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Fastenwähe

Fastewaje

In Kürze

Die Basler Fastenwähe ist ein bretzelähnliches Gebäck aus feinem Hefeteig, das mit Eigelb bestrichen und mit Kümmel bestreut wird.

Die Fastenwähe ist eine Spezialität der Region Basel und wird ausschliesslich ab der zweiten Januarwoche bis kurz vor Ostern hergestellt. Dieser Zeitraum ist keinesfalls zufällig: In der abendländisch-christlichen Kultur umfasst die Fastenzeit den 40-tägigen Zeitraum zwischen Aschermittwoch und Ostern. Die Fastenwähe führt die Tradition einer Fastenspeise – zumindest zeitlich – bis heute fort. In der Stadt wie auch auf der Landschaft kann die Fastenwähe dann in allen Bäckereien und auch bei den Grossverteilern gekauft werden. Vereinzelte Bäckereien in Bern, St. Gallen sowie im Zürcher Unterland stellen das Gebäck ebenfalls her.    

Im so genannten „Sunnereedli“ hat die Fastenwähe seit 1925 einen kleinen Bruder. Es handelt sich dabei um Fastenwähen im Miniformat, die in der Region Basel ganzjährig hergestellt werden und ein beliebtes Apérogebäck sind. Wobei nur das Aussehen gleich ist, die beiden Rezepte sind unterschiedlich. Ein weiterer naher Verwandter der Fastenwähe ist das Fastenbrötchen aus Plaffeien im Kanton Freiburg, das ebenfalls mit Kümmel bestreut ist, allerdings eine runde Form aufweist.

Nicht verwandt ist die Fastenwähe hingegen mit den schweizweit bekannten süssen und salzigen Wähen, jenen flachen, meist runden Gebäcken mit niederem Rand, die mit Früchten, Gemüse, Käse, etc. sowie einem Guss belegt sind. Tatsächlich bezeichnet der Begriff Wähe eigentlich die erwähnten Flachgebäcke und leitet sich wahrscheinlich vom mittelhochdeutschen „waeje“ für das Wehen des Windes ab – auch im Sinne von „Auseinandergelaufenem“. Diese Art von Gebäck wurde in Basel bis ins 18. Jahrhundert „Daarte“ genannt, wie Albert Spycher aufzeigen konnte. Erst danach setzte sich die vom Oberelsass herkommende Bezeichnung „Wähe“ fest. „Fastenweyen“ hingegen tauchen bereits im 16. und 17. Jahrhundert auf, wobei sich „weyen“ in diesem Falle auf das mittelhochdeutsche Wort „waehe“, als etwas Zartes, Feines, bezieht. Die Fastenwähe hat also einen anderen etymologischen Bezug als die süssen und salzigen Wähen.

Beschreibung

In Basel ist die Fastenwähe ein zwischen 45 und 95 Gramm schweres und 9 bis 13 Zentimeter langes, ausladendes bretzelähnliches Gebäck, das ausschliesslich ab der zweiten Woche Januar bis kurz vor Ostern hergestellt wird.

Variationen

Anstatt mit Kümmel mit grobem Salz bestreut.

Bis zu 70 Zentimeter grosse und fast 3 Kilogramm schwere Riesen-Fastenwähe auf Wunsch in verschiedenen Baseler Bäckereien bestellbar. Heute stellt eine Bäckerei Fastenwähe "provencale" mit einer Kräutermischung anstatt des Kümmels her.

Zutaten

Milch, Hefe, Salz, Malz, Mehl, Butter, Eigelb zum Bestreichen, Kümmel

Geschichte

Die früheste Erwähnung einer Fastenwähe findet man in den Ratsbüchern der Stadt Rheinfelden aus dem Jahr 1554, wo den Bäckern für den Verkauf ihrer Ware eine bestimmte Geldwährung vorgeschrieben wurde. In der Stadt Basel tauchen die ersten schriftlichen Belege für Fastenweyen fast 100 Jahre später auf, und zwar in einem Rechnungsbeleg für ein Essen der Klostergutsverwalter zu St. Clara aus dem Jahre 1649.

Ob es sich hierbei um das heute bekannte Gebäck handelte, bleibt ungeklärt. Nähere Beschreibungen und Rezepte tauchen schliesslich im 18. Jahrhundert auf: Im Jahre 1760 notierte der Basler Gelehrte Johann Jakob Spreng in seiner Mundartwörtersammlung „Idioticon Rauracum“, die Fastenwaaie oder Waaie sei eine „ablängliche Fastenbretzel mit einem Kreuz in der Mitte“. Erhärtet werden diese Angaben durch das Rezept „Milchbrot in Form einer Fastenwähe zu machen“ im Kochbuch von Valeria Huber aus dem Jahre 1773: „Der Teig wird über die Hand gestreckt und gezogen bis er eine lange Schlangen ist, in der Mitte bleibt er dicker, gegen die Ende zu dünner. Man legt ihn aufs Weÿenblech und umschlingt ihn zu einer Fastenweyen“.

