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Leberwurst

Saucisse grise

En bref

Die Leberwurst ist eine Kochwurst, bestehend aus grob gescheffeltem Sigel- und Kopffleisch, aus Schweineleber sowie Zwiebelnschwitze und einer Gewürzmischung. Sie wird nur im Herbst und Winter hergestellt. Man darf sich vom Namen nicht täuschen lassen, in der Leberwurst beträgt der Leberanteil laut dem „Schweizerischen Lehrbuch für Metzgerinnen und Metzger“ nämlich nur 15 Prozent. Weit höher sind die Anteile von Schweine- oder Rindskopffleisch und von so genanntem Sigelfleisch, womit Herz, Lunge und Zwerchfell gemeint sind. Aber Leberwurst klingt nicht nur appetitlicher als etwa Schweinekopfwurst, das Organ ist tatsächlich ein sehr wichtiger Geschmacksträger der klassischen Kochwurst. Ein zu hoher Leberanteil würde die Wurst rasch einmal bitter werden lassen.

Zusammen mit ihrer kongenialen Partnerin, der roten Blutwurst, bildet die grau-weisse Leberwurst das Deutschschweizer Wurst-Traumpaar schlechthin. Beide Kochwürste, die möglichst frisch am besten schmecken, sind untrennbar mit der Hausmetzgete, dem Schlachten eines Schweins im Spätherbst und Winter, verbunden. Von dieser jahrhundertealten Tradition, die heute selten geworden ist, zeugt noch immer die Saisonalität des Wurstpaares: Sie werden in der Schweiz praktisch ausschliesslich im Spätherbst und Winter konsumiert, obschon man mit den heutigen Kühltechniken längst nicht mehr auf die kühlen Temperaturen der kalten Jahreszeit angewiesen ist.

In der Romandie sind Leberwürste weniger verbreitet, ganz im Gegensatz zur Blutwurst, die auch in der Westschweiz sehr beliebt ist. Das Wurst-Traumpaar „Blut- und Leberwurst“ scheint eine Deutschschweizer Eigenart zu sein. Im Tessin ist die Leberwurst sogar praktisch unbekannt.

Description

Kochwurst, bestehend aus grob gescheffeltem Sigel- und Kopffleisch, aus Schweineleber sowie Zwiebelnschwitze und einer Gewürzmischung. Sie wird nur im Herbst und Winter hergestellt.

Ingrédients

Nach ABZ Spiez: 65 % Kopf- und Sigelfleisch vom Schwein und Rind, 15 % Schweineleber, 10 % Brühe, 4 % Schmer, 3 % Frischzwiebeln, 3 % Kohl. Gewürze: Kochsalz, Rosinen, Majoran, Koriander, Pfeffer, Muskatnuss und Zimt.

Histoire

Die Leber- und Blutwurst entstammen der Hausmetzgete, die in ländlichen Regionen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein verbreitet war. An diesen Hausmetzgeten in der kalten Jahreszeit sollten möglichst alle Teile des Schweins verwertet werden, vom Schwänzli bis zum Schnörrli, die alle essbar sind. Selbstverständlich zählten auch die Leber und das Blut dazu. Da beides rasch verdirbt, wurden sie so schnell wie möglich gekocht und zu Würsten verarbeitet. Nicht selten genoss man Leber- und Blutwürste noch bevor das Schwein ganz zerlegt war.

Die Herstellung der Leberwurst mag heute weit gehend in den Händen der Berufsmetzger liegen, geändert hat sie sich deshalb aber kaum. Die Frische der Zutaten ist weiterhin unerlässlich für eine gute Leberwurst, die gerade wegen der Leber, die der Kochwurst den unverwechselbaren Geschmack verleiht, so beliebt ist wie eh und je.

