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Türkenhonig

Türkischer Honig, Türggehonig, Tirgehonig (BS), Chilbichäs; türkischer Zucker (früher); in Ost- und Südosteuropa als Halva oder Chalwa bekannt.

Türkenhonig

In Kürze

Türkenhonig ist eine leicht klebrige, harte Süssware, die aus Zucker, Glukose, Wasser und Eischnee besteht. Honig kann, muss aber nicht enthalten sein. Oftmals sind geröstete Haselnussstücke unter die weisse Zuckermasse gemischt, die aber auch mit Farbstoff eingefärbt sein können.

Türkenhonig wird in der Schweiz, aber auch in Deutschland traditionell an Jahrmärkten und Messen im Herbst angeboten. Die Süssware ist als grosser Block, oftmals weiss-rosa gestreift, in den Auslagen der Marktstände zu entdecken.

Dem Türkenhonig sehr ähnlich ist der so genannte weisse Nougat. Dieser enthält allerdings einen höheren Glukoseanteil und ist etwas weicher. Weisser Nougat ist bereits in Tranchen geschnitten und im Gegensatz zum Türkenhonig nicht eingefärbt. Oft wird Türkenhonig mit „Lokum“ verwechselt, einem türkischen Geleewürfel in verschiedenen Farben und Geschmacksvariationen.

Der Name Türkenhonig bezieht sich auf die Türkei, wo schon im 17. Jahrhundert erste Herstellungsversuche von Süssigkeiten mit Maisstärke und Honig, Früchtesirup sowie Trockenfrüchten und Nüssen mit Erfolg getätigt wurden. Damals war Honig und nicht der teure Zucker das traditionelle Süssungsmittel. Der Name wurde schliesslich beibehalten, obschon Türkenhonig heute oftmals keinen Honig mehr enthält.

Beschreibung

Türkenhonig besteht aus einer Zuckermasse, die mit Eischnee und Haselnüssen vermischt ist. Honig enthält er nicht. Er ist – je nach Temperatur leicht bis stark klebrig.

Zutaten

Zucker, Glukosesirup, Wasser, pasteurisiertes Eiweiss, geröstete, zerhackte Haselnüsse.

Geschichte

Die älteste Schweizer Angabe über einen „türkischen Zucker“, der vermutlich dem Türkenhonig entspricht, entstammt der mündlichen Überlieferung einer im Jahre 1875 geborenen Arbeiterin aus dem Appenzellerland, die in der Zeitschrift „Schweizer Volkskunde“ portraitiert wird. Sie erinnert sich an die Jahrmärkte ihrer Kindheit: „Der Jahrmarkt war auch ein Fest, schon wegen der Reitschule, dem Panorama; (…) dann das Magenbrot, der türkische Zucker, aber leider langte das Geld nicht für alle Herrlichkeiten.“

Bis ins 20. Jahrhundert hinein schien der Türkenhonig aber wenig bekannt gewesen zu sein. In zwei der wichtigsten Referenzwerke zu Schweizer Nahrungsmittelprodukten vor dem Zweiten Weltkrieg fehlen jedenfalls Angaben zum Türkenhonig. Weder im zweiten Band des Idiotikons aus dem Jahre 1885, in dem der Begriff Honig behandelt wird, noch im Atlas der schweizerischen Volkskunde, der sich auf eine nationale, volkskundliche Umfrage aus den 1930er-Jahren bezieht, ist er zu finden.

Im Jahre 1961 wird der „türkische Honig“ dann im nationalen Bäckerei- und Konditorei-Fachblatt vorgestellt, mit der Absicht, ihn für die Bäcker- und Konditoren-Zunft anzupreisen. „Auf allen Jahrmärkten ist er anzutreffen! Als grosser, rechteckiger, oft mehrfarbiger Block, von dem (…) Portionen abgeschabt und in einem Papier dem Kunden dargereicht werden.“ Der Autor des Artikels äussert die Vermutung, dass der türkische Honig in dieser Form im Bäckerei-Konditoreiladen nicht verkäuflich sei, wohl aber in Tranchen geschnitten. Er sollte sich täuschen. Türkenhonig ist noch immer ein traditionelles Chilbi-Produkt, während er in Bäckerei-Konditoreiladen nicht erhältlich ist.

