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Tannenspitzenhonig / bourgeons de sapin au miel

Tannenschösslihonig

Tannenspitzenhonig / bourgeons de sapin au miel

In sintesi

Der Tannenspitzenhonig ist eine Art Melasse, also ein Honigersatz. Im Volksmund nennt man diese Zubereitungsart „Honig“. Der klare Tannenspitzenhonig bewegt sich farblich zwischen Bernstein und einem hellen Rostrot. Je dunkler die dickflüssige Masse ist, desto stärker hat der Zucker beim Einkochen karamellisiert. Der Tannenspitzenhonig ist vor allem süss, verfügt jedoch über die zusätzlichen Geschmacksnoten von zitronig-frisch und dezent harzig.

Im Schweizerdeutschen nennt man diesen süssen, würzigen Honig auch Tanneschösslihonig. Tanneschössli sind die jungen, grünen Triebe der Tannen.  

Der Tannenspitzenhonig gehört, wie auch der Löwenzahnhonig, zu den Latwergen. Eine Latwerge ist grundsätzlich weniger flüssig als ein Saft, so dass man davon etwas mit der Messerspitze nehmen kann, ohne dass es von den Seiten herunter laufen sollte, definiert die Encyklopädie von Krünitz um 1800 den Begriff. Latwerge bestehen aus Pulvern, Extrakten, Konserven, Ölen, Gummis, Harzen und ähnlichem, die mit einem Zuckersaft oder geläutertem Honig ganz einfach vermischt werden, so Krünitz.

In der Westschweiz kennt man den „bourgeon de sapin au miel“ der jedoch eher in flüssiger Form, als Tannenspitzensirup, verkauft wird.

Descrizione

Eine dicklüssige, honigähnliche, amberfarbige Masse

Ingredienti

Tannenspitzen, Zucker, Wasser, Zitrone 

Storia

Wann genau die Idee aufkam, die jungen, hellgrünen Triebe der Tanne mit Zucker zu kombinieren und einzukochen, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Vermutlich passierte das irgendwann im 19. Jahrhundert, als der Zucker erschwinglich wurde und im Gegensatz dazu der Preis des Bienenhonigs anstieg.

Tannenspitzen wurden jedoch schon früher in Bienenhonig eingelegt. Diese Form des Tannenspitzenhonigs wurde aber als Medizin eingenommen. In der Schwieg sind noch heute verschiedene Hustenmittel mit Tannenspitzenextrakt erhältlich.

Honig war lange Zeit das wichtigste Süssmittel in der Schweiz, und ein recht teures dazu. Es ist deshalb anzunehmen, dass der Tannenspitzenhonig, mit Zucker gemacht, ein Nachahmerprodukt ist, und wie der Löwenzahnhonig der Honig der armen Leute war. In seiner Encyklopädie führt Krünitz die Vor- und Nachteil des Einmachens mit Honig beziehungsweise mit Zucker auf. Beim Einmachen mit Zucker bleiben die Farbe und der Eigengeschmack der Früchte besser erhalten.

In den konsultierten, alten, gedruckten Kochbüchern taucht der Tannenspitzenhonig nicht auf. Und auch der besuchten 70jährigen Produzentin aus dem Emmental war dieser als Kind unbekannt. Die Familie führte damals schon eine Gärtnerei, neben einer Wirtschaft und einem Landwirtschaftsbetrieb. Die Produzentin erzählt wie sie zum Tannenspitzenhonig kam: Eines Tages, etwa vor 50 oder 60 Jahren, kam die Frau des Obergärtners und wollte wissen, wo sie junge Tannenspitzen finden könne. Sie beabsichtigte damit Tannenspitzenhonig machen. Die Mitglieder der Familie der besuchten Produzentin fanden dies damals etwas speziell. 

Die besuchte Produzentin kann sich jedoch erinnern in einem alten, zerflederten Notizbuch einmal auf das Wort «Tannenhonig» gestossen zu sein. Ein Rezept dazu war es nicht, sondern es stand geschrieben, man solle zu den Waffeln Tannenhonig reichen.

Gedruckte Rezepte für Tannenspitzenhonig beziehungsweise Tannenspitzensirup erscheinen seit den 1970er Jahren im Umkreis der «Zurück-zur-Natur-Bewegung», Selbstversorgung oder Kräuterküche. Beispiele sind etwa Oskar Martis «Die Natur im Kochtopf. 650 Rezepte aus OSKIS Kräuterküche» aus dem Jahre 1975 oder «Die Freuden des Landlebens" aus dem Jahre 1981.

Produzione

Die Herstellung von Tannenspitzenhonig ist eine aufwändige Sache: Zuerst müssen die Tannenspitzen, seien sie von Rot- oder Weisstanne, von Hand von den Ästen getrennt werden. Die besuchte Produzentin entfernt von den Spitzen auch die braunen „Hülschen“. Würde sie diese mitkochen, gäben sie dem Honig einen starken Goût, der ihr nicht zusagt. Die Triebe müssen sich bei der Lese schon geöffnet haben. Wichtig ist, dass man ganz junge Triebe nimmt, damit der Tannenspitzenhonig keinen harzigen Geschmack erhält. Die besuchte Produzentin nimmt sogar nur Tannenspitzen von jungen Bäumen, denn diese haben die zartesten Triebe und ergeben deshalb den feinsten Geschmack.

