Sprache
Suche

Willisauer Ringli

Willisauer Ringli

In Kürze

Willisauer Ringli sind ringförmige bräunliche Guetzli aus Zucker, Mehl, Honig und Gewürzen. Charakteristisch für das Willisauer Ringli sind die beinharte Konsistenz sowie der typische Zitronen-Honig-Geschmack.

Die Willisauer Ringli dürfen per Recht nur im Luzerner Städtchen Willisau hergestellt werden. Sie sind in der ganzen Schweiz bekannt.

Beschreibung

Willisauer Ringli sind ein fettfreies, sehr zuckerhaltiges Guetzli, das sich durch seine charakteristische Form, seine harte Bissfestigkeit sowie einen typischen Zitronen- und Honiggeschmack auszeichnet.

Zutaten

Ein Sirup bestehend aus viel Zucker, Wasser, sowie Zitronen- und Orangenextrakten macht knapp die Hälfte des Teiges aus. Hinzu kommen Halbweissmehl, Salz und Honig.

Geschichte

Es war die Liebe, die dem Städtchen Willisau ihre berühmten Ringli schenkte.

Heinrich Maurer, im Jahre 1819 im Gebiet des Berner Aargaus geboren, liess sich im Alter von 27 Jahren nach seiner Bäckerlehre und ausgiebiger Wanderschaft im Städtchen Willisau nieder. Er erwarb dort ein Haus an der Hauptgasse und richtete darin eine Bäckerei ein. Ende der 1850er Jahre schloss Maurer seine zweite Ehe mit Martha Peyer, einer Cousine seiner ersten Frau. Es war diese Martha Peyer, die das Rezept für die Ringli von der ihr bekannten Familie Pfyffer vom Schloss Heidegg mit in die Ehe brachte. Verblüffenderweise liegt der Ursprung der Willisauer Ringli also wohl nicht im Städtchen selbst, sondern in der Backstube des Schlosses Heidegg.

Gleichwohl wurde die „Karriere“ des Ringlis, das heute zu den bekanntesten Guetzli der Schweiz zählt, in Willisau lanciert: Als Heinrich Maurer Ende der 1850er Jahre die ersten Willisauer Ringli aus seinem Holzbackofen in der Hauptgasse zauberte und so dem Städtchen zu seinem kulinarischen Wahrzeichen verhalf.

In der Folge wurde versucht, das Rezept streng geheim zu halten. Das stellte sich jedoch als schwierig heraus. Bald begannen andere Bäcker und Privathaushalte in Willisau ihre eigenen Ringli zu fabrizieren. „In Willisau [streiten] die verschiedenen Bäckereien auf ihren Aushängeschildern und auch in Prozessen über die „echten“, „einzig echten“ und „urechten“ Willisauerringli“, heisst es in der gross angelegten, gesamtschweizerischen Untersuchung zum Alltagsleben aus den 1930er und 1940er Jahren, die im „Atlas der schweizerischen Volkskunde“ festgehalten ist. Im Jahre 1937 befasste sich das Amtsgericht Willisau sogar mit einem Fall von Spionage in der Backstube. Ein ehemaliger Bäckergeselle von Heinrich Maurer schrieb das Rezept ab und verkaufte es. Die Klägerin, die noch heute existierende Firma Amrein, welche die Bäckerei von Maurer übernommen hatte, gewann den Prozess und war fortan vertraglich dazu berechtigt, die „einzig echten“ Ringli herzustellen.

Die Kunde von den Willisauer Ringli verbreitete sich bald nach Beginn der Produktion über das Luzerner Hinterland hinaus. Davon zeugt der Eintrag im Kochbuch von Frau Pfarrer Gschwind, das im Jahre 1892 in Kaiseraugst erschienen ist. In den folgenden Jahrzehnten tauchen dann immer mehr Rezepte für den Privathaushalt auf. 

