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Gumpesel

Gumpesel

In Kürze

Der Gumpesel ist eine Rohwurst mit ausgeprägtem Rauchgeschmack. Sie wird heute ausschliesslich aus Schweine- und Rindfleisch gefertigt. Die recht grossen Speckwürfel geben der Wurstaussenseite eine rumplige, fühlbare Struktur.

Der Gumpesel wird im bernischen Meiringen produziert und vorwiegend in dieser Gegend konsumiert.

Im Unterschied zur Urner Hauswurst, die einen Anteil an Ziegen- oder Hirschfleisch beinhaltet, besteht der Gumpesel ausschliesslich aus Rind- und Schweinefleisch. Ein weiteres Charakteristikum ist, dass er recht lange im Küchenrauch hängt und dadurch intensiv im Geschmack und recht hart und trocken im Fleisch ist. Der Gumpesel ist eine besonders würzige Variante der Rohwurst.

Beschreibung

Sehr trockene, gerade Rohwurst aus Schweine- und Rindfleisch. Der Gumpesel ist zwischen 300 und 900 Gramm schwer und von sehr unterschiedlicher Länge.

Zutaten

Schweine- und Rindfleisch, Speckwürfel, Kochsalz, Zucker, Gewürze, Rotwein. Je nach Produzent unterscheiden sich der Anteil von Schweine- und Rindfleisch sowie die Gewürze.

Geschichte

Der Gumpesel zählt zu den kulinarischen Besonderheiten von Meiringen. Der erste gewerbliche Gumpesel ist vermutlich Ende 19. Jahrhundert in der dem Gasthof Hirschen angegliederten Metzgerei gemacht worden. Der Gasthof Hirschen gehört zu einem der vielen typischen Bauten, die nach dem grosse Brand vom 25. Oktober 1891 nach fast städtisch wirkendem Vorbild erstellt wurden. Die Metzgerei existiert nicht mehr, das letzte Familienmitglied ist schon lange verstorben, und Papiere mit Notizen oder Rezepten sind der Nachwelt nicht überliefert. Ein befragter Metzger meinte, dass die Metzgerei Hirschen eine Art Patent auf den Gumpesel gehabt hätte.

Rohwürste vom Typ Salami, wie der Gumpesel eine ist, gibt es in der Deutschschweiz erst seit dem 18. Jahrhundert. Diese Technik war vorher hier kaum grossräumig verbreitet (auch wenn es in Berggebieten mit trockener Luft eben auch traditionell Trockenwürste gab, etwa im Wallis und im Urnerland). Dass man eine solche gerade in Meiringen findet, einem wichtigen Transitknotenpunkt zwischen Italien und der Schweiz, ist dabei sicherlich kein Zufall.

Doch nicht nur in gewerblichen Metzgereien wurde damals der Gumpesel hergestellt. Der besuchte Produzent berichtet, dass er als junger Mann, noch vor seiner Metzgerlehre, eine Zeit lang mit einem Störmetzger unterwegs gewesen war. Damals sah er, wie beliebt der Gumpesel auch bei den Bauern war, so dass er häufig bei der Hausmetzgete hergestellt worden ist. Als er dann nach der Lehre als Angestellter bei einem Metzger arbeitete, verfeinerten die beiden Männer Anfangs der 1970er Jahre ein übernommenes Rezept und passten es der Produktion von grösseren Mengen an. Bei der Hausmetzgete verarbeitete man etwa zehn Kilo Brät zu Gumpeseln, eine Metzgerei produziert natürlich einiges mehr aufs Mal.

Laut Aussagen dieses Produzenten soll für den Gumpesel im 19. Jahrhundert hauptsächlich Pferdefleisch verwendet worden sein, da dieses viel billiger als Rindfleisch war. Diese Aussage lässt sich leider nicht belegen. Sollte es jedoch stimmen, dass einst Pferde- oder gar Eselfleisch in dieser Wurst verarbeitet wurde, dann stösst man auf ein sehr emotionales Thema. Pferdefleisch zu essen, galt lange als etwas, dass nur die armen Schlucker machten.