Bei der Honigherstellung kocht die Produzentin die grünen Tannenspitzen zusammen mit Wasser und Zitronenscheiben auf. Die Zitrone gibt dem Tannenspitzenhonig etwas Spritzigkeit im Geschmack, sie wirkt aber auch als Konservierungs- und Geliermittel. Nun kocht die Produzentin die Mischung etwa sieben Minuten ein, danach stellt sie den Herd ab, und lässt die Pfanne gut 30 Minuten auf der heissen Kochplatte stehen.

Anschliessend nimmt die Produzentin den Sud vom Herd und siebt ihn durch ein Nesseltuch ab. Die Tannennadeln bleiben im Tuch zurück, die Flüssigkeit wird in einem Gefäss aufgefangen. Mit Vorteil lässt man die Nadeln lange, gar über Nacht, im Tuch, durch das Eigengewicht drückt die Masse die Flüssigkeit aus den Nadeln. Danach schüttet die Produzentin die milchige Flüssigkeit in einen Topf und rührt den Zucker in den Sud. Mit Vorteil nimmt man nur wenig Sud und verwendet einen weiten Topf zum Einkochen. So verdampft das Wasser besser und schneller, der „Honig“ wird schneller dickflüssig als wenn man viel Flüssigkeit auf einmal einkocht. Das Einkochen des Sudes dauert etwa 15 Minuten, immer wieder rührt die Produzentin mit einer Holzkelle und kontrolliert so die Konsistenz. „Ich habe den Eindruck, dass durch das Rühren die Flüssigkeit regelmässiger eindickt“, erklärt die Produzentin.

Die Farbe verändert sich durch das Einkochen und am Schluss ist ein amberfarbiger Honig entstanden. Der ideale Zeitpunkt für den perfekten Tannenspitzenhonig findet die Produzentin mit Hilfe der Gelierprobe: Dazu gibt sie etwas Honig auf einen Teller, zieht die Masse nun Fäden, dann ist der Honig bereit zum Abfüllen. Es ist besonders wichtig den Tannespitzenhonig nicht allzu dick einzukochen, da er beim Erkalten fester wird. 

In der Zwischenzeit hat die Produzentin die ausgespülten Gläser und Deckel im Ofen bei etwa 70 bis 80 Grad gestellt. Die Gläser müssen absolut trocken sein, wenn der Honig eingefüllt wird. Sind sie beim Einfüllen feucht, hält sich der Honig nicht lange oder es bildet sich gar Schimmel. Bevor die Produzentin die Gläser einfüllt, schöpft sie den Schaum ab.

Die gefüllten Gläser werden verschlossen und mit einem Tuch bedeckt auf den Kopf gestellt damit sich die Masse langsam abkühlt und die Luft im Tannespitzenhonig nach oben steigen kann. 

Die Tannennadeln müssen übrigens nach dem Auskochen nicht weggeworfen werden. Einige Produzenten geben sie zusammen mit Essig in Steinguttöpfe und machen daraus einen Tannenspitzenessig.

Consumo

Die Saison für die Herstellung des Tannenspitzenhonigs ist nur kurz. Normalerweise wird der Tannenspitzenhonig auch nur im Frühling verkauft. Die produzierte Menge der besuchten Produzentin reicht normalerweise nicht für das ganze Jahr. Wer frisch gemachten Tannenspitzenhonig kauft oder den Honig selber herstellt, wartet mit dem Konsum noch vier Wochen bis er noch etwas nachgedickt ist.

Gegessen wird der Tannenspitzenhonig wie Bienenhonig als Brotaufstrich. Er kann aber auch zur Verfeinerung von Desserts eingesetzt werden.

Tannenspitzenhonig ist bis zu anderthalb Jahren haltbar, wenn er an einem dunklen, kühlen Ort aufbewahrt wird. Wer ihn sucht, findet ihn eher in ländlichen Regionen. In der Stadt bietet ihn aber ab und zu eine Marktfrau an oder er ist im Reformhaus vorhanden.

Importanza economica

Für die besuchte Produzentin ist die Herstellung von Tannenspitzenhonig ein Nebenerwerb. Mehr als 160 Gläser Tannenspitzenhonig pro Jahr hat sie noch nie produziert. Insgesamt füllt sie jährlich etwa 1’000 Gläser à 240 Gramm mit Eingemachtem, sei es Konfitüre oder „Honig“. Der Tannenspitzenhonig wird neben einer Vielfalt von anderen Konfitüren und getrockneten Kräutern im eigenen Laden verkauft. Für ein Glas von 240 Gramm bezahlt man im Jahre 2008 sechs sFr, das macht einen Kilopreis von gut 24 Franken. Aber eigentlich ist das in keinem Verhältnis zur realen Arbeit, meint die Produzentin. Doch wer bezahlt für ein Kilo Tannenspitzenhonig 100 Franken?

Ein mittelgrosses Toggenburger Familienunternehmen, bekannt für seine vollwertigen, natürlichen Lebensmittel und Tees, stellt in grösseren Mengen Tannenspitzenlatwerge her. Gemacht wird sie mit Glucosesirup, Fruchtzucker, Tannenknospenextrakt, Melasse, Kräuterextrakt und natürlichem Aroma.  

Geschmacklich unterscheidet sie sich somit vom Produkt der Emmentaler Produzentin. 375 Gramm davon kosten 5.80 sFr.

Fonti

Frutta, verdura e piante Print

Epicentro di produzione

CH
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