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Saucisson neuchâtelois (IGP), saucisse neuchâteloise (IGP)

Neuenburger Wurst, Neuenburger Bratwurst

Saucisson neuchâtelois (IGP), saucisse neuchâteloise (IGP)

In Kürze

Die Neuenburger Wurst ist eine Rohwurst aus geräuchertem Schweinefleisch. Sie gehört zur Kategorie der Würste mit sogenannter unterbrochener Reifung (man könnte sie trocknen lassen, aber in der Regel werden sie gekocht, solange sie noch weich sind), welche typisch ist für die Westschweiz. Zur gleichen Kategorie gehören die Waadtländer Wurst, die Freiburger Wurst, die Boutefas, die Longeole, die Wurst aus der Ajoie sowie die Kohlbratwurst und Leberbratwurst. In der Deutschschweiz bevorzugt man im Allgemeinen die sogenannten «heissen Würste» wie die Kalbsbratwurst und den Cervelat. Im alpinen Raum ist die Trockenwurst zum roh essen der Favorit. 

Die Neuenburger Wurst und die Neuenburger Bratwurst sind im Register der geschützten geografischen Angabe (GGA) seit 2003 aufgeführt. Ein Pflichtenheft des Bundesamtes für Landwirtschaft beschreibt die Anforderungen, welche eine Wurst erfüllen muss, um von der GGA qualifiziert werden zu können.

Beschreibung

Wurst aus reinem Schweinefleisch in einem Rinderdarm, kalt geräuchert. Für die Wurst verwendet man geraden Rinderdarm, für die Bratwurst gebogenen Rinderdarm. Seit der Gründung der geschützten geografischen Angabe (GGA oder IGP) beträgt der Durchmesser der Wurst 40 bis 60 mm bei einem Gewicht von 200 bis 600 g, beziehungsweise 32 bis 35 mm bei der Brat-wurst. Dies sind die einzigen Unterschiede zwischen diesen beiden Produkten.

Variationen

Man kann dem rohen Teig gekochte Schwarten beimischen, solange das Verhältnis zwischen magerem Fleisch und Fett eingehalten wird.

Zutaten

Schweinefleisch, Speck, Salz, Pfeffer, Knoblauch, Rinderdarm

Geschichte

Die Geschichte der Neuenburger Wurst ist sicher ähnlich wie die ihrer Verwandten in den übrigen Kantonen der Westschweiz (siehe diesbezügliche Einträge). Da nur wenige schriftliche Doku-mente über die Neuenburger Wurst vorhanden waren, hat der Neuenburgische Verband der Metzgermeister in den Neunzigerjahren verschiedene Interviews mit ehemaligen Metzgern geführt, um die spezifisch kantonalen Ursprünge dieser Wurst herauszufinden. Einige dieser Metzger stammten aus Metzgerdynastien; sie bestätigten, dass bereits ihre Eltern und Gross-eltern die Neuenburger Wurst hergestellt hatten. So kann man mit guten Recht behaupten, dass die Neuenburger Wurst bereits im späten 19. Jahrhundert bekannt und berühmt war. In der Tat wird die Neuenburger Wurst in einem hauswirtschaftlichen Lehrbuch aus dieser Zeit als Neuenburgische Spezialität aufgeführt, neben anderen aktuellen Rezepten aus der Region. Dabei handelt es sich um das älteste schriftliche Zeugnis. In einem neuenburgischen Rezept von 1895, welches in der öffentlichen neuenburgi-schen Universitätsbibliothek aufbewahrt wird, spricht man von einer Wurst, welche höchstwahrscheinlich gekocht und warm gegessen wurde. Die Forschungen des Atlas der Schweizer Folklore, welche im Jahr 1930 durchgeführt wurden, sprechen von einer Herstellung der Neuenburger Wurst vom Val de Travers bis hinunter zum Südufer des Neuenburger Sees. Der Norden des Kantons (Juragebirge, Val de Ruz und Nordufer des Neuenburger Sees) ist die Heimat des nächsten Verwandten der Neuenburger Wurst namens «Fleischbratwurst», welche zu einer Schnecke geformt wird wie die Leberwurst, aber die Bestandteile der Neuenburger Wurst enthält. Die Fleischbratwurst wird noch heute von einigen neuenburgischen Metzgereien hergestellt. 

Diese alten Metzger erinnern sich an eine Wurst, welche fettiger war als die heutige. Ein durch-schnittliches Schlachtschwein wog damals 150 kg gegenüber rund 120 kg heutzutage. Das verwendete Fleisch war somit früher stärker mit Fett durchzogen als heute. Kommt dazu, dass bis vor kurzem einige Metzger einen Schweinedarm verwendet haben. Der Rinderdarm ist stärker und luftdicht; er ist der einzig zugelassene Darm nach den Richtlinien der GGA/IGP. Damit grenzt man sich auch deutlich von der Waadtländer und Freiburger Wurst ab. Das Räuchern dauerte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts drei bis sieben Tage gegenüber einem bis drei Tagen in der heutigen Zeit. Damals war eine längere Haltbarkeit gefordert als heute. Das heutige Räuchern bewirkt zwar eine gute Haltbarkeit, wird aber primär wegen des Geschmacks und nicht wegen der Haltbarkeit durchgeführt. Somit besteht kein Grund, das Räuchern in die Länge zu ziehen. Das hauswirtschaftliche Lehrbuch, von dem wir bereits gesprochen haben, präzisierte die Zubereitung: «Lassen sie die Wurst für eine bis zwei Stunden einweichen, dann kratzen sie vorsichtig die schwarze Russschicht ab». Demgegenüber hat die heutige Wurst eine goldbraune Farbe und ist nicht mehr schwarz wie früher.