Eine Patenturkunde für die Willisauer Ringli gibt es bis heute nicht, wie das Staatsarchiv Luzern bestätigt, und ein Gutachten, das vor rund achtzig Jahren erstellt wurde, weist explizit darauf hin, dass „die Fabrikation der Willisauer Ringli Allgemeingut ist und deshalb von jedermann durchgeführt werden kann.“ Mit der Zeit fabrizierte man auch ausserhalb von Willisau Ringli; trieb man es jedoch zu bunt mit dem geliebten Gebäck, setzte man sich am Ursprungsort vehement zur Wehr. Als in den 1970er Jahren eine Freiburger Firma Willisauer Ringli mit dem Aufdruck „Echte Willisauer Ringli, Ursprung 1940“ zu produzieren begann, regte sich erneut Widerstand im Städtchen. Die Willisauer Ringli AG (Wirag), damals die grösste Herstellerin der Ringli im Dorf, strengte ein Verbot für die auswärtige Herstellung der Spezialität an und bekam Recht. Seither dürfen die Willisauer Ringli per Gesetz nur noch so deklariert werden, wenn sie auch tatsächlich im Städtchen hergestellt werden.

Produktion

7 Pfund Zucker, 7 kleinere Tassen Wasser, Rinde von zwei Zitronen und einer Orange und etwa 5,5 bis 6 Pfund Mehl, so lauten gemäss Urrezept die Rohstoffe für das Willisauer Ringli. Hinzu kommen Gewürze und ein wenig Honig. In den Anfangsjahren und bis ins 20. Jahrhundert hinein wurde alles von Hand zu einem zähflüssigen Teig verarbeitet, anschliessend zu fingerdicken Würstchen ausgerollt und schliesslich zu Ringli geformt. Eine Arbeit, zu der die ganze Familie aufgeboten wurde. Bevor die Ringli dann im Backofen verschwanden, hielt man das Backblech beim Stadtbrunnen unter den Wasserstrahl, um durch die Feuchtigkeit die Verkrustung des sehr zuckerreichen Teiges zu verhindern. Heute besprüht man die Ringli, mit einer Wasserspritze.

Im „Ursprungshaus“ des Willisauer Ringlis hält man sich dagegen so genau wie möglich an das Ursprungsrezept. Trotzdem sind die Unterschiede in der Herstellung des süssen, fettfreien Gebäcks im Vergleich zu Heinrich Maurers Zeiten augenfällig: Die Teigmasse kneten nicht mehr starke Bäckerhände, sondern die zwei Teigarme einer Knetmaschine. Auch das Formen der Ringli geschieht maschinell, und das seit über siebzig Jahren. Damals wurde in der Bäckerei eine Biskuitmaschine aus Deutschland angeschafft, die noch heute in der Backstube steht. Gleich nach dem Kneten wird der Teig in das Presswerk der „Ringlimaschine“ gelegt, wo ihn zwei Walzen auf eine Schablone pressen und durch eine ringförmige Düse auf das Backblech drücken.

Die Produktion ist viel effizienter geworden, doch noch immer sind drei Personen für die Bedienung der Maschine nötig: jemand muss regelmässig leere, eingefettete Bleche auf das Förderband der Ringlimaschine schieben, die am anderen Ende des Förderbandes, nun mit Ringli gefüllt, wieder weggenommen und in einen Wagen gestellt werden müssen. Die dritte Person füllt das Presswerk fortlaufend mit frischem Teig auf. Eine weitere Änderung betrifft die Rohstoffe selbst; statt Zitronen- und Orangenschalen verwendet der besuchte Produzent heute sehr intensive, ätherische Öle eines Aromaherstellers.  

Schliesslich kommen die Ringli bei 180 Grad in den Ofen, aus dem sie eine halbe Stunde später, hart und mit den typisch weissen Punkten versehen, wieder rauskommen. Anschliessend werden sie eine gute Stunde ausgekühlt, verpackt und fertig ist das süsse Wahrzeichen des Städtchens.

Konsum

Der hohe Zuckeranteil des Ringlis lässt den gebackenen Teig ungemein hart werden. Diese Härte, neben der Ringliform seit jeher das Markenzeichen des Gebäcks, birgt allerdings gewisse Gefahren: „Es ist schon vorgekommen, dass sich Plomben aus dem Gebiss von Kunden lösten, als sie auf das Ringli bissen“, erzählt der besuchte Produzent. „Wir empfehlen darum allen Leuten, die Ringli auf der Zunge zergehen zu lassen.“ Dazu wird das Ringli, das als Dessert oder Zvieri zu Kaffee oder Tee passt, am besten in drei bis vier Stücke zerbrochen.

