Glarner Netzbraten
In Kürze
Der Glarner Netzbraten ist ein zu einem Braten geformtes Brät aus Kalb- und Schweinefleisch, das mit einem Fettnetz vom Schwein (vorwiegend) oder Kalb umwickelt und mit einer Schnur eingebunden ist.
Wie es der Name sagt, handelt es sich beim Glarner Netzbraten um eine Spezialität aus dem Kanton Glarus, die auch vorwiegend in diesem Kanton produziert und konsumiert wird.
Seltsam mutet die Bezeichnung Braten an, hat doch ein Netzbraten nicht viel mit dem zu tun, was wir uns normalerweise unter einem Braten vorstellen. Er besteht nämlich nicht aus einem ganzen Stück Fleisch. Der Metzger zählt ihn auch nicht – wie er es bei Braten tut – zur Kategorie "Fleisch", sondern zu den "Fleischerzeugnissen zum warm Essen". Es sind wohl die Form und die Kochweise, die ihm die Bezeichnung Braten gegeben haben. Von der Produktionsweise ähnelt er eher einer Wurst, ist der Hauptbestandteil doch ein Brät, welches dem der St. Galler Bratwurst sehr ähnlich ist. Und weshalb der Zusatz Netz? Das geformte Brät wird nicht wie bei einer Wurst in einen Darm, sondern in ein Netz gehüllt. Das Netz ist auch ein Unterschied zu seinem nächsten Verwandten, dem Fleischkäse. Damit bei diesem das Brät zusammenhält, wird es in eine Cakeform gegeben. Und: Der Netzbraten wird mit Kochsalz gewürzt, der Fleischkäse mit Nitritpökelsalz. Dies führt zu einer leicht anderen Farbe. Der Fleischkäse ist rosa, da er wegen des Pökelsalzes ganz leicht umgerötet wird. Der Netzbraten bleibt jedoch hellweiss wie eine Kalbsbratwurst.
Beschreibung
Zu einem Braten geformtes Brät, das mit einem Netz umwickelt und mit Schnur eingebunden ist. Der Glarner Netzbraten wird in einem Gewicht von 500g, 750g oder 1kg produziert. Selten – für grössere Anlässe – auch mit einem Gewicht von 2 kg
Zutaten
Kalb- und Schweinefleisch, Speck oder Schwarte, Kalbskopfblock, Wasser oder Milch, Gewürze; Fettnetz (Omentum majus) vom Schwein (vorwiegend) der Kalb.
Geschichte
Schriftliche Quellen zum Netzbraten sind kaum vorhanden. Da im Glarnerland jedoch viele Metzgereien auch heute noch Familienbetriebe sind und die Rezepte von Generation zu Generation weitergegeben werden, können die Metzger einen relativ langen Blick zurückwerfen: "Bereits mein Grossvater machte den Glarner Netzbraten. Er wird also mindestens seit den 1920er Jahren produziert", meint ein befragter Glarner Metzger. Diese Zahl bestätigt ein anderer Metzger im Kanton Glarus. Auch bei ihm handelt es sich um einen Familienbetrieb, in dem der Grossvater den Netzbraten bereits herstellte. Und tatsächlich: In einem Glarner Rezeptbuch aus dem Jahr 1908 ist der Netzbraten schriftlich dokumentiert. Ebenso findet sich aus demselben Jahr ein Netzbratenrezept in einem Basler Kochbuch. Gut 100 Jahre reicht seine Tradition also mindestens zurück!
Produktion
Die Produktion des Netzbratens ähnelt stark derjenigen der St. Galler Bratwurst. Als erstes wird ein Brät hergestellt. Frisches Kalb- und Schweinefleisch – im Verhältnis 2:1 – Speck, Kalbskopfblock oder Schwarte werden mit Kochsalz zu einem zähflüssigen und feinen Brät verarbeitet. Der Kalbkopfblock ist ein vom Fett und Knorpeln befreiter Kalbskopf, der zusammen mit Salz und Schüttung im Blitz zu einem bindigen Brät, dem Block verarbeitet wird. Damit das Fleisch für den Netzbraten durch die hohe Tourenzahl des Blitzes nicht zu warm wird, fügt der Metzger kalte Flüssigkeit, die so genannte Schüttung, zu. Dies kann Eis, Wasser oder Milch sein. Neben dem Kochsalz werden Phosphat und Glutamat beigemengt. Zwiebeln, Pfeffer und Macis, die geriebene Samenhaut der Muskatnuss, sorgen für die Würze. Die Milch verleiht dem Glarner Netzbraten beim Braten die schöne braune Farbe und den feinen Geschmack. Anschliessend bringt der Metzger das Brät mit dem Wurstfüller in die für den Netzbraten typische Form: Im Gegensatz zu einer Wurst jedoch ohne Darm! Die weiteren Produktionsschritte sind die eigentlich charakteristischen Merkmale des Netzbratens. Denn nun wird er in das Netz gewickelt. Das Netz stammt heute meist von der Bauchdecke des Schweins. "Früher benutzten wir Kalbsnetze. Da die Kälber heute aber meist schwerer gemästet werden, verwenden wir in der Regel das feinere Schweinsnetz", erklärt der Metzgermeister. Nachdem der Braten im Netz ist, bindet ihn der Metzger kunstvoll mit einer Schnur zusammen: zuerst aussen herum, anschliessend in lockerer Knotentechnik von unten nach oben.
Konsum
Am besten schmeckt der Braten frisch vom Metzger. Er sollte nach dem Kauf rasch konsumiert werden, spätestens nach drei Tagen. Der Glarner Netzbraten wird im Kanton Glarus gerne an Sonn- und Festtagen serviert. In einigen Familien wird er traditionellerweise an Weihnachten oder Sylvester gegessen.
Der Braten wird in der Bratpfanne angebraten und geschmort, bis er gar ist. Üblicherweise kommt er an einer braunen Bratensosse mit Gemüse und Kartoffelstock oder Nudeln auf den Teller.
Wirtschaftliche Bedeutung
Jeder Glarner Metzger, der etwas auf sich hält, produziert den Glarner Netzbraten, dies meist täglich. Vor Wochenenden und Festtagen steigt das Produktionsvolumen deutlich an. Nach Schätzung des Metzgers verkaufen die zehn produzierenden Metzger im Kanton Glarus ca. 5 Tonnen Netzbraten pro Jahr (um 2006).
Literatur
- Knobel, Käthy, Kochen im Glarnerland. Traditionelle und eigene Gerichte, Landfrauen kochen, Liebefeld-Bern, 2004.
- Blumer, Anna-Katharina, 222 Rezepte. Kochbuch für die eigene Küche, Glarus, 1908.
- Schneider-Schlöth, Amalie, Basler Kochschule, Verlag von Friedrich Reinhardt AG, Basel, o.J. (ca. 1950).
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Produktionsepizentrum
Kanton Glarus