Produktion

Die Neuenburger Wurst und die Neuenburger Bratwurst werden aus einer Mischung von zwei Dritteln magerem Schweinfleisch und einem Drittel Speck (Fett) hergestellt. Das Pflichtenheft der GGA/IGP legt fest, dass die Mischung im Minimum 60 % Magerfleisch und im Maximum 35 % Fett enthalten darf. Das Beimengen von gekochter Schwarte ist erlaubt, aber nicht erwünscht, im Gegensatz zur Genfer Longeole (siehe entsprechenden Eintrag). Im Kanton Neuenburg stelle man bis 1960 oder 1970 ebenfalls Würste aus gekochter Schwarte her. Aber der Neuenburger Wurst wurde nur selten Schwarte beigemischt. Der Teig wird anschliessend in Würfel von fünf bis acht Millimetern Kantenlänge geschnitten. Die einzigen erlaubten Gewürze sind Nitriersalz, Pfeffer und Knoblauch. Die Verwendung von Salpeter war früher üblich, aber das ist heute nicht mehr der Fall, da eine krebserzeugende Wirkung nachgewiesen wurde. Einige Metzger fügten noch «Carmi» (wilden Kümmel) hinzu, aber diese Version darf sich heute gemäss GGA/IGP nicht mehr Neuenburger Wurst nennen. Sobald die Wurstmasse in den Darm abgefüllt wurde, muss die Neuenburger Wurst und die Neuenburger Bratwurst während mindestens 12 Stunden bei Umgebungstemperatur zum Trocknen aufgehängt werden. Dann werden sie kalt geräuchert, das heisst bei einer maximalen Temperatur von 25°. Zum Räuchern wird ausschliesslich Nadelholz verwendet. In dieser Phase erhalten sie ihre goldene Farbe. Eine Mehrheit der Metzger ist sich einig, dass das Räuchern langsam erfolgen soll. Heutzutage dauert es einen bis drei Tage, wobei es in erster Linie um den typischen Räuchergeschmack, nicht um die Konservierung geht. Die minimale Herstellungszeit vom Hacken des Teigs bis zum Verkauf dauert 36 Stunden.

Konsum

Die Neuenburger Wurst und Bratwurst kann warm oder kalt genossen werden, muss aber auf jeden Fall vor Genuss für 30 bis 40 Minuten in 80° heissem Wasser pochiert werden. Sie wird oft zusammen mit Kartoffeln und Karotten und/oder gekochten Lauchstengeln im gleichen Topf gekocht. Man kann auch ‚sourieb’ (Rübenkompott), geschmorten Lattich, Lauch in Rahm, ‚petecha’ (Löwenzahnsalat) oder Kartoffelsalat beimischen. Die Neuenburger Wurst und Brat-wurst sind integrierende Bestandteile folgender Speisen: Saucisson mit Sauerkraut und Saucisson als Kuchen, Neuenburger Braten, Neuenburger Sauerkraut und kleiner Neuenburger. Im Kanton Neuenburg existiert noch eine Zubreitungsvariante, die sehr beliebt ist: die Röstung. «Dieses alte Neuenburger Rezept ist ein geschätztes sommerliches Mittag- oder Nachtessen bei Wald-arbeitern, Wanderern, Naturfreunden und Picknickern».  Die Wurst wird vorgängig zuerst in Kohlblätter, dann in Metzgerpapier oder Alufolie eingewickelt. Vor der Zubereitung auf dem Grill wickelt man sie dann noch zusätzlich in eine nicht zu dicke, aber gut angefeuchtete Zeitungs-
schicht. Einige Neuenburger sagen spasseshalber, dass man mit Vorteil den ‚Express’ oder den ‚Impartial’ dazu verwendet, je nachdem ob er aus dem Flachland des Neuenburgersees oder aus den Bergen stammt. Der Einfluss auf den Geschmack ist nicht belegt, aber es trifft zu, dass diese beiden Blätter je ein spezifisches Verbreitungsgebiet haben und somit zu einem veritablen Symbol der Herkunft geworden sind. Die derart gegrillte Wurst wird anschliessend zu Brot oder Salat, oft auch zu Kartoffeln oder Hörnchen-Teigwaren gegessen. Ein Glas Pinot Noir aus Neuenburg darf natürlich nicht fehlen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Jahresproduktion wird auf 145 Tonnen geschätzt. Die Neuenburger Wurst und Bratwurst findet man in fast allen Metzgereien im ganzen Kanton sowie in den Einkaufszentren des Kantons. Ausserhalb des Kantons findet man sie nur selten.

... anderes

Die Neuenburger Wurst und Bratwurst weist grosse Ähnlichkeiten mit der Morteau-Bratwurst auf, welche in einem geraden Darm daherkommt und eine ähnliche Grösse aufweist wie die Neuenburger Wurst, aber dennoch Bratwurst und nicht Wurst genannt wird. Die Ähnlichkeiten mit der Waadtländer und Freiburger Wurst sind ebenso gross, obwohl diese mit Schweinedarm hergestellt werden.

Literatur

  • Francis Grandjean,   Recettes du terroir neuchâtelois: De nos arrière-grand-mères au nouveau millénaire,   H. Meseiller SA,   Neuchâtel,   2002.  
  • Hubert J. Gross,   Trois lacs-Un Terroir: A table au pays de l’Expo.02,   Fragnières S.A.,   Fribourg,   2002.  
  • Folklore suisse, fas. 4 1954,   1954.  
  • Mme Deruz <BR />Combe, T.,   La cuisine de Rose-Marie,   Attinger Frères,   Neuchâtel,   1895.  
  • © Association Suisse des AOP-IGP,   Photo Saucisson neuchâtelois IGP.  
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Produktionsepizentrum

Kanton Neuenburg

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