Wie weit dieses „eh und je“ zurückreicht, lässt sich nicht genau sagen. Eine sehr frühe schriftliche Erwähnung findet sich in Peter Bührers im Jahre 1991 erschienenen Buch „Schweizer Spezialitäten“. Darin wird eine Küchenordnung aus dem Jahre 1480 zitiert, die ein St. Galler Abt für einen Hof aufgestellt hatte. „Leber- und Blutwürsste vom Schwein“ sind darin als Teil des Mittagmenüs vermerkt. Ein Jahrhundert später gibt ein Kochbuch aus dem Wallis, das im Jahre 2001 von Albert Hauser und Sara Galle unter dem Titel „Gebts uber tisch warm für gest“ editiert wurde, ein detailliertes Leberwurst-Rezept wieder: „Nembt ein leber. Hackt sey klein (…). Nembt 4 oder 5 aier. (…) Schlacht sey an die leber. Nembt in wenig siesen milchraum auch darunder. Gewirzt mit imber (Ingwer), phefer (Pfeffer) (…), musgatnuss und auch ein wenig weinber. (…). Riert alles undereinanderen. Nembt ein guets kalbsnetz. (…). Thut die gehackt leber darein. Macht es nit zue foll. Legt es in ein durtenpfendell (Tortenpfanne). Thuet ein schmaltz darein (…). Lasse als ein stundt bachen. (…) Sey seindt gueth.“ Wie das nächste Kapitel offenbart, hat sich an der Leberwurst-Produktionsweise doch einiges verändert in den letzten vier Jahrhunderten.Nicht verändert hat sich, wie schon erwähnt, der Zeitpunkt des Leberwurst-Konsums, der bis heute ausschliesslich in die kalte Jahreszeit fällt. Poetisch auf den Punkt gebracht wurde dieser Umstand schon im Jahr 1913 durch den Basler Dichter Dominik Müller (1871-1953): "Und sieh, es naht der Santiklaus; Der bärtige Himmelsfürste; Die Kinder sind voll Freudengraus; Und fast in jedem Wirtehaus; Gibt’s Blut- und Leberwürste."

Auch die unmittelbare Nähe zur Metzgete wird in der Literatur immer wieder verdeutlicht, etwa in der volkskundlichen Beschreibung „Metzgete in Iffwil“ von Liselotte Andermatt-Guex aus dem Jahre 1991, in der eine bestimmte Figur die Metzgete sowie die Herstellung von „Bratwurst, Blutwurst, Leberwurst, Schwartenwurst und Fleischwurst“ entscheidend prägt: der Störmetzger. Das waren meist Landwirte oder ausgebildete Metzger, die sich in der Winterzeit mit der Metzgerei auf dem Hof von Kunden einen Zusatzverdienst erarbeiteten. Oftmals war die Metzgete ein grosser Festanlass und das feierliche Essen der frischen Würste der Höhepunkt, wie der Volkskundler Eduard Strübin in seinem im Jahr 1991 erschienenen Werk „Jahresbrauch im Zeitenlauf“ ausführt: „Noch um 1900 nennt ein alter Prattler die Metzgete „das wichtigste Familienfest. (…) Es gab Familien, die bis fünfzehn Personen einluden.“ Zu Tisch gebeten wurden die Nachbarn, die natürlich Gegenrecht erhielten, Vetterlüt und Freunde, auch auswärtige, manchmal Pfarrer und Lehrer.“

Production

„Immer am Montag, morgens um halb fünf schlachten wir Schweine, und um zehn Uhr stehen die frischen Leber- und Blutwürste bereits im Laden zum Verkauf bereit“, umfasst der besuchte Metzger den zeitlichen Rahmen des Produktionsablaufes. Keine sechs Stunden also dauert es, dann ist die Leberwurst verkaufsbereit. Weil alles relativ schnell gehen muss, ist eine gute Vorbereitung die halbe Miete. Und die beginnt schon am Vorabend, wenn die Zwiebeln geschält und gehackt werden, die Gewürze genau abgewogen sind, und alle Geräte am richtigen Ort stehen. Auch das Schlachten des Schweins fordert seine Vorbereitung. Es braucht ein Gefäss, um das Blut aufzufangen, das für die Blutwürste gebraucht wird. Dann ein scharfes Messer, um die Halsschlagader aufzuschneiden. An dem ist übrigens ein Schlauch befestigt, der das Blut in das vorbereitete Gefäss leitet. Anschliessend wird das Tier in eine so genannte Brühkratzmaschine gelegt. Dort wird das Schwein in 60 Grad warmem Wasser maschinell entborstet, „und wenn dann noch ein paar Borsten übrig sind, werden die mit einem Bunsenbrenner abgebrannt“, erläutert der Metzger. Erst dann wird das Schwein zerlegt. Der Kopf zuerst und dann wird der Bauch aufgeschnitten, um es auszuweiden. Für die Leberwurst ist nun schon alles parat: die Leber, Teile des Schweinskopfes oder auch Rindskopfes, etwas Lunge sowie ein bisschen Herz und das Schmär, das Fettgewebe zwischen Bauchfell und innerer Bauchmuskulatur, das man ausschmelzt, um die vorbereiteten Zwiebeln darin zu dünsten.