Aus den Protokollen der Brotbeckenzunft geht hervor, dass die Weissbäcker im 18. Jahrhundert vor Weihnachten entscheiden mussten, ob sie im folgenden Jahr Fastenwähen oder Ankenwecken backen wollten, beides zu backen war ihnen nicht erlaubt. Die Zunftvorgesetzten bestimmten an einem Stichtag anhand der aktuellen Getreide- und Butterpreise das Teiggewicht von etwa 8 Loth (gut 125 Gramm) sowie den Stückpreis der Fastenwähe von 6 – 8 Pfennigen und begrenzten die Angebotsdauer auf die Zeit nach Dreikönigen bis und mit Ostersonntag, die bis heute Gültigkeit hat. In Notzeiten verbot die Obrigkeit die Herstellung von Fastenwähen und sonstigem „Ankenzeug“. Dies zum Leidwesen in Zunftstuben, wo zeitweilig auf diese Genüsse beim Morgenimbiss verzichtet werden musste. Rezepte aus der damaligen Zeit sind leider nicht vorhanden.  

Weissmehl und Butter waren noch im 18. Jahrhundert eher teure Zutaten. Dank zunehmenden Verbesserungen im Landwirtschaftssektor, etwa durch die Mechanisierung oder die Düngung, konnten Produktivität sowie Ertrag massiv gesteigert werden. Notzeiten wurden seltener, die Zutaten billiger, die Fastenwähe zunehmend für alle erschwinglich. Auch produktionstechnisch setzten noch im 19. Jahrhundert Veränderungen ein. Zur rationellen Herstellung der Fastenwähen in Kleinbetrieben wurde ein handliches Abstecheisen mit vier Klingen, das „Faschtewaaie-Yseli“ eingeführt.

Produktion

Im besuchten Betrieb werden die Fastenwähen im kleinen Team hergestellt. Um 3 Uhr früh wird der Hefeteig aus Weissmehl, Milch, Malz, etwas Salz und viel Butter hergerichtet und ruhen gelassen, so dass drei Stunden später, wenn der Teig sichtlich aufgegangen ist, die Produktion beginnen kann.

Der Bäcker lässt in der Aufschleifmaschine 55 Gramm schwere Teigkugeln formen, die von Mitarbeitern zu ovalen, an den Enden spitz zulaufenden Würstchen ausgewallt und auf bemehlten Brettern abgesetzt werden. Ein Bäcker drückt mit einem Holzstäbchen Stück um Stück in der Längsrichtung ein, ein anderer greift zum Abstecheisen, dem bereits erwähnten „Faschtewaaie-Yseli“. Das Durchstechen erfolgt mit exakten Bewegungen, damit der stark fetthaltige Teig nicht an den Klingen haften bleibt.    

Nun folgen das Bepinseln mit Eigelb und das Bestreuen mit Kümmel, der nach dem Backen gut sichtbar auf der Oberfläche der Fastenwähe klebt. Das anschliessende Auseinanderziehen der Teiglinge an zwei Enden lässt das typisch kreis- bis karoförmige Gebäck mit vier Löchern und einem Teigkreuz in der Mitte entstehen. Diese Form ist neben den Kümmelsamen das optische Erkennungsmerkmal der Fastenwähen und erinnert tatsächlich an eine Bretzel. Die geformten Fastenwähen werden dann auf Backbleche abgesetzt und in den 300 Grad heissen Ofen mit Oberhitze geschoben. Nach sechs bis sieben Minuten Backzeit sind sie oben goldbraun gebacken, während der Boden hell bleibt.

Konsum

Frisch aus dem Ofen, noch duftend und leicht dampfend, schmeckt die Fastenwähe am besten – sofern man Kümmel mag, den der prägt den Geschmack des Gebäcks entscheidend mit.    

Die Fastenwähe gehört in die Winterzeit. Bis heute wird sie in einem beschränkten Zeitraum von Mitte Januar bis Ostern hergestellt und konsumiert. Sie ist aber keine typische Fasnachtsspeise wie etwa die Zwiebel- oder Käsewähe.

Wirtschaftliche Bedeutung

Auf dem Platz Basel ist die Fastenwähe für Gross-, Klein- und Mittelbetriebe ein wichtiges Saison-Geschäft, wobei die Nachfrage als Ausdruck einer gewissen Sättigung kurz nach der Fasnacht rückläufig wird.   

Während der Saison stellen die Bäckereien in Basel tägliche schätzungsweise 50’000 bis 60’000 Fastenwähen her.

Literatur

  • Koellreuter, Isabel und Nathalie Unternährer,   Brot und Stadt. Bäckerhandwerk und Brotkonsum in Basel vom Mittelalter bis zur Gegenwart,   Schwabe AG,   Basel,   2006.  
  • Spycher, Albert,   Back es im Öfelin oder in der Tortenpfann,   Schwabe AG,   Basel,   2008.  
Konditorei- und Backwaren Drücken

Produktionsepizentrum

Region Basel.

Vereinzelte Bäckereien in Bern, St. Gallen sowie im Zürcher Unterland.

Im benachbarten deutschen Gebiet.

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