Produktion

Schönes, handverlesenes Schweinefleisch sowie mageres Rindfleisch, beide angefroren und sorgfältig von Sehnen und Fett befreit, werden durch den Fleischwolf getrieben. Den Rückenspeck schneidet der Metzger mit der Speckwürfelmaschine in kleine Würfel. Fleisch und Speck werden in die Mulde einer Brotteigmaschine gegeben. Die beiden Rührarme dieser Maschine mischen die Zutaten untereinander, wobei das grobe Brät des Gumpesels sehr luftig bleibt. . Da das Fleisch leicht angefroren ist, wäre das Kneten von Hand nicht möglich. Bevor der besuchte Metzger eine eigene Maschine besass, benutzte er die Teigmaschine des Lebensmittelgeschäftes im Dorf.

Bis vor etwas 50 Jahren wurde das Fleisch nicht angefroren, sondern nur gekühlt verarbeitet und das Brät konnte von Hand gerührt werden. Mit den neuen Maschinen mussten die Rezepte angepasst werden. Nun muss man angefrorenes Fleisch nehmen, denn die Reibung in der Maschine erzeugt Wärme.

Nach und nach kommen die Gewürze wie etwa gebrochener und gemahlener Pfeffer, Kochsalz, Zucker, Salpeter, Rotwein und Cognac ins Brät. Alle Gewürze zählt der Metzger nicht auf, die genaue Zusammenstellung bleibt sein Geheimnis!

Nach etwa sechs Minuten prüft der Metzger, ob das das Brät die richtige Konsistenz hat. Das Eiweiss des Fleisches hat sich verändert und es sieht fast so aus, als würde das Fleisch Fäden ziehen. Nun füllt der Mitarbeiter den Trichter der Wurstspritze mit dem fertigen Brät, stösst es in die bereit liegenden Rinderdärme und verschliesst diese mit einem Clip. Jede Wurst ist ein Unikat, mal ist sie kürzer, mal ist sie dicker.

Dann werden die Würste auf Räucherstäbe aus Aluminium aufgezogen, in einen Wagen gehängt und in den Rohkochschrank geschoben. Hier nehmen die Gumpesel ein vierstündiges Dampfbad bei einer Temperatur von rund 25 Grad Celsius. Die Umrötung findet nun statt. Der Metzger muss gut aufpassen, dass das Dampfbad nicht zu heiss ist, sonst würden die Würste gekocht.

Einst hängte man die Gumpesel über den Wasserkessel, der sonst für das Brühen von Cervelats oder Aufschnittwürsten verwendet wurde. Der Dampf des Wasserkessels wärmte die Würste und die Umrötung lief an. Bei der Hausmetzgete legten die Bauern die Würste in einen Bottich mit kochendem Wasser und bedeckte sie mit einem feuchten Tuch.

Nach dem Dampfbad kommen die Würste bei fünf bis sieben Grad in den Kühlraum. Hier bleiben sie während ein bis zwei Tagen. Danach bringt der Metzger seine Würste zum Räucherhäuschen. Das Sägemehl von Hartholz eignet sich am besten zum Räuchern, so der befragte Metzger. Er und viele seiner Berufskollegen nehmen deshalb Buchenholz. In der Nähe befindet sich ein Gewässer, dank diesem ist der Naturboden des Häuschens immer gleich feucht, ein wesentliches Detail bei der Produktion des geräucherten Gumpesels. Ist nämlich beim Räuchern das Mikroklima des Räucherhäuschens zu trocken, dann gibt die äussere Schicht der Wurst die Feuchtigkeit zu schnell ab und der Darm trocknet aus. Die Feuchtigkeit, die noch im Wurstinnern sitzt, kommt nicht mehr durch die eingetrocknete Wursthaut und die Wurst verdirbt. Die Gumpesel hängen rund einen Monat im Rauch.