Am besten geht das so: Auf der Handfläche der einen Hand liegt das Ringli, mit dem Ellbogen des anderen Armes schlägt man es schwungvoll in mehrere Stücke. So entfaltet sich auch der Orangen- und Zitronengeschmack am intensivsten.

Wirtschaftliche Bedeutung

Für den besuchten Betrieb ist das Ringli die Spezialität des Hauses schlechthin und, wie für das ganze Städtchen, ein „Türöffner“, weil gerade auswärtige Leute den Weg in die Confiserie über das Willisauer Ringli finden. Wöchentlich produziert der Betrieb rund 140 Kilogramm Ringli, was einer Stückzahl von rund 14'000 entspricht, die fast ausschliesslich im eigenen Geschäft abgesetzt werden. Obschon das Gebäck das ganze Jahr über hergestellt wird, zieht der Verkauf in der sommerlichen Touristensaison sowie rund um Weihnachten spürbar an.

Neben dem „Ursprungshaus“ stellen im Städtchen weitere Bäckereien und Confiserien ihre Willisauer Ringli her. Insgesamt beläuft sich die gesamte Jahresproduktion auf nahezu 500 Tonnen: Ausgelegt ergibt das eine Strecke von Willisau bis nach Dubai! Den Löwenanteil davon stellt die Firma Hug AG her. Sie vertreiben das harte Guetzli über verschiedene Verkaufskanäle flächendeckend in der ganzen Schweiz. Die Firma, welche die Ringli selbstverständlich in Willisau herstellt, orientiert sich am Originalrezept, das mittlerweile sogar in ihrem Besitz ist.

... anderes

Durch die jahrelange Geheimhaltung des Ursprungsrezepts entstanden mit der Zeit hartnäckige Gerüchte über eine legendäre Herkunft des Ringli-Rezeptes. Dies veranlasste im Jahr 1918 Moritz Amrein, damals noch als Pächter der Bäckerei, eine Sage über das Willisauer Ringli herauszugeben, die ein deutscher Schriftsteller verfasst hatte. Im Zentrum steht dabei die unglückliche, weil vom Vater ausdrücklich verbotene Liebe eines Fürstensohnes zu einer Müllerstochter. Zum obligaten Happy End tragen schliesslich die von einem gütigen Zwerg hergestellten Willisauer Ringli bei, die den strengen Fürsten besänftigten. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann backen sie noch heute und hoffentlich bis in alle Ewigkeit die köstlichen Willisauer Ringli…“ 

Ebenfalls im Reich der Fantasie anzusiedeln, ist die Entstehungsgeschichte, die Susanne Vögeli und Al Imfeld in ihrem 2001 erschienenen Buch „Neu entdeckt. Schweizer Rezepte“ erwähnen: „(Das Willisauerringli) ist steinhart, erinnert sehr an Napfgranit, man kann – oder muss – es stundenlang kauen. Es entstamme der Soldatenzeit des Zweiten Weltkrieges und ist als Halbbruder des Kaugummis zu denken.“

Literatur

  • Atlas der schweizerischen Volkskunde,   Weiss, Richard und Paul Geiger,   Basel,   1950.  
  • Borer, Eva Maria,   Die echte Schweizer Küche,   Mary Hahns Kochbuchverlag,   Berlin,   1963.  
  • Gschwind, Rosina Maria,   550 Rezepte von Frau Pfarrer Gschwind,   Christkatholischer Medienverlag,   Basel,   2005.  
  • Villiger-Strasser, E. (Haushaltungslehrerin),   Neues Schweizerkochbuch für die einfache und feine Küche,   Verlag von Beer & Cie.,   Zürich,   1923.  
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,   Staub, Friedrich et al..  
  • Meyer-Sidler, Eugen,   Die süsse Versuchung. Das Willisauer Ringli und seine wechselvolle Geschichte,   Willisauer Bote,   Willisau,   1997.  
  • Seetaler Brattig (2003),   Comenius Verlag AG,   Luzern,   2003.  
  • Rytz-Dick, L. und Julie Grüter,   Berner Kochbuch,   Druck und Verlag K.J. Wyss,   Bern,   1911.  
  • Vögeli, Susanne und Al Imfeld,   Schweizer Rezepte neu entdeckt,   Werd Verlag,   Zürich,   2001.  
Konditorei- und Backwaren Drücken

Produktionsepizentrum

Willisau im Luzerner Hinterland.

Map