Produktion

Türkenhonig besteht zu etwa 80 Prozent aus Zucker. Der wird mit Wasser und Glukosesirup in einem Kessel auf 140 Grad erhitzt, wodurch eine bernsteinfarbene, zähflüssige Masse entsteht. „Erhitzt man die Masse zehn Grad höher, setzt die Karamellisierung des Zuckers ein“, erklärt der besuchte Produzent, „es kommt zu einer Verfärbung und dem typischen Karamellgeschmack, was wir nicht wollen.“ Der Zusatz von Wasser und Glukosesirup erleichtert die Auflösung des Zuckers und verhindert vor allem die Rückkristallisierung nach dem Erhitzen. Der Produzent: „Der Türkenhonig wäre sonst bald steinhart und ungeniessbar.“

Sobald die Masse etwas abgekühlt ist, aber noch immer flüssig, mischt man Eischnee unter die Masse. Der wird aus pasteurisiertem Eiweiss gewonnen, das mit Wasser zu Schnee aufgeschlagen wird. Die Abkühlung ist nötig, weil das Eiweiss sonst verbrennen würde. Der Eischnee ist einerseits zentral als Bindemittel, sorgt auf der anderen Seite für die weisse Farbe des Türkenhonigs. Als Faustregel gilt: Je höher der Eiweiss-Anteil ist, desto crèmiger wird der Türkenhonig. „Wir mischen den Eischnee rund eine Stunde lang unter ständigem Rühren in die Zuckermasse“, kommentiert der Produzent den Vorgang. Die Masse bleibt dabei leicht erhitzt und somit dickflüssig. Auch Lebensmittelfarbe, die eine rein optische Auswirkung hat, wird in diesem Stadium beigegeben.

Nach über drei Stunden, wenn die Zuckermasse bereits stark abgekühlt ist, können vorab geröstete und zerhackte Haselnüsse beigemischt werden als aromatische Ergänzung. In Portionen à 30 Kilo packt man den Türkenhonig schliesslich in Plastikkisten, stellt sie in die Kühle und holt sie – zu grossen Blöcken geformt – an den Jahrmärkten raus an die frische Luft.

Konsum

Es ist kein Zufall, dass der Türkenhonig zu den Jahrmärkten und Messen im Herbst dazugehört. Bei kälteren Temperaturen ist ein Türkenhonig-Block schön fest und man kann mit einem schweren Wiegemesser ideal kleinere Portionen à 50, 100 oder 200 Gramm heraushacken und in Pergament-Papier wickeln. Von dort pickt man sich von Hand kleinere Stückchen raus und lässt sie auf der Zunge zergehen. Ist es hingegen zu warm, droht der Türkenhonig fast zu zerfliessen und ist wahnsinnig klebrig. Das aufgeweichte Eiweiss kann die Zuckermasse nicht genügend stabilisieren, der Türkenhonig-Block sackt merklich ein.

Haltbar ist Türkenhonig problemlos ein Jahr, am besten an einem kühlen und trockenen Ort oder im Tiefkühler aufbewahren. Im Kühlschrank hingegen nimmt der Türkenhonig zuviel Feuchtigkeit auf und beginnt zu verlaufen.

Wirtschaftliche Bedeutung

In der Schweiz existiert eine fahrende Confiserie, die Türkenhonig herstellt. Die Produktion beläuft sich auf jährlich 800 Kilogramm, wobei drei Viertel davon im Herbst abgesetzt werden. Einen Grossteil setzt die Confiserie an ihren Marktständen selbst ein, sie verkauft ihren Türkenhonig aber auch an andere interessierte Marktfahrer.

Die wichtigsten Anlässe für den besuchten Produzenten sind die Basler Herbstmesse, das Zürcher Knabenschiessen und die Olma in St. Gallen.

100 Gramm Türkenhonig kosten CHF 6.50.

... anderes

Im Buch „Em Bebbi sy Mäss“ ist dem Türkenhonig ein schwärmerisches Gedicht gewidmet. „Pletzlig gsehsch e Mogge lychte, rot und wyss, e glitschig-fychte, scho fir d Augen e Belohnig: Tirkehonig!“, wird die Süssware unter anderem beschrieben.

Literatur

  • Richemont Fachblatt,   Fachschule Richemont Luzern,   ab 1945.  
  • Schweizer Volkskunde,   Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde,   Basel,   1968.  
  • Jeck, Rolf<BR />Blasius<BR /><BR />Aebersold, Maria<BR />-minu<BR />Probst, Walter,   Em Bebbi sy Mäss,   Schwabe & Co. AG Verlag,   Basel,   1978.  
Süss- und Confiseriewaren Drücken

Produktionsepizentrum

In der Schweiz stellt eine fahrende Confiserie Türkenhonig her und verkauft ihn an Jahrmärkten und Messen. Produziert wird der Türkenhonig in Buchs (ZH).
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