann Eiselen),   Ulm,   2000.  
  • Richemont Fachblatt,   Fachschule Richemont Luzern,   ab 1945.  
  • Badener Neujahrsblätter 1985,   Literarische Gesellschaft Baden und Vereinigung für Heimatkunde des Bezirks Baden,   Baden,   1986.  
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,   Staub, Friedrich et al..  
  • Fricker, Bartholomäus,   Geschichte der Stadt und Bäder zu Baden,   Aarau,   1880.  
  • Fremdenblatt von Baden,   Kur- und Verkehrsverein Baden,   Baden,   20.8.1939.  
  • Fremdenblatt von Baden,   Baden,   1939.  
  • Saison-Küche,   Limmatdruck AG,   Zürich,   1997.  
  • Blätterteig / Le feuilletage,   Zürich,   1950.  
  • Neue Zürcher Zeitung,   Zürich,   1997.  
  • Morel, Andreas,   Nordschweiz,   Basel (?),   17.5.1990.  
  • Aargauer Zeitung,   AZ Medien (?),   Aarau,   28.1.1997.  
  • Bernerisches Kochbüchlein (Faksimile Nachdruck),   Bern,   1970.  
  • Bronner, Franz Xaver,   Der Kanton Aargau historisch, geographisch, statistisch geschildert. 2 Bde. 2. Bd. (Gemälde der Schweiz),   St. Gallen/Bern,   1844.  
  • Spycher, Albert,   Back es im Öfelin oder in der Tortenpfann,   Schwabe AG,   Basel,   2008.  
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