Nun muss man das Kopffleisch und die Innereien in grossen Kochkesseln rund zweieinhalb Stunden mässig kochen. Nach einer Stunde wird auch ein wenig Kohl beigegeben. Die in Stücke geschnittene Leber dagegen, von der die Gallenkanäle entfernt wurden, wird nur kurz abgebrüht. Sowohl das eingekochte Kopf- und Sigelfleisch wie auch die abgebrühte Leber kontrolliert der Metzger auf allfällige Knochensplitter und scheffelt sie anschliessend noch heiss und dampfend durch eine 5-mm-Scheibe. Die zuvor im Schmär gedünsteten Zwiebeln, „die nie roh sein dürfen, weil man sonst Gefahr läuft, dass sie zu gären beginnen“, wie der Produzent erklärt, die Gewürze und die entstandene Fleischbrühe werden von Hand mit einer Kelle unter das gescheffelte Fleisch gemischt. Jeder Metzger vertraut dabei seiner eigenen Gewürzmischung, in diesem Falle besteht sie aus Salz, Pfeffer, Muskat, Majoran, Koriander, Zimt und Rosinen.

Sind die einzelnen Bestandteile gut vermischt, wird die Masse in Rindskranzdärme gestossen, die im Normalfall ein Kaliber von 42/44 Millimeter aufweisen. Satte 300 bis 400 Gramm wiegt eine solche Leberwurst. Der Produzent stellt sie aber auch in kleineren Grössen her. Während 15 bis 20 Minuten werden die Leberwürste dann in circa 80 Grad heissem Wasser pochiert, um den Darm einzuweichen; die Leberstücke sowie das Kopf- und Sigelfleisch sind ja bereits gekocht. Abschliessend werden die Würste in einem Wasserbad wieder abgekühlt und gleich nach oben in den Laden gebracht. Frischer geht’s nicht…

Ein Blick in die unzähligen Leberwurst-Rezepte in den Kochbüchern der letzten drei Jahrhunderte macht schnell deutlich: Die Leberwurst schlechthin gibt es nicht, vielmehr eine Vielzahl an Variationen. So erweitern besonders ältere Rezepte die Palette der Innereien um Herz, Niere und Milz. Im „Lindauer Kochbuch“ aus dem Jahr 1904 wird die Beigabe von „Füssen“ empfohlen. Weitere Beigaben, die gleich mehrmals genannt werden, sind in Milch eingelegte Semmeln oder Rahm. Auf der anderen Seite tauchen Kohl und Rosinen, die in der eben beschriebenen Variante wesentliche Bestandteile der Leberwurst ausmachen, nicht überall auf. Der Variantenreichtum, der sich in den Kochbüchern offenbart, muss auch auf die Metzgereien übertragen werden: Jede pflegt seine Leberwürste nach bestem, aber eigenem Wissen herzustellen.

Consommation

Leberwürste sollten möglichst frisch konsumiert werden, „am besten innerhalb von drei, vier Tagen“, empfiehlt der besuchte Metzger. Im Kühlschrank aufbewahrt, bleiben die Würste zwar länger als vier Tage haltbar, besser werden sie aber nicht.

Klassischerweise wird die Leberwurst, meist zusammen mit der Blutwurst, in heisses, aber nicht siedendes Wasser gegeben und 20 bis 30 Minuten ziehen gelassen. Anschliessend serviert man sie zu Salzkartoffeln und Sauerkraut, oder zu Gschwelti und Apfelschnitzen, wie es im Emmental üblich ist. Man schneidet die Leberwurst in der Mitte auf und drückt den Wurstinhalt dann mit der Gabel aus dem Darm.

Einige Leute mögen die Leberwurst am liebsten, wenn sie nach dem Kochen noch in einer Bratpfanne angebraten wird.