Dieses Rauchverfahren wird Küchenräucherung genannt. Sie bringt es mit sich, dass der Gumpesel nur im Winterhalbjahr hergestellt wird. Bei zu hoher Aussentemperatur zieht der Kamin nicht mehr richtig und das Fleisch verdirbt.

Die Wurst verliert während dieses ganzen Prozesses etwa 40 Prozent ihres ursprünglichen Gewichtes. Die Wurst ist deshalb recht hart und trocken.

Konsum

Wer einen längeren Aufenthalt in den Bergen plant, der holt sich am besten eine Trockenwurst wie den Gumpesel. Er hält sich problemlos zehn bis vierzehn Tage ohne Kühlschrank und kann gerade so, ohne weitere Zubereitung, kalt aufgeschnitten gegessen werden. Er wird zum Znüni, Zvieri und zum Znacht gegessen, manchmal liegt er auch aufgeschnitten auf dem Apéroplättli. Im Kühlschrank sollte er nicht offen aufbewahrt werden, denn es herrscht ein zu trockenes Klima. Er hält sich im Kühlschrank gut, wenn er in ein Papier eingewickelt ist. Ideal wäre ein eigener Rauchkamin zur Aufbewahrung, was für die meisten heute jedoch schwierig ist. Vakuumverpackt hält der Gumpesel drei bis vier Monate.

Das Militär bestellt den Gumpesel gerne für die Notration, diese Portion essen die Schweizer Soldaten und Soldatinnen, wenn sie nicht aus der Küche verpflegt werden.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die besuchte Metzgerei in Meiringen ist schweizweit bekannt für ihren Gumpesel. Alljährlich strömen Männer und Frauen aus den verschiedenen Regionen der Schweiz nach Meiringen. Manch ein Passfahrer verlässt den Laden mit 20 bis 30 Stück, denn Freundinnen, Bekannte und Verwandte haben ihre Bestellung aufgegeben.

... anderes

Pferdefleisch wurde in der Schweiz bis etwa 1800 nur in Notzeiten, das heisst im Krieg oder während Hungersnöten, gegessen. Erst mit zunehmender Industrialisierung stieg der Konsum langsam. Doch gegessen wurde es nur von Familien, die sehr wenig Geld zur Verfügung hatten. Im Laufe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen immer mehr Tiere zum Metzger oder ins Schlachthaus. Das geschätzte Arbeitstier in der Landwirtschaft, in der Armee und im Gewerbe wurde in der Nachkriegszeit von der Mechanisierung verdrängt. Seit dem 1. Juli 1995 ist der Verkauf von Pferdefleisch in allen Metzgereien erlaubt. Zuvor war es verboten, Pferdefleisch in den üblichen Metzgereien zu verkaufen, denn man befürchtete, dass die Metzger das günstigere Pferdefleisch als eine andere Fleischsorte zu höherem Preis verkaufen würden. Im Jura (Kanton und Region) gehört Pferdefleisch zum kulinarischen Erbe.

Literatur

  • Lehrbuch für Metzgerinnen und Metzger zur Grundausbildung und Weiterbildung für die Berufe der Fleischwirtschaft. Ordner 2,   Verband Schweizer Metzger Meister,   Zürich,   1998.  
  • Jacky, Wilhelm,   Die Fleischversorgung der Schweiz, mit besonderer Berücksichtigung der Stadt Zürich,   Zürich,   1927.  
  • Der Fleischmarkt im Überblick: 2005,   Proviande Schweiz,   Bern,   2005.  
  • Historisches Lexikon der Schweiz (HLS),   Historisches Lexikon der Schweiz,   Bern,   15.8.2006.  
  • Wöhner, Jens Uwe,   Bedeutung und Besonderheiten von Pferdefleisch als Nahrungsmittel,   Berlin,   1999.  
  • Das Fleisch - Wissenswertes rund ums Fleisch: von A wie Aufzucht bis Z wie Zubereitung,   Proviande Schweiz,   Thun,   2004.  
  • Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde,   1992.  
  • Le Temps,   29.10.2005.  
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Meiringen (Haslital)

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