Wie der Metzger berichtet, gibt es Kunden, die ihre Leberwurst auf ganz besondere Weise konsumieren: „Sie schneiden jeweils eine Leber- und eine Blutwurst auf, vermischen die beiden Wurstmassen untereinander und braten diese Mischung dann in einer Bratpfanne an.“

Die Saisonalität der Leber- und Blutwürste hat sich bis heute erhalten. Stellvertretend dazu sei der Kommentar einer Wirtin zitiert, der aus dem von Paul Imhof herausgegeben Buch „Culinarium – Essen und Trinken in der Schweiz“ stammt: „Eine Metzgete zur Aprikosenzeit, ist einfach absurd. Die Saison sollte stimmen – für so ein üppiges Mahl wie eine Metzgete muss es kalt sein: November, Dezember, Januar – das sind die richtigen Blut- und Leberwurst-Monate. Alles Frühere ist das Schwein zur Sau gemacht.“

Importance économique

Als saisonales Produkt spielt die Leberwurst vor allem in den Wintermonaten eine wichtige Rolle, dies im Gegensatz zu den meisten Brühwürsten, die während der sommerlichen Grillsaison ihre Blütezeit haben. Heutzutage sind es vorwiegend Metzger, die Leber- und Blutwürste herstellen, nur noch selten wird in ländlichen Gebieten zu Hause am Hof ein Schwein geschlachtet und zu Würsten verarbeitet. Wichtig ist die Leberwurst natürlich auch für die in Gastwirtschaften stattfindenen "Metzgeten". Dort findet man sie neben Blut- und Bratwurst auf dem Teller.

... et enfin

„Die beleidigte Leberwurst spielen“ lautet eine auch im Hochdeutschen bekannte Redewendung. Die Wendung soll ausdrücken, dass sich jemand aus nichtigem Anlass als Beleidigter aufspielt. Ihren Ursprung hat die umgangssprachliche Wendung wohl in der antiken Vorstellung, dass die Leber das Zentrum der Gefühle sei. Die zentrale Lage im Körper, die ungewöhnliche Grösse gegenüber den anderen Organen, die variable Form, die Essbarkeit und nicht zuletzt das Geheimnis um die Funktion der Leber „trug dazu bei, in ihr Naturkräfte und dämonisches Leben zu vermuten“, erfahren wir im „Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens“. Erst später wurde die Leber volksetymologisch mit der Erzählung verbunden, in der die Leberwurst vor Wut platzte, als die Blutwurst vor ihr aus dem Kessel genommen wurde.

Sources

  • Atlas der schweizerischen Volkskunde,   Weiss, Richard und Paul Geiger,   Basel,   1950.  
  • von Gunten, Fritz,   Alles ist Wurst. Auf dem Wurstweg durch die Schweiz,   Bern,   2006.  
  • Jaggi, Fritz und Adolf Loepfe,   Schweizerisches Metzgereigewerbe I. Teil. Sammlung von über 150 Rezepten und Anleitungen für die Wursterei,   Zürich,   1935.  
  • Riedl, Christine Charlotte,   Lindauer Kochbuch, für guten bürgerlichen und feineren Tisch eingerichtet (…),   Lindau,   1904.  
  • Sonder, Ambros,   Das ländliche Leben der Unterengadiner Gemeinde Tschlin (Schleins).,   Engadin Press,   Samedan,   1944.  
  • Strübin, Eduard,   Jahresbrauch im Zeitenlauf,   Verlag des Kantons Basel Land,   Liestal,   1991.  
  • Erpf, Hans,   Rund um die Wurst. Von A-Z,   Verbandsdruckerei AG Bern,   Bern,   1979.  
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,   Staub, Friedrich et al..  
  • Meyer, Kurt,   DUDEN. Wie sagt man in der Schweiz? Wörterbuch der schweizerischen Besonderheiten,   Dudenverlag,   Mannheim/Wien/Zürich,   1989.  
  • Kümicher, Caroline,   Constanzer Kochbuch. Oder praktische Anleitung zur schmackhaften und gesunden Zubereitung aller Speisen, besonders auch der Fast,   Constanz, St. Gallen,   1845.  
  • Hauser, Albert und Sara Galle,   "Gebts uber tisch warm für gest" Das Kochbuch von 1581 aus dem Stockalperarchiv,   Geschichtsforschender Verein Oberwallis,   Brig,   2001.  
  • Das grosse Buch der Zitate und Redewendungen,   Dudenredaktion,   Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich,   2002.  
  • Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten,   Freiburg,   1973.  
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Epicentre de production

Deutschschweiz. Auch in der Romandie wird sie hergestellt, im Tessin dagegen kaum.
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